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Streubombenkonferenz in Wien zu Ende: Deutsche Regierung macht aus einem humanitären Problem ein technisches

Geschrieben am 07-12-2007

München (ots) - Es war die Konferenz der Opfer und ihrer
Unterstützer aus der Zivilgesellschaft. Während die
Regierungsvertreter aus 138 Staaten über einen zukünftigen Vertrag
über ein Verbot von Streumunition berieten, waren die Organisationen
der Internationalen Kampagne gegen Streumunition (CMC) ständig
präsent, um die Diskussion zu beobachten und durch Beiträge aus der
Realität zu bereichern. Handicap International hatte eine Gruppe von
Menschen versammelt, die Unfälle mit Streumunition schwer verletzt
überlebt haben. Diese Opfer machten durch ihr persönliches Beispiel
immer wieder deutlich, worum es in Wien gehen sollte: um die
möglichst rasche Lösung eines massiven humanitären Problems.
Streumunition bedroht durch ihre zahlreichen Blindgänger in
mindestens 29 Ländern der Welt die Zivilbevölkerung noch Jahrzehnte
nach einem Krieg. Viele Staatenvertreter zeigten sich beeindruckt und
plädierten deshalb entschieden für ein ausnahmsloses Verbot von
Streumunition.

Nicht so die deutsche Delegation. Wie schon in den vorangegangenen
Konferenzen des so genannten Oslo-Prozesses, der bis Ende 2008 einen
Vertrag zum Verbot von Streumunition erreichen soll, schlugen sie
einen schrittweisen Ausstieg aus dieser grausamen Waffengattung vor.
Noch über mehrere Jahre soll nach Ansicht der deutschen Regierung
unter anderem jene Munition erlaubt bleiben, die über so genannte
Selbstzerstörungsmechanismen verfügt und deshalb laut
Produzentenangaben besonders niedrige Blindgängerquoten hat. Dazu
gehört z.B. die DM 1385, die in den Beständen der Bundeswehr zu
finden ist und der Munition M85 entspricht, die im vergangenen Jahr
massiv im Libanon eingesetzt worden war. Der Vorschlag der deutschen
Delegation wirkte besonders zynisch und realitätsfern, da kurz zuvor
eine Studie norwegischer Militärexperten am Beispiel der genannten
M85 vorgestellt worden war, die den Beweis lieferte, dass
Selbstzerstörungsmechanismen nicht funktionieren. Statt 1% laut
Produzentenangaben blieben im Libanon über 10% dieser Munition nicht
explodiert liegen und forderten Hunderte Opfer.

Die norwegische Regierung, eine der treibenden Kräfte im
Oslo-Prozess, kritisierte deshalb auch die deutsche Regierung
explizit, da sie ein humanitäres Problem zu einem technischen
reduziere. Sehr deutliche Worte fand auch Branislav Kapetanovic aus
Belgrad, der als Minenräumer vor sieben Jahren bei der Explosion
eines Blindgängers aus Streumunition beide Arme und Beine verloren
hatte: "Ich habe den Eindruck, dass es eine kleine Gruppe von Ländern
gibt, die immer noch darüber nachdenken, wie sie einige Arten von
Streumunition noch etwas länger behalten können und behaupten, dass
diese Waffen besser sind als andere und keine Zivilisten töten. Das
ist wirklich absurd. Es gibt keine Streumunition, die so konstruiert
ist, dass sie keine Zivilisten tötet, noch würde irgend ein Experte
garantieren, dass Streumunition je so funktionieren könnte. Wie viele
Tausend Zivilisten müssen erst noch getötet und verletzt werden, bis
die Unterstützer dieser so genannten intelligenten Munition
verstehen, wie gefährlich diese Waffen sind?"

Die Wiener Konferenz ging heute zu Ende mit dem Ergebnis, dass
eine große Zahl der 138 Teilnehmerstaaten eindrucksvoll deutlich
machte, dass sie ein baldiges und völliges Verbot anstreben. Die
gastgebende Nation Österreich unterstrich diesen Ansatz mit der
Verabschiedung eines nationalen Gesetzes, das keine Arten von
Streumunition mehr gestattet. "Wir sind beeindruckt von der
konsequenten Haltung unserer österreichischen Nachbarn und
gleichzeitig sehr enttäuscht von der deutschen Regierungsposition",
kommentierte François De Keersmaeker von Handicap International
Deutschland nach der Schlusszeremonie. "Wir fragen uns, warum unsere
Regierung immer noch an diesem Prozess beteiligt ist, wenn sie
offensichtlich noch nicht dazu bereit ist, ein wirkliches Verbot zu
akzeptieren. Noch besteht die Möglichkeit, auf der Grundlage der in
Wien vorgelegten Opfer- und Expertenberichte umzudenken und endlich
gemeinsam mit dem Großteil der Staaten ein völliges und rasches
Verbot von Streumunition zu beschließen."

Originaltext: Handicap International
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/16206
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_16206.rss2

Pressekontakt:
Dr. Eva Maria Fischer,
Kampagnenreferentin Handicap International,
Tel.: 0175-54 29 899


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