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LVZ: Leipziger Volkszeitung zum Rückzug Castros

Geschrieben am 19-02-2008

Leipzig (ots) - Von Bernd HilderCastros Ruinen Als Idol linker
Revolutionäre und Weltverbesserer sowie verklärender
Revolutionsromantik ist Fidel Castro verbraucht, gescheitert an der
Realität einer sich weiter drehenden Welt. Als Staatschef ist er ein
Versager und hinterlässt ein entmündigtes Volk, das auf Almosen
anderer Länder angewiesen ist. Aber als Diktator und politischer
Überlebenskünstler ist der Mann, der in fast fünf Jahrzehnten zehn
US-Präsidenten trotzte, ein schlauer Fuchs. Als der schwer erkrankte
Chefkommandant plötzlich den Tod herannahen sah, steckte selbst
hinter dem Ersetzen des agressiven Kampfanzugs durch eine
international beachtete adidas-Trainings-Kombination taktisches
Kalkül: Durch die Machtübergabe in Raten an seinen Bruder Raúl, der
mit seinen 76 Lebensjahren realsozialistischer Übergangsverwalter,
aber kaum demokratischer Hoffnungsträger sein kann, soll das
kommunistische Regime so lange wie möglich am Leben erhalten werden.
Wenn Castro jetzt seinem wenig charismatischen, aber politisch etwas
pragmatischer handelnden Bruder nach unfreien Wahlen das formal
höchste Staatsamt übergibt, bedeutet dies noch lange nicht, dass er
die Macht aus den schwächer werdenden Händen gleiten lässt. Er krallt
sich an ihr fest bis zum letzten Atemzug, weil er befürchten muss,
dass nach seinem Tod das Regime keine allzu große Überlebenschance
hat. Als elder statesman der verknöcherten Revolution, deren Trümmer
auf der - weniger durch das US-Embargo als durch Plan- und
Misswirtschaft - ökonomisch ruinierten Insel buchstäblich überall zu
greifen sind, besonders aber als kommunistischer Parteichef bleibt
Castro weiterhin der oberste kubanische Revolutionswächter.
Allzu viel neue Freiheit oder gar echte Demokratie und liberale
Wirtschaftsreformen können die Kubaner nicht von Raúl Castro
erwarten. Mehr als ein Egon Krenz, der im Auftrag der
faltenzerfurchten Parteikader retten soll, was zu retten ist, kann er
nicht sein. Genauso wenig wie jeder andere Repräsentant der Diktatur.
Schnell jedoch wird Kuba nicht aus Castros Ruinen auferstehen.
Kubaner werden weiter auf Reise-, Meinungs-, und Pressefreiheit
verzichten müssen. Andersdenkende werden weiter eingekerkert. Es
bleibt vorerst bei einer Einparteiendiktatur und bei der Bezahlung
durch weitgehend wertlose Pesos. Nur wer Verwandte in den USA hat
oder im Tourismus arbeitet, steht in der Zweiklassengesellschaft oben
und kann Waren kaufen, die es nur für Dollar oder Dollar-Gutscheine
gibt. Kuba bleibt dem stalinistischen Nordkorea näher als dem
Wirtschaftsaufsteiger China.
Dennoch ist Fidel Castros schrittweiser Rückzug der Anfang vom Ende
der kubanischen Revolution. Mut machen die lateinamerkanischen
Demokratien, die Havanna jetzt zu Reformen drängen und anders als
Venezuelas linkspopulistischer Präsident Chávez mit Fidel Castro
nicht auf die ideologische Mottenkiste setzen. Gefordert sind auch
die USA und Europa. Beide müssen weiter Druck gegen
Menschenrechtsverletzungen machen. Das US-Handelsembargo aber sollte
aufgehoben werden. Es ist kontraproduktiv, weil es von den wahren
Gründen der kubanischen Katastrophe ablenkt und somit ein System
stabilisiert, das möglichst schnell auf den Müllhaufen der Geschichte
gehört.
@hilder.office@lvz.de

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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