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Westdeutsche Zeitung: Das Gesprächsangebot an den Dalai Lama ist vergiftet = von Alexander Marinos

Geschrieben am 25-04-2008

Düsseldorf (ots) - Beruhigungspillen mögen das Befinden
kurzfristig verbessern. Probleme lösen sie freilich selten. Im
Gegenteil: Oft vernebeln sie nur die Wahrnehmung. Das angebliche
Dialog-Angebot an den Dalai Lama ist so eine Beruhigungspille. Es ist
noch nicht lange her, da hat das Regime in Peking (Beijing) das
Oberhaupt der Tibeter als Terrorpaten verunglimpft, als "Wolf in
Mönchskutte" oder "Hyäne in roter Robe". Und nun plötzlich wird
diesem ach so gefährlichen Mann die Hand gereicht?
Bei näherem Hinsehen erweist sich das Angebot als vergiftet. Erstens
stellt China Vorbedingungen, die absurde Behauptungen beinhalten - so
etwa die Aufforderung an den Dalai Lama, er solle aufhören, "Gewalt
zu planen und zu schüren". Zweitens stellt die chinesische Führung
keine Verhandlungen in Aussicht, sondern nur Kontakte und
Konsultationen. Solche belanglosen Treffen zwischen Vertretern des
Dalai Lama und der chinesischen Führung hat es schon früher gegeben.
Geändert hat sich an der Tibet-Politik Chinas seitdem nichts. Statt
auf Diplomatie setzt Peking noch immer auf seine Dampfwalzen-Politik:
Indem möglichst viele Chinesen nach Tibet gelockt werden, um sich
dort niederzulassen, geraten die Tibeter in ihrer eigenen Heimat in
die Minderheit. Das hat nichts mit Autonomie zu tun, dafür aber sehr
viel mit Assimilation.
Ein Kommentator aus Singapur hat klug festgestellt, dass man nicht
auf den Mond fliegen wollen und zugleich an einem
Souveränitätsbegriff aus dem 19. Jahrhundert festhalten kann.
Insofern liegt auch ein Helmut Schmidt mit seiner Analyse, der Westen
solle sich heraushalten, falsch.
Immerhin gibt die kommunistische Führung jetzt indirekt zu, dass
Tibet in der globalisierten Welt keine "innere Angelegenheit" ist, in
die sich niemand einmischen dürfe. Sonst hätte sie nicht schon kurz
vor der Verkündung ihres "Dialog"-Angebots westliche Regierungen über
ihren Schritt informiert.
Wer diese Mini-Bewegung in Peking als Fortschritt sehen will -
bitteschön. Der Image-Schaden für China bleibt. Solange der Dalai
Lama bei den Olympischen Spielen nicht auf der Ehrentribüne sitzen
darf, können und wollen wir uns nicht beruhigen. Die Bilder von
Panzern, Soldaten und toten Menschen in den Straßen zu Lhasa
schmerzen zu sehr.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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