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LVZ: Spielräume

Geschrieben am 13-05-2008

Leipzig (ots) - Von Thilo Boss
Wahlkampf hin, Wahlkampf her: Die CSU hat mit ihrem Vorstoß, die
Steuern massiv zu senken, den Nerv getroffen. Am Ende des Monats
bleibt immer mehr Menschen immer weniger Geld im Portemonnaie übrig.
Betroffen sind vor allem die kleinen und mittleren Einkommen. Das
schmerzt besonders, weil darunter der private Konsum leidet. Deshalb
ist der Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, dass ein
ausgeglichener Haushalt bis 2011 nicht das Maß aller Dinge sein darf,
auch nachvollziehbar. Die Republik steckt nämlich im dritten Jahr der
großen Koalition in einer Abschwungphase. Arbeitstagebereinigt soll
die Wirtschaft 2008 nur noch 1,5 Prozent wachsen, bei einer
abkühlenden Weltkonjunktur wohlgemerkt. Das allein sagt schon alles.
Im Prinzip fokussiert sich daher die Frage darauf, ob durch Steuer-
und Abgabenentlastungen die Konjunktur angekurbelt werden und sich
Deutschland dann gestützt durch eine anziehende Inlandsnachfrage
gegen diesen Negativtrend stemmen kann. Die Wahrscheinlichkeit ist
hoch. Die USA haben jahrelang so ihr Wachstum stabilisiert, und auch
in der Bundesrepublik gibt es ein Paradebeispiel dafür, das mit dem
ehemaligen Finanzminister Gerhard Stoltenberg verbunden ist. Der
hatte 1986 die größte Einkommenssteuerreform in der
Nachkriegsgeschichte eingeläutet und legte den Grundstein für einen
anhaltenden Aufschwung.
Zugegeben, Stoltenberg betrieb zuvor eine eiserne Sparpolitik, von
der sein Nachfolger Peer Steinbrück noch meilenweit entfernt ist.
Doch auch der Sozialdemokrat hat dank der guten vergangenen Monate an
Spielräumen gewonnen. Wann also, wenn nicht jetzt, sollte er sich
angesichts der immer schlechter ausfallenden Prognosen zu einem
mutigen Schritt entschließen? Möglichkeiten jedenfalls gibt es.
Ein Stichwort ist die so genannte kalte Progression, bei der das
Einkommen eines Steuerzahlers im Gleichklang mit der Inflation
steigt. In diesem Fall bleibt ihm immer weniger Geld in der Tasche,
das ihm der Staat eigentlich wiedergeben müsste. 15 Milliarden Euro
zusätzlich nimmt der Finanzminister per anno auf diese Weise ein.
Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die sich noch sichtbarer in
einem 50-Jahres-Vergleich zeigt: Damals setzte der Spitzensteuersatz
für Ledige umgerechnet bei 200 000 Euro ein, heute sind es etwa 52
000 Euro. Im Klartext bedeutet dies, dass der Fiskus verstärkt die
Mittelschicht zur Kasse bittet.
Das ist aber nur ein Aspekt des deutschen Dilemmas. Statt ein
Steuerkonzept aus einem Guss zu präsentieren, verzetteln sich die
Parteien, getrieben von den Umfragewerten. Diskutiert wird mal die
Abschaffung der Ökosteuer, die Wiederbelebung der vollen
Pendlerpauschale oder die Einführung einer Reichensteuer. Seien sie
im Einzelnen auch berechtigt, so sind es doch nur Vorschläge, um die
eigene Klientel zu befriedigen. Das ist bedauerlich, weil in Berlin
eine große Koalition regiert, die die nötige Mehrheit hätte, die
notwendige Reform voranzutreiben. Doch das ist vielleicht zu
idealistisch argumentiert. Was zählt nämlich das Allgemeinwohl, wenn
wichtige Wahlen anstehen? Leider nur wenig.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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