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Drohen jetzt auch Engpässe am internationalen Kraftwerkskohlenmarkt?

Geschrieben am 23-05-2006

Essen (ots) - In der Debatte über die Zukunft der Steinkohle wurde
in den letzten Jahren behauptet, dass die hiesigen
Steinkohlenkraftwerke in Zukunft problemlos auch mit billigerer
Importkohle befeuert werden könnten. Solche Ansichten werden zuweilen
ungeprüft übernommen. So begründen Vertreter der Regierungskoalition
in NRW und "Experten" des Wirtschaftsforschungsinstituts RWI ihre
Forderung nach einem mittelfristigen Auslaufbergbau mit dieser These.
Haltbare Belege liefern sie jedoch nicht. Dass in der Vergangenheit
der rückläufige Versorgungsbeitrag deutscher Steinkohle relativ
störungsfrei durch Importkohle und andere Importenergien ersetzt
werden konnte, bedeutet keinesfalls, dass dies auch in Zukunft und
bei 100%-iger Importabhängigkeit gilt. Tatsächlich drohen (auch) am
internationalen Kraftwerkskohlenmarkt in den nächsten Jahren
erhebliche Engpässe, wie eine fundierte aktuelle Prognose in der
jüngsten Ausgabe der Zeitschrift für Energiewirtschaft (ZfE) zeigt.
Ein Mix aus Importkohle und heimischer Steinkohle blei bt deshalb im
Steinkohlensektor unerlässlich.

Die politischen und ökonomischen Risiken insbesondere von
Erdgasimporten, die in Deutschland schon über 80% der
Erdgasversorgung ausmachen - davon gut 40% allein aus Russland -,
werden gegenwärtig breit diskutiert, weil hier in jüngster Zeit
massive Preissteigerungen wie auch Lieferstörungen aufgetreten sind.
Die kaum verhohlenen Drohungen des russischen
Erdgasexportmonopolisten Gasprom gegenüber der EU haben ein Übriges
getan.

Bei den Kohlenimporten werden solche Risiken bisher kaum
wahrgenommen, geschweige denn diskutiert, weil die Kohleversorgung
unter Einschluss der noch beträchtlichen heimischen Förderung bisher
gut funktioniert hat. Kurzfristige Lieferstörungen, wie es sie auch
bei der Importkohle gelegentlich gab, konnten durch das "Backing" mit
heimischer Steinkohle stets ausgeglichen werden. Die
Kraftwerkskohlenverbraucher in Deutschland haben durch die
Möglichkeit, ihren Grundbedarf durch heimische Steinkohle zu decken
und Importkohle vom Spotmarkt zu kaufen, sogar eine besonders
günstige Position. Aber auch die internationalen Kohlemärkte sind
nicht frei von politischen und ökonomischen Risiken, die sich um so
stärker auswirken können, je größer die Importabhängigkeit ist. (Bei
der Steinkohle liegt sie in Deutschland derzeit bei gut 60%.) Die
geopolitischen Risiken bei der Kohle sind allerdings eher latenter
und längerfristiger Natur. So sind wichtige Kohleexportländer wie
Kolumbien, Indonesien oder Südafrika keineswegs Musterbeispiele für
politische Stabilität. Russland mit seiner zunehmend als
"Energieimperialismus" bezeichneten Energieexportpolitik gewinnt wie
bei Erdgas und Erdöl auch bei der Kohleversorgung Europas (und
speziell Deutschlands) immer mehr an Gewicht. Drei Viertel der
Kraftwerkskohlenimporte in die EU stammen ohnehin nur aus den
vorgenannten vier Exportländern.

Deshalb wird das Thema eindeutig verfehlt, wenn von einigen
"Experten" Australien als Exporteur hervorgehoben wird. Australien
ist zwar das größte Kohleexportland der Welt (u.a. mit zwei Drittel
der weltweiten Kokskohlenexporte ), doch es beliefert vorwiegend den
pazifischen Markt. Weniger als 10% der deutschen Steinkohlenimporte
kommen von dort. Australien gehört auch nicht zu den Ländern mit den
größten Kohlereserven. Diese sind entgegen landläufigen Darstellungen
geografisch hochkonzentriert: Insgesamt entfallen über zwei Drittel
der weltweiten Kohlereserven ebenfalls auf nur vier Länder, nämlich
die Super- und Großmächte USA, China, Indien und Russland.

Internationale politische Krisen, Konflikte oder gar Kriege würden
jedenfalls auch den internationalen Kohlehandel nicht verschonen,
zumal dieser in den meisten Exportländern staatlichem Einfluss
unterliegt. Daneben gibt es ökonomische Risiken, die inzwischen
offener zutage getreten sind. Im Kokskohlensektor gab es in den
Vorjahren bereits Verknappungen und Preisexplosionen, durch die auch
Kokskohle und Koks aus deutscher Produktion vorübergehend wieder in
den Bereich der Wettbewerbsfähigkeit gerückt ist. Zwar hat sich die
Lage auf den internationalen Kokskohlenmärkten gegenwärtig wieder
etwas entspannt, auch wenn Europas Abhängigkeit von nur wenigen
Kokskohlenlieferanten bestehen bleibt. Doch jetzt zeichnen sich
Engpässe auf den umfänglicheren internationalen
Kraftwerkskohlenmärkten ab.

