(Registrieren)

Umweltgesetzbuch: Deutsche Umwelthilfe kritisiert Attacken der Minister Seehofer und Glos auf den Naturschutz

Geschrieben am 04-04-2008

Berlin (ots) - CSU-Minister Michael Glos und Horst Seehofer wollen
Naturschutzstandards aufweichen und nehmen Artenschwund billigend in
Kauf -Biodiversität in Deutschland in ernsthafter Gefahr -
DUH-Bundesgeschäftsführer Baake: "Kanzlerin Merkel gefährdet als
Gastgeberin der UN-Artenschutzkonferenz ihre politische
Glaubwürdigkeit"

4. April 2008: Mit großer Sorge um den Natur- und Artenschutz
verfolgt die Deutsche Umwelthilfe e.V (DUH) die koalitionsinternen
Verhandlungen über ein einheitliches Umweltgesetzbuch (UGB).
Landwirtschaftsminister Horst Seehofer und Wirtschaftsminister
Michael Glos (beide CSU) torpedieren seit Wochen insbesondere das
Naturschutzrecht, das im dritten Buch des momentan neu geschaffenen
UGB aufgehen soll. Federführend für die Formulierung eines
einheitlichen Umweltrechts in Deutschland ist Umweltminister Sigmar
Gabriel (SPD). Dessen Ministerium wird seit Wochen daran gehindert,
die Anhörung der Länder und Verbände einzuleiten. In der Folge wird
das Bundeskabinett nicht wie geplant bis zur UN-Naturschutzkonferenz
im Mai in Bonn den Entwurf für ein neues Naturschutzrecht im UGB
verabschieden können. Die blamable Nachricht des Gastgebers
Deutschland an die Weltöffentlichkeit wird sein: Der Naturschutz ist
in der Regierung dieses Landes hochumstritten!

Dabei wäre beim UGB eine besonders konzentrierte Arbeitsweise
notwendig, da es bis zum 31. Dezember 2009 in Kraft treten muss. Die
Föderalismusreform von 2006 macht es nötig, bis zu diesem Zeitpunkt
unter anderem die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes und das
Recht des Artenschutzes festzulegen, von denen die Bundesländer dann
nicht mehr abweichen dürfen. Würde diese Frist verstreichen, könnten
ab dem 1. Januar 2010 die 16 Bundesländer den Natur- und Artenschutz
in eigener Verantwortung regeln. "Eine derartige Kleinstaaterei im
Naturschutzrecht wäre eine Katastrophe", sagte Rainer Baake,
Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH). "Tiere
und Pflanzen halten sich nun mal nicht an Landesgrenzen. Außerdem
reichen natürlich zusammenhängende Gebiete wie Flussauen,
Gebirgszüge, Moore und Wälder weit über einzelne Bundesländer hinaus.
Ein effizienter Artenschutz ist aber nur möglich, wenn die
Verantwortlichen in einem Gebiet nach denselben Grundsätzen des
Naturschutzes handeln", erklärte Baake.

Baake forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, die Attacken
ihrer Minister Seehofer und Glos auf den Natur- und Artenschutzes zu
unterbinden. Das Bundeskabinett habe erst am 7. November 2007 eine
"Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt" verabschiedet. Mit
einem "umfassenden Programm für die Erhaltung von Arten und
Lebensräumen" versprach die Regierung bis 2010 den Artenschwund in
Deutschland stark zu verringern und Lebensräume für Tiere und
Pflanzen zu schützen. Baake: "Jetzt, wo es statt um Visionen um
konkrete gesetzliche Schutzvorschriften geht, versagt die Regierung!"

Die Klientelpolitik der Minister Seehofer und Glos gefährde auch
eine glaubwürdige Verhandlungsführerschaft der Bundesregierung bei
der UN-Biodiversitätskonferenz im Mai. Ziel der Bundesregierung dort
müsse es sein, eine Vertrauensbasis zwischen Industriestaaten und
Entwicklungsländern zu schaffen. Die mit Abstand größte Artenvielfalt
weisen die Tropen auf. Der größte Artenreichtum liege also in
Ländern, die derzeit enorme Anstrengungen unternehmen, um zu den
Industrieländern aufzuschließen. Ziel der UN-Konferenz sei es unter
anderem, dass in Ländern wie Brasilien, Indonesien, Malaysia aber
auch in vielen afrikanischen Staaten Schutzgebiete für den
Artenerhalt ausgewiesen werden. Wenn Deutschland sich jedoch nicht
einmal auf seinem eigenen nationalen Territorium zu einem
nachhaltigem Naturschutz bekenne, werde es umso schwerer, ärmere
Länder zu einem substanziellen globalen Abkommen zu bewegen.

