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Westdeutsche Zeitung: Stammzellentscheidung des Bundestages = von Eberhard Fehre

Geschrieben am 11-04-2008

Düsseldorf (ots) - Die Wissenschaft zeigt sich erleichtert, auch
wenn sie mehr erhofft hatte. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft
hatte eine vollständige Freigabe gefordert. Doch nach Lage der Dinge
muss die Forschung schon zufrieden sein, dass mit der Verschiebung
des Stichtags auf den 1. Mai 2007 die wissenschaftliche Arbeit in der
Stammzellforschung in Deutschland überhaupt fortgeführt werden kann -
reglementiert wie in kaum einem zweiten Industriestaat. Ob damit der
Exodus von Spitzenforschern nach England oder in die USA gestoppt
werden kann, ist zweifelhaft. Mit der Rückkehr des abgewanderten
Sachverstands rechnet ohnehin niemand. Immerhin - das ist ein Erfolg
- ist die absurde Strafandrohung entfallen, die über deutschen
Wissenschaftlern schwebte, die im Ausland forschten.
So weit die guten Nachrichten. Unterm Strich aber bleibt ein
gesellschaftlich geschürtes Misstrauen gegen die Wissenschaft
insgesamt. Nicht selten - auch gestern im Bundestag - wird der
Eindruck erweckt, hier stehe eine gleichermaßen religiös wie
staatlich approbierte Ethik gegen einen verantwortungslosen
Wissensdrang, der auf der Jagd nach dem modernen Frankenstein alle
moralischen Dämme niederreißt.
Dabei haben die wissenschaftlichen Vorhaben zumindest einigen Respekt
verdient. Stattdessen aber stehen die Biowissenschaften unter einem
Generalverdacht, als habe die Freiheit der Wissenschaft keinen
Verfassungsrang. Die Vorstellung aber, es sei Sache von Politik oder
Kirche, angeblich gewissenlosen Technikern des Machbaren "Moral"
beizubringen, hat durchaus etwas lächerliches. Und wird scheitern.
Denn was taugt eine Moral, deren einziger Triumph am Ende die
Vertreibung deutscher Wissenschaftler ins Ausland ist?
Auf Dauer wird der Gesetzgeber unseren Forschern nicht untersagen
können, was ihren Kollegen im Ausland erlaubt ist. Die gestrige
Entscheidung des Bundestags war auch eine Kapitulation vor dieser
Einsicht. Allerdings nur bis zur Wiedervorlage: Denn wer zweifelt
daran, dass spätestens in vier Jahren auch die heute freigegebenen
Zelllinien unbrauchbar sind? Eine vorgeblich moralische Position
aber, die sich alle fünf Jahre revidieren muss, wird unglaubwürdig.
Und sie dient niemandem: weder den "Lebensschützern" noch der
Wissenschaft.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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