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Der DUH-Artenschutz-Fall des Tages (Teil 4): Hessen sägt am EU-Naturschutzrecht und schafft zu Hause schon mal Schutzgebiete ab

Geschrieben am 26-05-2008

Berlin (ots) - Teil 4 der DUH-Serie zu den Versäumnissen des
Naturschutzes in Deutschland anlässlich der
UN-Biodiversitätskonferenz: Hessen will über den Bundesrat die
EU-Richtlinien für Vogel- und Naturschutz zusammenlegen - Erreichte
Standards sollen abgeschwächt und Eingriffe in den Naturhaushalt
erleichtert werden - Regierung Koch hat in Hessen bereits die
Landschaftsschutzgebiete abgeschafft - DUH fordert den Bundesrat auf,
bewährte EU-Naturschutzgrundsätze beizubehalten und Deutschland nicht
ins europäische Abseits zu stellen

Berlin, 26. Mai 2008: Um Worte ist Hessens derzeit
geschäftsführender Ministerpräsident Roland Koch (CDU) nicht verlegen
und so macht es ihm auch nichts aus, dass seine Unterschrift zwar
unter der internationalen Vereinbarung "Countdown 2010" zum Erhalt
der Artenvielfalt steht, er aber gleichzeitig
Landschaftsschutzgebiete in Hessen abschafft und das
EU-Naturschutzrecht einschränken will. Die Absichtserklärung von
Ministerpräsident Koch zum Artenschutz ist ein reiner Papiertiger,
denn wie ernst es ihm wirklich um den Schutz der biologischen
Vielfalt ist, zeigt der von ihm erst vor wenigen Monaten in den
Bundesrat eingebrachte - und dort beschlossene - Entschließungsantrag
zum Europäischen Naturschutzrecht (Drucksache 768/07, 9. November
2007). Darin fordert Hessen, dass die EU-Vogelschutz-Richtlinie und
die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) zusammengelegt werden. Was
bei Koch und seinen Mitstreitern aus anderen unionsregierten Ländern
als "zukunftsfähige Ausgestaltung" des Europäischen Naturschutzrechts
daher kommt, bedeutet jedoch nichts anderes als die Abschaffung
etablierter Schutzstandards für den Natur- und Artenschutz in
Deutschland. Wörtlich heißt es in der Entschließung des Bundesrates:
"Angesichts der beträchtlichen Flächenanteile sollte nunmehr auch den
Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur Rechnung
getragen werden." Die Bundesländer unterstellen damit, dass die
EU-Richtlinien bislang wirtschaftliche und gesellschaftliche Belange
nicht berücksichtigt hätten. Tatsache ist jedoch, dass bislang keine
einzige Unternehmensansiedlung oder neue Straße in Deutschland
aufgrund der FFH-Richtlinie verhindert worden wäre, wie die
EU-Umweltkommission mitteilt.

"Koch und seine Freunde in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und
den anderen Unions-Ländern wollen Autobahnen bauen und nicht die
biologische Vielfalt schützen", sagte Rainer Baake,
Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH). "Weite
Teile der Union offenbaren einen bedingungslosen Glauben an Wachstum
zu Lasten der Natur und verkennen völlig, dass nachhaltiges
Wirtschaften nicht auf mehr Ressourcenverbrauch beruht, sondern auf
Effizienzsteigerung." Baake erinnerte daran, dass gerade viele
mittelständische Unternehmen mittlerweile die Zeichen der Zeit
erkannt haben und auf eine umweltschonende, nachhaltige
Wirtschaftsweise setzen, zu der auch der Schutz der biologischen
Vielfalt gehöre. Die Bundesregierung müsse sich dem "ewig gestrigen
Wirtschaftsverständnis in der Union" widersetzen und in Deutschland
die etablierten EU-Standards für Natur- und Artenschutz erhalten und
bei neuen Erkenntnissen wo nötig auch ausbauen.