Auch vor diesem Hintergrund sei es unverantwortlich, so Baake,
dass Landwirtschaftsminister Seehofer und Wirtschaftsminister Glos
ein zentrales Instrument des Naturschutzrechtes, die sogenannte
Eingriffsregelung, faktisch abschaffen und die Verursacherpflichten
massiv beschränken wollen. Nach derzeit geltendem Recht ist der
Verursacher eines Eingriffes verpflichtet, "vermeidbare
Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen". Glos und
Seehofer wollen durchsetzen, dass Unternehmen, die z.B. mit
Baumaßnahmen die Natur schädigen, nicht mehr wie bislang an anderer
Stelle Flächen naturnah gestalten müssen; sie wollen die
Verpflichtung für sogenannte Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
abschaffen. Was darunter zu verstehen ist, regelt das derzeit
geltende Gesetz eindeutig: "Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung,
wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts
wieder hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht
wiederhergestellt oder neu gestaltet ist."

Mit ihrer Klientelpolitik für Wirtschaft und Agrarindustrie wollen
die CSU-Minister erreichen, dass in Zukunft die Verursacher mit einem
rein finanziellen Ausgleich davon kommen können - sich also mit Geld
vom Naturschutz freikaufen dürfen. "Das ist eine moderne Form des
Ablasshandels", so Baake, "der zudem dazu führen kann, dass die
Länder ein Interesse an besonders gravierenden Eingriffen in den
Naturhaushalt entwickeln könnten: je massiver der Eingriff, den die
Landesbehörden genehmigen, desto höher die Einnahmen im
Landeshaushalt!"

"Wenn man die Ersatzzahlung mit der tatsächlichen
Ausgleichsmaßnahme in der Natur gleichsetzt, kann es prinzipiell nie
zu einem unzulässigen Eingriff kommen. Schon heute bedeutet die
Einschränkung, dass das Gesetz "unvermeidbare Beeinträchtigungen"
unter näher beschriebenen Voraussetzungen zulässt, dass
wirtschaftliche Interessen in bestimmten Fällen Vorrang vor
natürlichen Lebensräumen haben. Die von den CSU-Ministern jetzt
vorgeschlagene Regelung bedeutet im Ergebnis die Abschaffung einer
Eingriffsregelung, die in der realen Welt der Natur helfen kann",
erläuterte Dr. Cornelia Nicklas, Leiterin Recht der DUH. "Auf eine
wirkliche Schonung naturnaher Flächen braucht dann niemand mehr zu
hoffen. Ob ein Stück ökologisch wertvolles Land in Anspruch genommen
wird, wird zu einer Frage der Zahlungsfähigkeit".

Unverantwortlich sei auch, dass der Landwirtschaftsminister den
etablierten Standard der "guten fachlichen Praxis" im
Naturschutzrecht abschaffen wolle. Nach guter fachlicher Praxis
sollen Land- und Forstwirte Wiese, Acker und Wald bewirtschaften. Das
bedeutet: Sie sollen Grundsätze des Naturschutzes beachten, keinen
Kahlschlag verursachen, an Feldrändern Hecken und Sträucher stehen
lassen und ökologische Mindestanforderungen für Feldgehölze und
Kleingewässer auf landwirtschaftlich genutzten Flächen beachten. Die
gute fachliche Praxis sichert also die minimalen Anforderungen für
das Überleben von Tieren und Pflanzen in der Kulturlandschaft. Und
das ist auch dringend erforderlich. Deutschland weist derzeit den
höchsten Gefährdungsgrad der Natur in den EU-Staaten auf. Laut
Bundesamt für Naturschutz sind 36 Prozent aller bewerteten Tierarten
in Deutschland in ihrem Bestand gefährdet, über zwei Drittel der
heimischen Pflanzenarten sind ebenfalls bestandsgefährdet.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Für Rückfragen:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 24 00 867-15, Mobil: 0151
55 01 69 43 baake@duh.de

