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LVZ: zum Milbradt-Abschied in Sachsen Milbradts Verdienste

Geschrieben am 23-05-2008

Leipzig (ots) - Von Bernd Hilder
Von Norbert Blüm stammt eine Erkenntnis, die von den meisten
Politikern nicht beherzigt wird: "Ein Politiker, der seine Zeit damit
vergeudet, auszukundschaften, wie er ankommt, verliert Zeit und
Kraft, Probleme zu lösen." Georg Milbradt war als Finanzminister und
ist noch für ein paar kurze Tage als sächsischer Ministerpräsident
das pure Gegenteil eines solchen Medien-Politikers, der heute leider
zum Prototypen abgeschliffener Beliebigkeit im Politikbetrieb
geworden ist. Milbradt ist einer, dem inhaltsvolles Sein wichtiger
ist als schöner Schein, einer, dem es weniger auf die öffentliche
Wirkung seines Schaffens als auf die handfesten Resultate des
Regierens ankommt. Einer, der possierliches Schaulaufen vor Kameras
und Publikum nicht für die größte Daseinsberechtigung des Politikers
hält. Diese Haltung, konsequent bis zum Rücktritt durchgehalten, hat
Milbradt innerhalb und außerhalb seiner eigenen Partei, der CDU,
nicht nur Freunde gebracht. Nach zwölf Jahren als Finanzminister und
sechs als Regierungschef aber eine Bilanz, auf die er stolz sein kann
- und die zum Vorteil Sachsens ist.
Uneitel, oft auch trotzig ging Milbradt ans Werk, immer aber an der
Sache orientiert. Die entscheidende Frage, ob es Sachsen nach seinem
Rücktritt besser geht als vor seinem Amtsantritt, ist mit einem
eindeutigen Ja zu beantworten. Trotz des Dramas um die Landesbank
geht er als bedeutender Finanzpolitiker in die Geschichtsbücher der
Bundesrepublik ein. Das Lob selbst der politischen Konkurrenz spricht
Bände. Weil Sachsen so gering verschuldet ist wie sonst nur Bayern
und weniger Zinsen als die allermeisten Bundesländer zahlen muss,
kann es sich heute viel mehr Investitionen leisten als beispielsweise
die mitteldeutschen Nachbarn. Das sind unschätzbare Zukunftschancen,
die genauso wie so manche Unternehmensansiedlung mit dem Namen
Milbradt verbunden bleiben.
Dass man mit Sparpolitik keine Popularitätsweltmeisterschaften
gewinnen kann, musste Milbradt ebenfalls erfahren. Wohl deswegen
stand er auch in der eigenen Partei mit seiner Haushaltsdisziplin oft
als einsamer Rufer in der Wüste da. Die hohe Verschuldung Thüringens
unter Bernhard Vogel, der mangelnde Sparwille der Regierung Koch in
Hessen oder die Ausgaben-Orgien der großen Koalition von Kanzlerin
Merkel beweisen, wie souverän und richtig Milbradt gegen den Trend
handelte. Frühzeitig reagierte er auf den Bevölkerungsrückgang und
straffte die Verwaltungsstrukturen. Die Zusammenarbeit mit den
Kommunalverwaltungen fiel dem gelernten Stadt-Kämmerer leicht.
Maßgeblich wirkte er an den Solidarpakten I und II mit, die dem Osten
Deutschlands noch für etliche Jahre Subventionen für den Aufbau einer
modernen Infrastruktur sichern.
Milbradt hat damit ein wetterfestes Fundament gegossen, auf das
Sachsen aufbauen kann. Die CDU hinterlässt er jedoch nicht so gut
bestellt wie das Land. Als es in der Krise darauf ankam, Angriffe des
Koalitionspartners SPD abzuwehren, konnte er sich nur auf einen Teil
der Partei verlassen. Er war nicht der große Kommunikator, der nach
dem Bruch mit seinem Vorgänger Biedenkopf die CDU gegen
Hinterhältigkeiten von Berufsintriganten hätte einen können. Als dies
immer offensichtlicher wurde, bewies er Größe und der CDU einen
letzten Dienst: Er organisierte in der Not einen innerparteilichen
Machtwechsel, der an Professionalität und Mustergültigkeit schwer zu
überbieten ist. In der Erinnerung der Sachsen werden Milbradts
Verdienste die Querelen, die zu seinem Rücktritt führten, lange
überdauern.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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