Dies ist neben anderen internationalen Publikationen dem Bericht
Angebot und Nachfrage am Steinkohleweltmarkt 2006 zu entnehmen, der
in der jüngsten Ausgabe der ZfE enthalten ist. Der angesprochene
Beitrag führt eine seit Jahren etablierte, in Fachkreisen
wohlbekannte und national und international hoch geschätzte Berichts-
und Prognosereihe fort, die auf einer umfassenden Datenbank der
mengenmäßigen Entwicklungen an den internationalen Kohlemärkten
beruht. Diese Analyse ist im Frühjahr 2006 zu sehr bedenklichen
Schlussfolgerungen gekommen: Auf den internationalen
Kraftwerkskohlenmärkten werde in den nächsten Jahren "das Angebot mit
der steigenden Nachfrage kaum Schritt halten können. Es wird aus
heutiger Sicht zu einer neuerlichen Angebotsverknappung mit
einhergehenden Preissteigerungen kommen." Diese besorgniserregende
Einschätzung beruht auf folgenden wesentlichen Befunden: Die
Exportsteinkohlegruben arbeiten weltweit seit Jahren mit hoher
Auslastung. Eine leichte Entspanunng im Vorjahr dürfte "nur von
kurzer Dauer sein", weil das nach gegenwärtigem Stand der
Investitionen in neue Gruben und Kapazitätserweiterungen nur
verhalten wachsende Angebot durch die trendmäßig wesentlich schneller
steigende Nachfrage in den nächsten Jahren verstärkt ausgelastet und
"bereits in 2008 vollständig aufgezehrt werden" wird. "Die
Angebotskapazitäten werden demnach in 2008 zu 100% ausgelastet sein
und die bequeme Lücke zwischen Angebot und Nachfrage der
zurückliegenden Jahre würde sich in Nichts auflösen."

Absehbar sei daher auf den internationalen Kraftwerkskohlenmärkten
eine "prekäre Lage", die einen erneuten Anstieg der Weltmarktpreise
nach sich ziehen dürfte und voraussichtlich auch Engpässe im
internationalen Handel hervorruft. "Aus heutiger Sicht kann der Markt
die spannungsfreie Versorgung des zukünftigen Marktes nicht
gewährleisten".

Diese Entwicklung muss nicht zwangsläufig eintreten, sofern die
Exportproduzenten unverzüglich Investitionsentscheidungen zum Ausbau
ihrer Kapazitäten treffen oder die globale Kohlenachfrage demnächst
einbricht. Doch zeichnet sich bisher weder das eine noch das andere
ab. Fakt ist auch: Die Kohlenachfrage am Weltmarkt ist in den letzten
25 Jahren im Durchschnitt sogar erheblich stärker gestiegen als
jeweils erwartet. Es wird in jedem Fall deutlich, dass künftig
erhebliche Versorgungsrisiken bei Kraftwerkskohlenimporten bestehen.
Deswegen haben sich nach den vorliegenden Erkenntnissen "die
Ausichten auf einen ausgewogenen Verlauf des Kesselkohlenhandels
weiter verschlechtert."

Nicht thematisiert, aber sicherlich nicht übersehen worden ist bei
dieser Aussage, dass beispielsweise ein neuer Kohleboom in den USA -
für den es einige Anzeichen gibt - einen ähnlichen Staubsaugereffekt
auf die internationalen Kraftwerkskohlenmärkte ausüben wird wie das
der Nachfragesog aus China in den letzten Jahren bei Kokskohle und
Koks bewirkt hat. Und weder in China noch in Indien ist die
sogenannte "zweite industrielle Revolution" schon beendet - sie steht
dort erst am Anfang. China wird nach Einschätzung etwa von Peter
Coates, dem Vorstandschef des großen internationalen
Kohleunternehmens Xstrata, langfristig trotz der großen eigenen
Vorräte der bedeutendste Importeur auch von Kraftwerkskohlen (mit
einem potenziellen Importbedarf von bis zu 250 Mio. t/Jahr).
Ähnliches gilt für Indien, das ebenfalls zusätzlich importieren wird.

Das Fazit ist eindeutig: Für die Versorgungssicherheit nicht nur
der deutschen Steinkohlenkraftwerke ist eine vorsorgende Kohlepolitik
weiter nötig. Dafür bleibt ein solider Sockel heimischer Steinkohle
im Mix mit der Importkohle zwingend erforderlich.


Originaltext: GVST GV d. deut. Steinkohlebergbaus
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=54802
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_54802.rss2

Pressekontakt:
Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus
Andreas-Peter Sitte
Rellinghauser Str. 1
45128 Essen
Tel.: 0201/177-4320
Fax: 0201/177-4271
E-Mail: andreas-peter.sitte@gvst.de


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