Dr. Cornelia Nicklas, Leiterin Recht, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 24 00 867-18, Mobil: 0162
63 44 657, nicklas@duh.de

Ulrike Fokken, Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 24 00 867-22, Mobil:0151
55 01 70 09, fokken@duh.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

129138

weitere Artikel:
  • SoVD kritisiert faulen Renten-Kompromiss der Großen Koalition Berlin (ots) - SoVD-Präsident Adolf Bauer erklärt: Die geplante Rentenerhöhung der Großen Koalition ist ein fauler Kompromiss. Zwar erhalten die Rentner 2008 und 2009 eine moderate Rentenerhöhung, aber auf Druck der Union soll die rentendämpfende Wirkung des Riesterfaktors bereits ab 2011 nachgeholt werden. Das führt 2011 und 2012 voraussichtlich zu äußerst geringen Rentenerhöhungen von 0,3 und 0,7 Prozent. Der SoVD hat von Anfang an gemahnt, dass die Aussetzung des Riester-Faktors für zwei Jahre bei weitem nicht ausreicht. Damit mehr...

  • Gesine Lötzsch und Dagmar Enkelmann: Kennzeichnungspflicht für Lobbyisten - LINKE beantragt Aktuelle Stunde Berlin (ots) - "Es geht nicht an, dass Verbände und Unternehmen ihre Gesetze selbst schreiben und die Regierung das Parlament über die Mitwirkung der Lobbyisten an Gesetzesvorhaben nur auf Nachfrage informiert", so Gesine Lötzsch, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE zum Lobbyismus-Bericht des Bundesrechnungshofes und anlässlich der Vorstellung des Buches "Der gekaufte Staat". Dagmar Enkelmann, 1. Parlamentarische Geschäftsführerin: "DIE LINKE hat heute eine Aktuelle Stunde für mehr...

  • ZDF-Politbarometer: CDU/CSU verliert, FDP und Linke legen zu / Mehrheit hält Rentenerhöhung für zu niedrig Mainz (ots) - In der aktuellen politischen Stimmung kommt die CDU/CSU auf 38 Prozent und verliert damit im Vergleich zum März zwei Prozentpunkte. Die SPD bleibt konstant bei 29 Prozent, die FDP verbessert sich auf 10 Prozent (plus 2), die Linke legt mit 12 Prozent klar zu (plus 4) und die Grünen haben nach ihrem Plus im Vormonat mit 10 Prozent jetzt leichte Einbußen (minus 1). Wenn schon am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würden längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien sowie koalitionstaktische Überlegungen mehr...

  • Münchner Kreis übergibt Studie zur Regulierung elektronischer Medien an die Ministerpräsidenten der Bundesländer München (ots) - Der Münchner Kreis, eine gemeinnützige Vereinigung für Kommunikationsforschung an der Nahtstelle von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien, hat heute seine jüngste Studie mit dem Titel "Elektronische Medien - Entwicklung und Regulierungsbedarf" an die Ministerpräsidenten der Bundesländer übergeben. Die Studie liefert eine bisher nicht verfügbare, umfassende Bestandsaufnahme der deutschen Märkte für elektronische Medien. Mit Blick auf die künftige Entwicklung der Medienlandschaft in Zeiten der Digitalisierung und mehr...

  • Uwe Schünemann und Sebastian Edathy am Montag bei "Was erlauben Strunz" / N24-Talk mit Claus Strunz am Montag, 07.04.08, 23:30 Uhr Berlin (ots) - Warum wird die NPD nicht verboten? Obwohl keiner abstreitet, dass die NPD verfassungsfeindlich ist, zögert die Union bei einem zweiten Anlauf zum NPD-Verbot. "Skandal" donnert die SPD - doch hätte ein zweiter Verbotsversuch Aussicht auf Erfolg? N24-Moderator und "Bild am Sonntag" - Chefredakteur Claus Strunz fragt nach! Bei Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann, CDU und dem Vorsitzenden des Innenausschusses, Sebastian Edathy, SPD. Am Montag, den 07.04.08 um 23:30 Uhr bei "Was erlauben Strunz". "Was erlauben Strunz" mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht