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WAZ: Böse Menschen kennen keine Lieder - Kommentar von Michael Stenger

Geschrieben am 03-05-2006

Essen (ots) - Man muss gar nicht Hermann Hesse bemühen, um zu
erfahren: „Nirgends können zwei Menschen leichter Freunde werden als
beim Musizieren.” Musik ist eine Weltsprache, die Grenzen überwindet,
die zusammenführt, die sogar eine heilende Wirkung hat und, nicht
zuletzt, unseren Kindern dabei helfen kann, ihre soziale Kompetenz zu
stärken. Simon Rattles Berliner Projekt „Rhythm is it!” oder die
beispielhaften Anstrengungen, die ein Land wie Venezuela in der
musischen Bildung unternimmt, zeigen, was alles möglich ist und
vielleicht sogar immer nötiger wird.

Es geht ja nicht darum, eine kulturelle Elite von morgen
auszubilden, wiewohl die Kunst in all ihren Facetten unverzichtbar
ist für den Bildungsanspruch des Menschen. Kunst ist in unserem Leben
nicht nur eine schmückende Orchidee: schön, aber nutzlos. Sie ist
wesentlich. Das weiß auch Jürgen Rüttgers, der sich jetzt stark macht
für die frühe musische Bildung unserer Kinder und mit Blick auf die
Kulturhauptstadt 2010 das Ruhrgebiet zur Modellregion machen möchte.
Es geht darum, die Kraft der Künste zu nutzen. Malerei hat nicht von
ungefähr therapeutische Wirkung. Der Tanz kann befreien. Das genau
zeigte ja „Rhythm is it!”. Geförderte Kreativität kann ungeahnte
Kräfte freisetzen.

Und Musik nennt man mit Fug und Recht die sozialste aller Künste.
Darauf hat der renommierte Frankfurter Musikpädagoge Hans-Günther
Bastian in seiner viel diskutierten Studie nachdrücklich hingewiesen.
Wer musiziert, so der Forscher, widersetze sich der Oberflächlichkeit
der Eventgesellschaft. Er verlasse das mediale Dorf der Generation @,
das den meisten jungen Menschen ja längst ein viel vertrauterer
Lebenskreis geworden ist als das so wesentliche Lesen. Mit dem
Verlust von Sinnlichkeit, so sagte Bastian, werde auch die
Sinn-Findung schwerer für junge Menschen.

Eine frühe musische Ausbildung schafft ganz andere Freiräume. Sie
fördert bekanntlich, wie Hirnforscher herausfanden, die Intelligenz.
Wer musiziert, ist weniger bereit zur Gewalt. Auch das ist bekannt,
wobei es auch hier nicht darum geht, wo man sich musikalisch
hinbewegt, wenn es nicht gerade um Pop geht, der Gewalt verherrlicht.

Und wir müssen uns die Frage stellen: Was wird aus unserer Kultur,
wenn die musische Erziehung versagt, wenn der Nachwuchs ganz einfach
ausbleibt? Wird es dann noch unsere Konzerthäuser geben? Oder sitzen
wir dann alle vor den Scheinwelten unserer Computer? Kultur ist und
bleibt ein Teil der Humanität. Wenn wir nicht ausbilden, nicht
Chancen zum gemeinschaftlichen Erleben schaffen, werden
Schreckensträume wahr. Und wenn Jürgen Rüttgers für jeden Schüler die
Chance zur musischen Bildung einfordert, ist das ein wichtiger
gesellschaftlicher Schritt. In der alten Weise heißt es: Böse
Menschen kennen keine Lieder. Und da sind wir durchaus der Sache
nahe.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Rückfragen bitte an:

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Telefon: (0201) 804-0
Email: zentralredaktion@waz.de


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