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LVZ: Athleten zahlen den Preis

Geschrieben am 07-04-2008

Leipzig (ots) - Von Micha Schneider
Seit Wochen wird vehement über Sinn oder Unsinn eines Olympiaboykotts
diskutiert. Die kommunistischen Machthaber in Peking sollen damit
getroffen werden. Die Leidtragenden wären letztendlich jedoch wieder
einmal die Athleten, die um ihre - für viele einmalige - Chance
gebracht würden. Zumindest scheinen jetzt zwei Dinge klar zu sein:
Alle 205 Nationalen Olympischen Komitees wollen in Peking antreten,
und die Sportler dürfen im Rahmen der Regeln der Olympischen Charta
ihre Meinung äußern. Damit steht aber auch fest, dass die Spiele
keine Friede-Freude-Eierkuchen-Veranstaltung á la 1936 werden. Damals
nutzten Hitlers Demagogen Olympia zu einer alles übertünchenden
Jubelfeier. Dies wird den Postkommunisten nicht gelingen. Im
Gegenteil. Die sportliche Berichterstattung wird in den Hintergrund
gedrängt, Athleten werden nicht vorrangig zu ihrer Leistung, sondern
zu Demokratie und Menschenrechten befragt werden. Und da wird es
bestimmt zu Aktionen wie 1968 kommen, als die 200-Meter-Sprinter
Smith und Carlos mit geballten Fäusten auf dem Siegerpodest gegen die
Apartheidpolitik protestierten. Diese Art "mündiger Athleten" wird
dem auf Profit und Machterhalt ausgerichteten IOC in Peking ebenso
wenig schmecken wie vor 40 Jahren in Mexiko. Und in Peking werden die
Aktionen die Diktatoren wesentlich mehr treffen als die Proteste in
London oder Paris, die dank staatlicher Zensur überhaupt nicht bis
zur Masse der chinesischen Bevölkerung dringen.
Die Menschenrechtssituation in China und die Vorgänge in und um Tibet
werden durch die Spiele mehr in den Brennpunkt gerückt, als das ohne
das Sportereignis der Fall wäre. Die Athleten zahlen schon allein
durch die verminderte Aufmerksamkeit ihren Preis. Währenddessen
sitzen IOC und Politik weiter auf dem hohen Ross. Die
Ober-Olympioniken kehren ihre sportlich-friedliche Gesinnung heraus,
protestieren lauwarm, ohne anzuecken. Auf ihrem Olymp thronend,
vergeben sie das traditionsreichste Sportereignis der Welt je nach
gutdünken an Coca Cola oder Diktatoren, so dass man jetzt schon
gespannt darauf sein darf, was vor und während der Winterspiele im
russischen Sommerkurort Sotschi los sein wird.
Und die Politik macht das, was sie am besten kann: Sie redet,
appelliert bestenfalls, will sogar auf das Glas Sekt bei der Pekinger
Eröffnungsfeier verzichten. Handeln täte weh und davor scheut man
sich. China ist groß, eine aufstrebende Wirtschaftsmacht. Handel mit
dem Reich der Mitte wird groß geschrieben, sei es mit dem Verkauf von
Hochtechnologien oder mit Waffen. Da spielt Tibet dann keine Rolle
mehr. Warum auch, sonst könnte man doch mal hinterfragen, warum
jährlich tausende Chinesen in total verrotteten Bergwerken umkommen,
Massenhinrichtungen noch immer auf der Tagesordnung stehen. Insofern
ist es gut, dass durch die bevorstehenden Spiele das Reich der Mitte
im öffentlichen Bewusstsein wieder auf sein angemessenes Maß
zurechtgerückt wird. China wird von einer kommunistischen Clique
beherrscht, für die Olympia das Gleiche bedeutet wie für römische
Herrscher die Gladiatorenkämpfe: Brot und Spiele, bei denen am Ende
den Machthabern zugejubelt wird. Dass das mit Sicherheit - zumindest
in der Weltöffentlichkeit - nicht passieren wird, ist die positivste
Nachricht um schon jetzt verkorkste Spiele in Peking.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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