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Der DUH-Artenschutz-Fall des Tages (Teil 5): Novelle des Landschaftsgesetzes in NRW beschneidet bewährte Naturschutz-Standards

Geschrieben am 28-05-2008

Berlin (ots) - Teil 5 der DUH-Serie zum Stand des Naturschutzes in
Deutschland anlässlich der UN-Biodiversitätskonferenz:
CDU/FDP-Regierung in Düsseldorf reduziert mit Novelle des
Landschaftsgesetzes den Schutz von Biotopen und beschränkt
Mitspracherechte von Naturschützern - Klientelpolitik für
Landwirtschaft und Industrie -- DUH fordert von Bundesländern statt
verbaler Bekenntnisse konkrete Mitarbeit beim Schutz der biologischen
Vielfalt

28. Mai 2008: In der Öffentlichkeit präsentiert sich die
CDU/FDP-Koalition in Nordrhein-Westfalen gern als Vorreiterin im
Artenschutz: Im Herbst vergangenen Jahres trat die Regierung unter
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) der Artenschutzerklärung der
International Union für the Conservation of Nature and Natural
Resources bei. Vor drei Wochen bekräftigte Umweltminister Eckhard
Uhlenberg (CDU) auf der Sonder-Umweltministerkonferenz (UMK) der
Länder "nachdrücklich" den Willen seines Landes zum Schutz der
biologischen Vielfalt. Der Rückgang der biologischen Vielfalt müsse
"so schnell wie möglich aufgehalten werden", heißt es in der
Erklärung der Umweltminister aus Bund und Ländern. Und weiter: Unsere
Generation habe "die ethische Verpflichtung dafür Sorge zu tragen,
dass das globale Potenzial unseren Nachkommen möglichst nachhaltig
und leistungsfähig weitergegeben werden kann. Diese Verpflichtung
erfordert weltweit ein Umdenken und schnelle Entscheidungen."

Was die Landesregierung NRW in diesem Zusammenhang unter Umdenken
versteht, hat sie im vergangenen Jahr mit der Novelle des
Landschaftsgesetzes unter Beweis gestellt. Mit der im Sommer 2007 in
Kraft getretenen Neuregelung schränkt Düsseldorf den Biotopschutz
deutlich ein und beschneidet noch dazu das Mitsprache- und Klagerecht
der Naturschutzverbände, so dass Angriffe konkurrierender Interessen
auf Flora, Fauna und Landschaft deutlich einfacher werden. Das zeigt
sich zum Beispiel an einer per Verordnung und Erlass erleichterten
Jagd auf geschützte Kormorane. Sie sind sowohl nach dem
Bundesnaturschutzgesetz als auch nach der EU-Vogelschutzrichtlinie
besonders geschützt. Allein im Winter 2006/2007 haben Jäger 2.362
Kormorane in Nordrhein-Westfalen abgeschossen (Quelle:
Landesnaturschutzverwaltung NRW). Das war der Landesregierung
offenbar nicht genug, daher hat sie für den Winter 2008 zusätzlich
zur Verordnung noch einen Kormoran-Erlass (Dezember 2007)
herausgegeben. Danach dürfen die Vögel nun auch in
Naturschutzgebieten und während der Schonzeiten geschossen werden. In
der Jagdsaison 2007/2008 ließen daher wieder mindestens 2.300
ausgewachsene Kormorane in Nordrhein-Westfalen ihr Leben, wobei die
infolge des Todes der Altvögel zerstörten Bruten mit abgestorbenen
Eiern und erfrorenen Jungtieren noch nicht eingerechnet sind.
Nordrhein-Westfalen wähnt sich mit Verordnung und Erlass auf der
rechtlich sicheren Seite, obwohl nach dem Artenschutzgesetz und der
EU-Vogelschutzrichtlinie Kormorane nicht als jagdbare Arten gelistet
sind und daher ausdrücklich nicht dem Jagdrecht unterliegen.

"Die Landesregierung legt international gültige Artenschutzgesetze
nach Gutsherrenart aus und spielt sich gleichzeitig in Sonntagsreden
als Naturschützer auf", sagte Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer der
Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH). Er forderte die Düsseldorfer
Landesregierung auf, die in ihrem Bundesland tagende Weltkonferenz
zur Biodiversität zum Anlass zu nehmen, den von dort ausgehenden
Impuls für den Schutz der biologischen Vielfalt auch im Landesrecht
anzuerkennen und umzusetzen. Baake: "Die Schwächung des
Landschaftsschutzes in NRW muss zurückgenommen werden".