Als völlig widersinnig für den von der Bundesregierung
international angestrebten Artenschutz bezeichnete Baake, dass Hessen
bereits 2006 insgesamt 15 Landschaftsschutzgebiete mit Hilfe einer
Novelle des hessischen Naturschutzgesetzes abgeschafft habe. Vom
Kabinettstisch aus wurde der Schutzstatus von mehreren hunderttausend
Hektar geschützten Lebensraums von Tieren und Pflanzen in Hessen
demontiert. Mit diesem Gesetzesstreich hatte die Regierung Koch auch
gleich die rechtliche Grundlage für Naturparke in Hessen ausgehöhlt,
die laut § 27 Bundesnaturschutzgesetz und fast gleichlautendem
Hessischen Naturschutzgesetz überwiegend aus
Landschaftsschutzgebieten oder auch Naturschutzgebieten bestehen
müssen. Angesichts des fortschreitenden Artensterbens auch in
Deutschland könne sich kein Bundesland die Abschaffung von
Schutzgebieten leisten, kritisierte Baake.
___________________________________________________________________
Die DUH-Serie zum Schutz der biologischen Vielfalt in Deutschland

In Bonn präsentieren sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und
Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) auf der UN-Artenschutzkonferenz
als Kämpfer für die weltweite Biodiversität. Die Deutsche Umwelthilfe
begrüßt ausdrücklich das Engagement der Bundesregierung für den
weltweiten Arten- und Naturschutz, ist aber besorgt über die
mangelnde Umsetzung von Zielen zum Schutz der Biodiversität in
Deutschland. Bislang schaffen Bund und Länder es nicht, dem Natur-
und Artenschutz innerhalb Deutschlands zu seinem Recht zu verhelfen.
So liegt Deutschland innerhalb der Europäischen Union im letzten
Drittel bei der Ausweisung von Schutzgebieten nach der
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH), die einen Mindeststandard für
den Schutz bedrohter Tiere und Pflanzen bildet. Deutschland hat aber
nicht nur extrem wenig Gebiete unter den FFH-Schutz gestellt, der
Zustand der Gebiete "befindet sich in einem ungünstigen
Erhaltungszustand", wie das Bundesamt für Naturschutz im Januar 2008
festgestellt hat.

Für die Ausweisung und Pflege der FFH-Gebiete sind ebenso wie für
den Naturschutz die Bundesländer zuständig. Dort hat die
Biodiversität oftmals keinen hohen Stellenwert: Niedersachsens
FDP-Umweltminister Sander greift im Biosphärenreservat Elbe
eigenhändig zur Kettensäge, Baden-Württemberg genehmigt die Tötung
der international geschützten Kormoranbrut am Bodensee, Bayern
schießt den einzigen Braunbären im deutschen Alpenraum ab.

Die DUH unterstützt nachdrücklich die nationale
Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung. Dieses im
Bundeskabinett verabschiedete Programm für die biologische Vielfalt
in Deutschland ist jedoch nichts wert, solange die Strategie nicht
praktisch umgesetzt wird. Die DUH ist in großer Sorge um heimische
Tiere, Pflanzen und ihre Lebensräume. Um der auch hierzulande
bedrohten Natur eine Stimme zu geben, veröffentlicht die DUH während
der UN-Biodiversitätskonferenz regelmäßig einen Artenschutz-Fall des
Tages aus Deutschland. Quer durch die Republik haben wir zwischen
Nordsee und Alpen, Müritz und Bodesee Beispiele für die Zerstörung
unserer Natur zusammengetragen.

Bisher erschienen: Sachsen-Anhalt schrumpft das Biosphärenreservat
Flusslandschaft Elbe; Baden-Württemberg genehmigt rechtswidrig Tötung
von geschützten Kormoranen im Naturschutzgebiet; Niedersachsens
Umweltminister geht mit Kettensäge eigenhändig auf geschützte
Auwälder los und löst EU-Vertragsverletzungsverfahren aus.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-15,
Mobil: 0151 55016943, baake@duh.de

Ulrike Fokken , Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-22,
Mobil:0151 55017009, fokken@duh.de


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