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Der DUH-Artenschutz-Fall des Tages (Teil 1): Sachsen-Anhalt lässt "Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe" schrumpfen

Geschrieben am 17-05-2008

Berlin (ots) - Zur am Montag beginnenden
UN-Biodiversitätskonferenz startet die Deutsche Umwelthilfe eine
Serie über den Stand des Naturschutzes in Deutschland - Heute:
Sachsen-Anhalt verkleinert den Landesanteil des Biosphärenreservats
Flusslandschaft Elbe um ein Drittel - Lebensraum vom Aussterben
bedrohter Arten schrumpft - CDU/SPD-Landesregierung ignoriert Rote
Liste und Schutzmaßnahmen für Elbe-Biber

Berlin, 17. Mai 2008: Auf internationalem Parkett präsentieren
sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Umweltminister Sigmar
Gabriel (SPD) auf der bevorstehenden UN-Artenschutzkonferenz als
Kämpfer für den weltweiten Schutz der Biodiversität. Sie fordern die
Entwicklungs- und Schwellenländern auf, die biologische Vielfalt zu
bewahren, Naturschutzgebiete für bedrohte Tiere, Pflanzen und
Lebensräume einzurichten und die Zerstörung von Ökosystemen wie den
Regenwald in Brasilien zu beenden. Die Deutsche Umwelthilfe e. V.
(DUH) begrüßt das Engagement der Bundesregierung für den Natur- und
Artenschutz weltweit, fordert die politisch Verantwortlichen in Bund
und Ländern jedoch gleichzeitig auf, sich auch in Deutschland
entsprechend ernsthaft für die biologische Vielfalt einzusetzen.
"Deutschland macht sich unglaubwürdig, wenn die Kanzlerin von den
Entwicklungsländern den Schutz von Löwen und Tigern fordert, während
in Deutschland CDU-Ministerpräsidenten dem Biber und den Kormoranen
an den Kragen gehen", kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer
Baake und beklagt eine "in Deutschland weit verbreitete
Doppelzüngigkeit, wenn es um den Arten- und Naturschutz im In- und
Ausland geht."

Er erinnerte daran, dass zum Beispiel Sachsen-Anhalt 2006 den
eigenen Landesanteil am Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe ohne
vorherige Rücksprache mit der UNESCO oder den anderen Länderpartnern
im gemeinsamen Biosphärenreservat um ein Drittel verkleinert hat. Von
ursprünglich 190.000 Hektar des von der UNESCO 1997 anerkannten
Schutzgebiets im Land Sachsen-Anhalt blieben nach der "Magdeburger
Schrumpfung" durch die schwarz-rote Landesregierung gerade noch
126.000 Hektar bestehen. Ziel der CDU/SPD-Regierung sei es gewesen,
auf diesem Weg den für UNESCO-Biophärenreservate geforderten drei
Prozent Flächenanteil an so genannten Kernzonen leichter einhalten zu
können. Hätte die Landesregierung die Gesamtfläche des Schutzgebiets
nicht verringert, wäre es notwendig gewesen, weitere streng
geschützte Kernzonen auszuweisen. Den hier drohenden Konflikten mit
Landnutzern und Kommunen wollte die Landesregierung aus dem Weg
gehen.

Kernzonen sind in Biosphärenreservaten für den Arten- und
Lebensraumschutz besonders wichtig. Nur hier finden Tiere und
Pflanzen wirklich einen ungestörten Lebensraum, da jegliche land- und
forstwirtschaftliche Nutzungen für den Menschen tabu sind. Zumeist
werden Wälder, Moore, Altarme und Röhrichte als Kernzonen
ausgewiesen, die meisten von ihnen sind in Besitz der öffentlichen
Hand.

Nach der Verkleinerung der Schutzgebietsfläche in Sachsen-Anhalt
beschränkt sich das Biosphärenreservat im nördlichen Landesteil vor
allem auf Flächen zwischen den Elbdeichen. Diese Flächen sind jedoch
bereits als Naturschutz-, FFH- oder Vogelschutzgebiete ausgewiesen.
Die Landschafträume der angrenzenden Aue dagegen bleiben nun
weitgehend ungeschützt.