Weiterhin hat das Land NRW auch die so genannte Eingriffsregelung
eingeschränkt. Eingriffe in die Natur durch Land- oder Bauwirtschaft
sollen demnach prinzipiell nach Abwägung der Nachteile für den
Naturhaushalt durch entsprechend geschützte Flächen ausgeglichen
werden. NRW jedoch will den Bodenverbrauch durch Agrarindustrie und
Massentierhaltung erleichtern und fördert den weiteren Straßenbau und
damit die Zerschneidung der Landschaft. So hat das Land eine
"Negativliste" erstellt und mit der letzten Novelle erweitert, in der
bestimmte Kategorien von Flächenverbräuchen ausdrücklich nicht als
Eingriff in die Natur gewertet werden. Die land-, forst- und
fischereiwirtschaftliche Nutzung stellt demnach keinen Eingriff in
die Natur dar, ebenso wenig wie das Verlegen von Leitungen oder
Lärmschutzwällen entlang von Straßen und Wegen oder die Beseitigung
von Biotopen auf Brachflächen. Doch gerade auf Brachen, wie z. B. auf
stillgelegten Betriebsgeländen oder an alten Bahntrassen leben eine
Vielzahl von Tieren und Pflanzen. Insbesondere die Brachen entlang
Bahntrassen sind für den Verbund von Biotopen und als "grünes Band"
für die Verbreitung von Tieren und Pflanzen von hohem Wert. Diese von
der Natur zurückeroberten Gebiete können laut dem neuen
Landschaftsgesetz nun rascher wieder bebaut werden, wenn sie schon
einmal dem Menschen für Verkehr und Wirtschaft gedient haben.

"Wir leben schon heute in einem der zersiedeltsten Länder
Europas, der Flächenverbrauch schreitet mit 115 Hektar täglich weiter
voran, obwohl sich Deutschland verpflichtet hat, die Neuversiegelung
bis 2020 auf täglich 30 Hektar zu reduzieren", kritisierte Baake.
"Wir können nicht Indonesien den Verzicht auf Rodung des Regenwaldes
predigen und hierzulande die Landschaft mit weiterem Straßenbau
zerstören."
___________________________________________________________________
Die DUH-Serie zum Schutz der biologischen Vielfalt in Deutschland
In Bonn präsentieren sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und
Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) auf der UN-Artenschutzkonferenz
als Kämpfer für die weltweite Biodiversität. Die Deutsche Umwelthilfe
begrüßt ausdrücklich das Engagement der Bundesregierung für den
weltweiten Arten- und Naturschutz, ist aber besorgt über die
mangelnde Umsetzung von Zielen zum Schutz der Biodiversität in
Deutschland. Bislang schaffen Bund und Länder es nicht, dem Natur-
und Artenschutz innerhalb Deutschlands zu seinem Recht zu verhelfen.
So liegt Deutschland innerhalb der Europäischen Union im letzten
Drittel bei der Ausweisung von Schutzgebieten nach der
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH), die einen Mindeststandard für
den Schutz bedrohter Tiere und Pflanzen bildet. Deutschland hat aber
nicht nur extrem wenig Gebiete unter den FFH-Schutz gestellt, der
Zustand der Gebiete "befindet sich in einem ungünstigen
Erhaltungszustand", wie das Bundesamt für Naturschutz im Januar 2008
festgestellt hat.

Für die Ausweisung und Pflege der FFH-Gebiete sind ebenso wie für
den Naturschutz die Bundesländer zuständig. Dort hat die
Biodiversität oftmals keinen hohen Stellenwert: Niedersachsens
FDP-Umweltminister Sander greift im Biosphärenreservat Elbe
eigenhändig zur Kettensäge, Baden-Württemberg genehmigt die Tötung
der international geschützten Kormoranbrut am Bodensee, Bayern
schießt den einzigen Braunbären im deutschen Alpenraum ab.

Die DUH unterstützt nachdrücklich die nationale
Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung. Dieses im
Bundeskabinett verabschiedete Programm für die biologische Vielfalt
in Deutschland ist jedoch nichts wert, solange die Strategie nicht
praktisch umgesetzt wird. Die DUH ist in großer Sorge um heimische
Tiere, Pflanzen und ihre Lebensräume. Um der auch hierzulande
bedrohten Natur eine Stimme zu geben, veröffentlicht die DUH während
der UN-Biodiversitätskonferenz regelmäßig einen Artenschutz-Fall des
Tages aus Deutschland. Quer durch die Republik haben wir zwischen
Nordsee und Alpen, Müritz und Bodensee Beispiele für die Zerstörung
unserer Natur zusammengetragen.

Bisher erschienen: Sachsen-Anhalt schrumpft das Biosphärenreservat
Flusslandschaft Elbe; Baden-Württemberg genehmigt rechtswidrig Tötung
von geschützten Kormoranen im Naturschutzgebiet; Niedersachsens
Umweltminister Sander sägt eigenhändig Bäume in der geschützten
Elbtalaue und löst EU-Vertragsverletzungsverfahren aus; Hessen
verwässert EU-Naturschutzrecht und schafft Landschaftsschutzgebiete
ab.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Für Rückfragen:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-15, Mobil: 0151
55016943, baake@duh.de

Ulrike Fokken , Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-22,
Mobil:0151 55017009, fokken@duh.de


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