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LVZ: zu Ärzteprotesten Krankheit auf Rezept

Geschrieben am 25-03-2008

Leipzig (ots) - Von Olaf Majer
Reform schlecht, Kasse leer, Praxis zu. Der Frust vieler
niedergelassener Ärzte lässt sich am besten im schnörkellosen
Dreisatz-Stakkato des früheren SPD-Chefs Franz Müntefering
zusammenfassen. Mit der letzten Märzwoche schließt mal wieder ein
Quartal, an deren Ende viele Praxen ihr Budget längst aufgebraucht
haben. Der Unmut wächst, weiter für lau zu arbeiten.
Aber auch Lethargie greift um sich, der Aufschrei gegen das
politikgesteuerte Praxissterben bleibt bislang aus. Eine bittere
Pille für den angriffslustigen Interessenverband Freie Ärzteschaft -
der allerdings mit seiner unglücklichen Aktionsplanung kurz nach
Ostern gehörigen Anteil an der Luftnummer hat. Eine Protestwoche
macht eben nur begrenzt Sinn, wenn kaum einer urlaubsbedingt
protestiert.
Das Schicksal der niedergelassenen Mediziner ist trotzdem mehr als
nur eine Randnotiz im großen Reformwerk Gesundheitspolitik. Der freie
Arzt, der möglichst selbst entscheiden will, was gut für seinen
Patienten ist, muss den Propheten der alles kontrollierenden
Staatsmedizin ein Dorn im Auge sein. Denn wie immer ist Geld im
Spiel, viel Geld, das große Klinikbetreiber gern unter sich
aufteilen. Der klassische Doktor mit seiner Praxis und stets gut
gefülltem Warteraum stört da nur. Wenn beispielsweise der Poltergeist
vom Dienst Karl Lauterbach wiederholt zur Medizinerschelte ausholt,
dann wundert das kaum. Ulla Schmidts Chefeinflüsterer ist schließlich
Aufsichtsratsmitglied der privaten Krankenhauskette Rhön-Klinikum.
Welch schöner Zufall, dass Lauterbach sich als SPD-Gesundheitsexperte
stark dafür macht, ambulante Leistungen am liebsten nur noch hinter
Kliniktüren anzubieten.
So geht es munter weiter in Richtung Zweiklassenversorgung und
Wartelistenmedizin. Kunde Patient ist in diesem Gesundheitsmarkt
eigentlich überflüssig. Wenn wenige Monopolisten zentralistisch über
Wohl und Wehe entscheiden und Invest-Heuschrecken auf steigende
Klinikgewinne und Aktionärsdividenden drängen, dann gibt es
Krankheiten bald nur noch auf Rezept. Allein Kassenbeiträge bleiben
erwünscht, Tendenz steigend. Schon im Juli rollt die nächste
Erhöhungswelle an. Für was, fragen sich viele Pflichtversicherte, die
auf Untersuchungen lange warten und Privatpatienten vorbei ziehen
sehen. Doch auch die Tarifsprünge sind zum Gutteil politisch
hausgemacht: Bürokratie-Monster Gesundheitsfonds und die
Krankenversicherung für alle - auch für Beitragsschuldner - steigern
den Einnahmedurst der Kassen.
Reform geglückt, Kassenbeitrag bezahlbar, Praxis offen - so würde
sich Otto-Normal-Patient den Gesundheits-Dreiklang zur Genesung
wünschen. Kein vermessener Anspruch, schließlich lässt sich kaum ein
anderes Land sein medizinisches System so viel kosten. Nur kommt am
Patientenbett zu wenig Geld an. Hier muss die Operation ansetzten,
statt weiter nur an den Symptomen zu laborieren. Das wäre endlich
eine wirklich gute Reform.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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