"Gerade diese Landschaftsräume wären aber besonders wichtig", sagt
Frank Neuschulz, der Leiter Naturschutz der DUH, "da sie als
Pufferzone wirken und gerade hier das modellartige Zusammenwirken von
Naturschutz und Nutzung in Biosphärenreservaten praktiziert werden
soll."

Auf den vom Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe abgezweigten
Flächen an den Rändern kann nun unbehelligt von internationalen
Naturschutzstandards gebaut und gewirtschaftet werden. Sachsen-Anhalt
habe nur durch die Verkleinerung der Gesamtfläche überhaupt eine
geschützte Kernzone sichern können, heißt es aus der Staatskanzlei in
Magdeburg zur Erklärung. "Die Aussage kommt einem Offenbarungseid
gleich: Die Landesregierung ist entweder nicht in der Lage, die
international geltenden Schutzgebietskriterien der UNESCO in
Sachsen-Anhalt durchzusetzen oder sie ignoriert sie wissentlich",
sagt Neuschulz.

Nun besteht nach Überzeugung der DUH die Gefahr, dass die
Missachtung der Schutzgebietskriterien in Sachsen-Anhalt Kreise
zieht. Im länderübergreifenden Biosphärenreservat haben nämlich die
Bundesländer Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern
vergleichbare Probleme bei der Einhaltung des Drei-Prozent-Kriteriums
und denken ebenfalls darüber nach, durch eine Flächenverringerung
ihre Kernzonen-Bilanz aufzubessern. Dadurch verringert sich unter
anderem der Lebensraum des Elbe-Biber, der auf der Roten Liste
bedrohter Tierarten des Landes Sachsen-Anhalt steht. "Alle
Biberreviere außerhalb der Schutzgebiete unterliegen starken
Beeinträchtigungen bis hin zur Habitatzerstörung und direkten
Verfolgung", heißt es in der Roten Liste des Landes Sachsen-Anhalt.
Die Verfasser weisen ausdrücklich auf "die besondere Verantwortung"
des Landes für die Biberart hin, die ausschließlich an der Elbe lebt.


___________________________________________________________________
Die DUH-Serie zum Schutz der biologischen Vielfalt in Deutschland
Deutschland liegt nach Angaben der EU-Kommission innerhalb der
Europäischen Union im letzten Drittel bei der Ausweisung von
Schutzgebieten nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH), die
einen Mindeststandard für den Schutz bedrohter Tiere und Pflanzen
bildet. Deutschland hat aber nicht nur extrem wenig Gebiete unter den
FFH-Schutz gestellt, der "überwiegende Teil der Arten- und
Lebensräume befindet sich in einem ungünstigen Erhaltungszustand",
hat das Bundesamt für Naturschutz im Januar 2008 festgestellt. Für
die Ausweisung und Pflege der FFH-Gebiete sind ebenso wie für den
Naturschutz die Bundesländer zuständig. Dort hat die Biodiversität
oftmals keinen hohen Stellenwert: Niedersachsens FDP-Umweltminister
Hans-Heinrich Sander greift im Biosphärenreservat Elbe eigenhändig
zur Kettensäge, das CDU-regierte Baden-Württemberg verfügt die Tötung
der international geschützten Kormoranbrut am Bodensee, Bayern
schießt den einzigen Braunbären im deutschen Alpenraum ab.
Die DUH ist in großer Sorge um heimische Tiere, Pflanzen und ihre
Lebensräume. Um der auch hierzulande bedrohten Natur eine Stimme zu
geben, veröffentlicht die DUH während der UN-Biodiversitätskonferenz
ab heute regelmäßig einen "Artenschutz-Fall des Tages" aus
Deutschland. Quer durch die Republik haben wir zwischen Nordsee und
Alpen, Müritz und Bodensee Beispiele für die Zerstörung unserer Natur
zusammengetragen.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Rainer Baake
Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4,
10178 Berlin
Tel.: 030 - 24 00 867-15, Mobil: 0151 - 55 01 69 43, baake@duh.de

Dr. Frank Neuschulz
Leiter Naturschutz, Deutsche Umwelthilfe e.V., Gartenstraße 7, 29475
Gorleben
Mobil: 0160 - 89 50 556, neuschulz@duh.de

Ulrike Fokken
Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4,
10178 Berlin
Tel.: 030 - 24 00 867-22, Mobil: 0151 - 55 01 70 09, fokken@duh.de


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