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Wirtschaftskriminalität: Kontrollen und Prävention in Handel und Konsumgüterindustrie noch Mangelware

Geschrieben am 27-05-2008

Frankfurt am Main (ots) -

PwC-Studie: Sechs von zehn Unternehmen in Handel und
Konsumgüterindustrie werden Opfer von Wirtschaftskriminalität /
Gesamtschaden beläuft sich auf 1,35 Milliarden Euro pro Jahr /
Wirtschaftsstraftaten in drei von vier Unternehmen durch
"Kommissar Zufall" entdeckt / Größte externe Risiken drohen durch
Kunden und Geschäftspartner

Handelsunternehmen und Konsumgüterhersteller werden in Deutschland
besonders häufig Opfer von Wirtschaftskriminalität. Rund 56 Prozent
der Unternehmen dieser Branche erlitten von Frühjahr 2005 bis 2007
Schäden durch Betrug, Unterschlagung, Produktpiraterie, Korruption
und andere Delikte, branchenübergreifend waren es 49 Prozent.
Deutsche Händler und Konsumgüterhersteller sind mit durchschnittlich
zwölf Einzeldelikten je Unternehmen doppelt so häufig betroffen wie
ausländische Wettbewerber. Allein die aufgedeckten Straftaten
verursachten in der deutschen Handels- und Konsumgüterbranche pro
Jahr einen Schaden von rund 1,35 Milliarden Euro, der Gesamtschaden
je Unternehmen betrug durchschnittlich über eine Million Euro. Zu
diesen Ergebnissen kommt die Studie "Wirtschaftskriminalität 2008 in
Handel und Konsumgüterindustrie - Deutsche Unternehmen unterschätzen
Risiken" der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft
PricewaterhouseCoopers (PwC) und der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg.

"Diese Summen dürften jedoch nur einen Teil der Verluste durch
Wirtschaftskriminalität erfassen. Systematische Kontrollmechanismen
gibt es bei deutschen Handelsunternehmen und Konsumgüterherstellern
deutlich seltener als bei ausländischen Wettbewerbern und auch
inländischen Unternehmen anderer Branchen", erläutert Gerd
Bovensiepen, Partner bei PwC und Leiter des Competence Centers Retail
& Consumer.

So wurden Wirtschaftsstraftaten in drei von vier der befragten
Unternehmen eher zufällig entdeckt, beispielsweise durch Hinweise von
Mitarbeitern oder Geschäftspartnern. Demgegenüber fielen Straftaten
nur bei 7 Prozent der Geschädigten durch Kontrollen der internen
Revision auf. "Dieser Wert ist im Vergleich zu anderen Branchen
außergewöhnlich niedrig. Im Durchschnitt werden in Deutschland
Wirtschaftsstraftaten bei 15 Prozent der Unternehmen von der internen
Revision aufgedeckt", kommentiert Steffen Salvenmoser, Partner bei
PwC im Bereich Forensic Accounting Services und ehemaliger
Staatsanwalt.

Für die Studie wurden im Rahmen des "Global Economic Crime Survey
2007" weltweit 5.428 Unternehmen befragt, darunter 371 Unternehmen
aus der Handels- und Konsumgüterbranche, 89 davon aus Deutschland.
Die Erhebung umfasst alle entdeckten Straftaten zwischen dem Frühjahr
2005 und 2007 und ist damit umfassender als die Kriminalstatistik,
die nur die zur Anzeige gebrachten Delikte berücksichtigen kann. Mehr
als die Hälfte (55 Prozent) der befragten deutschen Händler und
Konsumgüterhersteller beschäftigten weniger als 200 Mitarbeiter, 35
Prozent weniger als 1.000.

Häufigste Delikte: Betrug und Unterschlagung

Betrug und Unterschlagung sind die häufigsten Straftaten in der
Handels- und Konsumgüterbranche. Fast jedes zweite Unternehmen (45
Prozent) war von diesen Delikten mehrmals betroffen. Dennoch glaubt
nicht einmal jeder fünfte Befragte (17 Prozent), in den kommenden
zwei Jahren Betrugs- oder Unterschlagungsopfer zu werden.

"Der Widerspruch zwischen schwach ausgeprägter Risikowahrnehmung
und tatsächlich bestehendem Kriminalitätsrisiko deutet darauf hin,
dass es eine hohe Zahl unentdeckter Betrugs- und Unterschlagungsfälle
gibt. Er erklärt auch, warum die meisten Unternehmen verstärkte
Präventionsmaßnahmen nicht für notwendig halten", erläutert
Salvenmoser.

So will knapp jedes dritte Unternehmen der Branche keine neuen
Schutzvorkehrungen gegen Betrug und Unterschlagung treffen. Die
befragten Handels- und Konsumgüterunternehmen agieren damit deutlich
sorgloser als ihre Wettbewerber im Ausland. So halten in Westeuropa
nur 25 Prozent der Unternehmen ihre Abwehrmaßnahmen für ausreichend,
in Nordamerika sogar nur 11 Prozent.

Produktpiraterie und Industriespionage treffen jeden vierten
Hersteller

Produktpiraterie und Industriespionage treffen deutsche Handels-
und Konsumgüterunternehmen im internationalen Vergleich
überdurchschnittlich häufig. Gut jedes vierte Unternehmen (27
Prozent) deckte von Frühjahr 2005 bis 2007 mindestens ein Delikt
dieser Art auf, in Westeuropa taten dies lediglich 17 Prozent und
weltweit 18 Prozent der Branchenunternehmen.

Auch diese Straftaten werden in Deutschland unterschätzt: Nur 14
Prozent der befragten Unternehmen halten es für wahrscheinlich, in
den nächsten zwei Jahren durch Produktpiraterie oder
Industriespionage geschädigt zu werden. Entsprechend halten fast 60
Prozent ihre bestehenden Abwehrmaßnahmen in Deutschland für
ausreichend. Die Risiken im Auslandsgeschäft werden zwar
realistischer eingeschätzt, allerdings denkt auch jenseits der
Landesgrenzen jedes dritte deutsche Unternehmen nicht an neue
Kontroll- und Schutzmechanismen.

Der geringe Stellenwert, den die Befragten der Abwehr von
Produktpiraterie und Industriespionage einräumen, hängt
möglicherweise auch mit den auf den ersten Blick niedrigen
Schadenssummen zusammen. So beziffern die Unternehmen den
durchschnittlichen Verlust auf 232.000 Euro, in gut jedem zehnten
Fall lag die Schadensumme jedoch zwischen einer und zehn Millionen
Euro. "Ein einziger Schadensfall kann die Existenz der
branchentypischen Mittelständler bereits gefährden. Zudem wird leicht
übersehen, dass mit diesen Delikten mittelbare Schäden für die Marke
und andere Werte des Unternehmens entstehen", erläutert Bovensiepen.
Über 90 Prozent der von Produktpiraterie oder Industriespionage
betroffenen Unternehmen berichteten über indirekte Folgeschäden, bei
14 Prozent waren diese gravierend.

Mangelhafte Korruptionsbekämpfung

Etwa jedes zwölfte Unternehmen (8 Prozent) der deutschen Handels-
und Konsumgüterbranche deckte in den vergangenen zwei Jahren einen
oder mehrere Korruptionsfälle auf. Damit ist Korruption zumindest auf
den ersten Blick ein weniger bedeutsames Delikt in Deutschland -
weltweit meldeten 14 Prozent der Händler und Konsumgüterhersteller
Korruptionsfälle. Alarmierend ist jedoch, dass 17 Prozent der
Befragten in einer Situation waren, in der nach ihrer Einschätzung
die Zahlung von Bestechungsgeld erwartet wurde. Branchenübergreifend
bestätigten dies in Deutschland lediglich 13 Prozent der Unternehmen,
in der Handels- und Konsumgüterbranche in Nordamerika 8 Prozent und
in Westeuropa 7 Prozent der Befragten.

"Umso unverständlicher ist es, dass es in Deutschland bislang kaum
systematische Vorkehrungen gegen Korruption in Handels- und
Konsumgüterunternehmen gibt", kommentiert Salvenmoser. Gerade einmal
sechs Prozent der befragten Branchenunternehmen verfügen über ein
Anti-Korruptionsprogramm, in Westeuropa trifft dies hingegen auf 22
Prozent und weltweit auf 26 Prozent der Wettbewerber zu.

Täter sind selten unbekannt

Ebenso wie in anderen Branchen stammen die meisten Täter in der
Handels- und Konsumgüterbranche aus den geschädigten Unternehmen
selbst. Bei knapp vier von zehn Befragten wurden die entdeckten
Delikte von Mitarbeitern begangen, bei weiteren 10 Prozent waren
Beschäftigte maßgeblich an Straftaten beteiligt. Überdurchschnittlich
hoch ist dagegen der Anteil der Unternehmen, die durch Kunden,
Lieferanten und andere Geschäftspartner geschädigt wurden. Externe,
mit dem Unternehmen vertraute Täter schädigten 43 Prozent der
Branchenunternehmen, aber nur 27 Prozent aller Befragten in
Deutschland.

"Die Sicherheitsvorkehrungen der Handels- und
Konsumgüterunternehmen werden dem besonderen Täterkreis kaum gerecht.
Vor allem bei der Prävention gibt es Nachholbedarf", betont
Salvenmoser. So haben nur 18 Prozent der Branchenunternehmen in
Deutschland ein Compliance-Programm zur Regelüberwachung und
-durchsetzung, branchenübergreifend haben in Deutschland hingegen 37
Prozent der Unternehmen ein entsprechendes Regelwerk. Eine Hotline
für Hinweise auf Straftaten haben nur 11 Prozent der Handels- und
Konsumgüterunternehmen (alle Unternehmen in Deutschland: 22 Prozent),
über ein systematisches Risikomanagement verfügen nur 31 Prozent
(alle Unternehmen in Deutschland: 45 Prozent) der Befragten.

Die Studie "Wirtschaftskriminalität 2008 in Handel und
Konsumgüterindustrie - Deutsche Unternehmen unterschätzen Risiken"
können Sie hier kostenlos herunterladen:
www.pwc.de/de/wikri-handel-konsum

Redaktionshinweis:

Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist
in Deutschland mit 8.390 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von
rund 1,35 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und
Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für
nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet
Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und
prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie
in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung
(Advisory).

Originaltext: PwC PriceWaterhouseCoopers
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/8664
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_8664.rss2

Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Sandra Otte
PricewaterhouseCoopers AG WPG
Corporate Communications / Presse
Tel.: (069) 95 85 - 15 64
E-Mail: sandra.otte@de.pwc.com


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