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LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Bahn/Tiefensee/Mehdorn -

Geschrieben am 15-01-2008

Leipzig (ots) - Von Andreas Dunte. Ein guter Verlierer zu sein,
gehört nicht zu den Eigenschaften von Hartmut Mehdorn. Statt das
Gesicht zu wahren und den ausgehandelten Tarifvertrag mit der
Lokführergewerkschaft GDL zähneknirschend zu akzeptieren, tritt der
Bahnchef heftig nach. Das ist die Kurzschlussreaktion eines zutiefst
enttäuschten Konzernchefs.
Mehdorn hat entscheidenden Anteil daran, dass sich die
Tarifauseinandersetzungen über zehn Monate hingezogen haben. Allein
die öffentlichen Diffarmierungen von GDL-Chef Manfred Schell haben
der Bahn geschadet und in der Bevölkerung zu wachsender Akzeptanz der
Lokführer-Forderungen geführt. Dass sich der Vorstand die Gehälter in
den letzten Jahren satt um 60 Prozent erhöht hat, während die
Beschäftigten außen vor blieben, hat die Verhandlungsposition
verschlechtert.
Ob die Belastungen durch den Tarifabschluss im zwei- oder
dreistelligen Millionenbereich liegen - der Konzern wird sie
verkraften können. Allerdings weckt der GDL-Abschluss auch bei den
anderen Bahn-Gewerkschaften Begehrlichkeiten, worunter die
Wettbewerbsfähigkeit des Konzern insgesamt leidet. Der angekündigte
Arbeitsplatzabbau ist vorerst nicht mehr als eine Drohung, die das
aufgeheizte Klima bei der Bahn unnötig verschlechtern wird.
Tatsächlich kann der Schienenriese nicht einfach Leute entlassen. Per
Tarifvertrag ist das bis mindestens Ende 2010 ausgeschlossen. Ein
Trost ist das nicht. Denn die Bahn wird die Kosten vornehmlich auf
die Kunden abwälzen und die Ticketpreise erhöhen. Zur Attraktivität
dieses umweltfreundlichen Verkehrsmittels trägt das sicherlich nicht
bei. Zumal in den letzten vier Jahren fünfmal die Preise angehoben
wurden. Die Schmerzgrenze der Bahnkunden ist längst erreicht.
Mehdorns Verhalten zeigt, dass er nie und nimmer diesem hohen
Tarifabschluss zugestimmt hätte, sondern vom Bundesverkehrsminister
zur Einigung gedrängt wurde. Nicht dass er Tiefensee den Erfolg
neidet, der sich als Retter von Millionen Pendlern feiern lässt und
die Skizze zur Tarifeinigung wie eine Trophäe in die Kameras hält.
Mehdorn ist angetreten, den maroden Bahnbetrieb zu sanieren, und hat
ihn trotz aller Kritik in sicheres Fahrwasser geführt. Doch gerade
die Politik, die ihm die Bahnprivatisierung zur Aufgabe gemacht hat,
verweigert ihm zunehmend die Unterstützung. Tiefensees Vorgehen ist
für den Bahnchef eine weitere Niederlage auf dem steinigen Weg an die
Börse. Nicht unbedingt, weil die höheren Personalkosten Investoren
von der geplanten Privatisierung fern halten. Sondern weil Mehdorn
beschädigt ist. Angehalten war er immer, die Bahn wie eine
Aktiengesellschaft zu führen. Doch der Minister hat ihm mit seiner
Einmischung in die laufende Tarifauseinandersetzung vor Augen
geführt, dass das Unternehmen noch zu 100 Prozent im Besitz des
Staates ist.
Das große Ziel des aufbrausenden kleinen Mannes, aus der Bahn einen
weltweit dominierenden Logistikkonzern zu schmieden, rückt in die
Ferne. Das entschuldigt nicht Mehdorns Verhalten, es erklärt es
bestenfalls. Vermutlich ist ihm sein Scheitern bewusst. Warum sollte
jemand sonst so handeln?

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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