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Bundestagspräsident Lammert fordert Parlamentsdebatten statt Talkshow-Inflation

Geschrieben am 06-05-2008

Leipzig (ots) - Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert hat
die «Inflation von Talkshows» als bedenkliche Entwicklung für die
politische Berichterstattung bezeichnet. Die öffentlich-rechtlichen
Sender müssten sich stärker ihres Auftrags besinnen und zum Beispiel
Parlamentsdebatten wieder live übertragen, bemängelte er bei der
Diskussionsrunde "Parlament oder Fernsehen - Wo findet Demokratie
statt?" des Medientreffpunkts Mitteldeutschland in der Arena im
Hauptbahnhof.

Selbst der von den Öffentlich-Rechtlichen initiierte Spartensender
Phoenix habe im vergangenen Jahr von 700 Stunden Parlamentsdebatte
nur 250 übertragen. ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender begründete den
Verzicht auch mit der geringen Attraktivität für den Zuschauer. Bei
der Fragestunde werde noch nicht einmal die Frage vorgelesen, sondern
nur die Antwort. Daraufhin konterte Lammert: "Wenn das ZDF wieder
live überträgt, dann sorge ich dafür, dass auch die Fragen vorgelesen
werden."

Die ARD habe, so der Fernsehdirektor des Mitteldeutschen Rundfunks
(MDR), Wolfgang Vietze, den Anteil der Info-Sendungen hochgefahren.
"Der Politik- und Infoanteil liegt bei rund 50 Prozent." Im gleichen
Atemzug fragte er: Was bringt eine Parlamentsberichterstattung, die
ihren Zweck verfehlt, weil keiner einschaltet? Während Lammert für
ein Bundestags-TV warb, plädierte Vietze dafür, die Möglichkeiten des
Internets zu nutzen. Dies sei nicht nur kostengünstiger, sondern
damit könnten auch junge Zielgruppen gewonnen werden, die die Inhalte
sendezeitunabhängig abrufen könnten. Talkshows wie "Anne Will" zögen
hingegen regelmäßig drei bis fünf Millionen Zuschauer an.

"Die politischen Talkshows waren die Reaktion auf die
Interessenlosigkeit der Zuschauer auf Parlamentsdebatten", ergänzte
Brender. Gleichwohl sei er überzeugt, dass sich das Format
weiterentwickeln müsse, um zu bestehen. An die Adresse von Sachsens
Ministerpräsident Prof. Dr. Georg Milbradt und Bundestagspräsident
Lammert beklagte er, dass viele Politiker gerne in Talkshows gingen,
weil sie dort besser wegkämen. Unbequemen Fragen zu aktuellen
politischen Problemen stellten sie sich aber äußert ungern.

Der scheidende sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU)
nutzte das Podium für eine medienpolitische Generalabrechnung: "Die
Medien dürfen nicht nur stolz sein, als vierte Gewalt bezeichnet zu
werden, sondern sie müssen sich auch der besonderen Verantwortung
bewusst sein." Übertreibung trete häufig an die Stelle nüchterner
Berichterstattung unter dem Deckmantel des investigativen
Journalismus. Milbradt illustrierte dies anhand zweier Fälle aus
Sachsen, und zwar dem vermeintlichen Mord eines Jungen im Schwimmbad
von Sebnitz durch Rechtsradikale und der Korruptionsaffäre, die als
"Sachsensumpf" bundesweit Schlagzeilen machte. "Nach vier bis sechs
Wochen war der Sachverhalt geklärt, doch die Medienmaschine rollte
Monate lang weiter."

Dominik Bormann

Originaltext: Medientreffpunkt Mitteldeutschland
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/58100
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_58100.rss2

Pressekontakt:

Thomas Köhler
Tel.: 0170 - 175 9594
Email: koehler@s-wok.de


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