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LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zu Kinder/Gipfel -

Geschrieben am 19-12-2007

Leipzig (ots) - Von Simone Liss. Geboren, gequält, gestorben.
Plakativ wirbt das Kommissariat für Delikte an Schutzbefohlenen in
Berlin seit drei Jahren für mehr Zivilcourage. In der
Bundeshauptstadt werden deutschlandweit die meisten Fälle von
Kindesmisshandlung bekannt. 472 sind es im Jahr 2005, im vergangenen
Jahr 563. Während Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der
Länder im Bundeskanzleramt über die Verankerung von Kinderrechten im
Grundgesetz debattieren, leiden drei Stadtteile weiter, in Neukölln,
Hellersdorf und Marzahn, die Jüngsten der Gesellschaft. Jedes dritte
Kind lebt hier an der Armutsgrenze, trägt im Winter die Sommerjacke
und stellt sich in der Suppenküche an. Auf was diese Kinder ein Recht
haben? Einmal Reden am Tag? Jede Woche einen sauberen Pullover?
Einmal Liebhaben im Monat?
Eltern haben ein Sorgerecht. Damit verbunden ist die Pflicht, dieses
Recht zum Wohl des Kindes auszuüben. Darüber wacht, so steht es in
Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes, Vater Staat. Wo Eltern
versagen, wo Kinder zu vernachlässigen drohen, hat dieser Staat das
Recht, Kinder von ihren Eltern zu trennen. Die Kevins, Lea-Sophies,
Jessicas, Mehmets dieser Republik - sie starben nicht an einer
unzureichenden Gesetzeslage, sondern daran, dass Jugend- und
Gesundheitsämter, Familiengerichte und Sozialarbeiter das Recht
dieser Kinder auf staatlichen Schutz und Fürsorge nicht verwirklichen
konnten. Vater Staat war nicht zu Hause, als sie verkümmerten,
verwahrlosten, verhungerten. Das Recht auf Leben, auf Unversehrtheit,
auf eine gewaltfreie Erziehung: Niemand klagte es für diese Kinder
ein. Die Schuld allein auf die Jugendämter zu schieben, ist zu
einfach. Sie leiden auch - unter gekürzten Etats, unbesetzten
Stellen, eingesparten Fortbildungen, überfordertem Personal. Neben
den Kindern verwahrlost die öffentliche Verantwortung. Das ist das
Fadenscheinige an der politischen Debatte: Kinderschutz will jeder,
kosten darf er aber nichts.
Was nutzt eine Magna Charta für Kinder, wenn keiner an der Tür
klingelt und fragt, warum die Kleine wieder so laut schreit; wenn
keiner Hilfe anbietet, wo sie nicht verlangt wird; wenn keiner
hinsieht, wo viele nicht hinsehen wollen: ins Private. Ein Grundrecht
für Kinder auf Gesundheit, Entwicklung und Entfaltung, wie es die SPD
propagiert, ist kein Ersatz für Mitgefühl, Nächstenliebe und
Fürsorge. In der Thüringer Verfassung aus dem Jahr 1993 sind
Kinderrechte bereits verankert. Im Artikel 19 heißt es: "Kinder und
Jugendliche sind vor körperlicher und seelischer Vernachlässigung,
Misshandlung, Missbrauch und Gewalt zu schützen." Seitdem gab es zehn
Fälle von Kindstötungen im Freistaat. Zudem registriert die Ambulanz
für Kinderschutz am Universitätsklinikum Jena eine konstante Zahl von
Misshandlungs-Fällen. Wo staatliches Handeln individuelle Not nicht
erfasst, kann es keine Hilfe geben.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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