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Mindestlöhne zugleich Höchstlöhne zur Erhaltung des Postmonopols - Phantomtarifvertrag der Post AG -

Geschrieben am 06-11-2007

Krefeld (ots) - Am 05.11.2007 fand die öffentliche Anhörung zum
Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Aufnahme der Postdienste
in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz statt.

Die Sachverständigen, die Professoren Dr. G. Thüsing, Bonn und Dr.
U. Preis, Köln, diskutierten mit den zur Anhörung geladenen Verbänden
zum Teil kontrovers.

Der Tarifexperte des auf Seiten der Wettbewerber der Deutschen
Post AG stehenden Arbeitgeberverbandes Dienstleistungsunternehmen
ar.di e.V., Dr. F.-W. Lehmann, berichtet aus der Anhörung der
Sachverständigen und Verbände:

Im Hinblick darauf, dass ab 01.01.2008 das Monopol der Post
vollständig entfallen soll, hätten die Wettbewerber der Deutschen
Post, die zunächst nur die vom Monopol gelassenen Nischen ausgefüllt
haben, dem von der Post und anderen Lizenzunternehmen gegründeten
Arbeitgeberverband Postdienste e.V. und deren Tarifpartner ver.di
vorgehalten, sie hätten einen Phantomtarifvertrag abgeschlossen, der
nicht erforderlich gewesen wäre. Denn bei der Post bestehe bereits
ein Haustarifvertrag, der die Mindestlöhne regelt. Diese Mindestlöhne
würde bis zu 30% oberhalb der üblichen Mindestlöhne liegen. Daher
habe die Post ein vitales Interesse daran gehabt, die Löhne der
Wettbewerber durch einen Verbandstarifvertrag mit
Allgemeinverbindlichkeitserklärung heraufzusetzen (9,00 EURO Ost und
9,80 EURO West). Demgegenüber seien Mindestlöhne von 6,00 EURO je
Stunde im Osten und 7,50 EURO je Stunde im Westen ein vertretbarer
Durchschnitt. Hierzu habe sich auch die SPD auf ihrem Parteitag
bekannt.

Der vom Arbeitgeberverband Postdienste mit ver.di vereinbarte
Verbandstarifvertrag erfasse in Wirklichkeit nur 4.500 Beschäftigte
der Post, während alle übrigen Beschäftigten der Post vom
Firmentarifvertrag erfasst sind. Der Phantomtarifvertrag diene also
in erster Linie der Erhaltung des faktischen Monopols der Post.

Dies habe folgenden, in der Anhörung am 05.11.2007 von mehreren
Beteiligten offen ausgesprochenen Hintergrund:

Wenn dieser Phantomtarifvertrag durch die von der Post und dem
Bundesarbeitsminister angestrebte Allgemeinverbindlichkeitserklärung
allen Wettbewerbern der Post übergestülpt würde - unter den
Wettbewerbern befinden sich private Post- und Kurierdienste sowie
Speditionen und andere Dienstleister, die nicht im Schwerpunkt Briefe
befördern -, dann würden die Wettbewerber den im Phantomtarifvertrag
vereinbarten Mindestlohn für Postzusteller und Hilfskräfte von 9,00
EURO je Stunde im Osten und 9,80 EURO je Stunde im Westen nicht
zahlen können. Im Osten seien allenfalls 6,00 EURO üblich, im Westen
7,50 EURO.

Zu bedenken sei, dass nach diesem Phantomtarifvertrag die
Beförderung eines einzigen Briefes, der beispielsweise von einer
Hilfskraft eines Gewerbebetriebes für einen Kunden zur Post gebracht
wird, den Anspruch auf 9,00 EURO bzw. 9,80 EURO aus diesem
Tarifvertrag auslöst. Daher würden alle Arbeitgeber in Deutschland
darauf verzichten müssen, einer Hilfskraft einen Brief zur
Beförderung mitzugeben.

Die Wettbewerber der Post hätten in der Anhörung daher darauf
hingewiesen, dass durch diesen Husarenstreich der Post AG kein Schutz
von Arbeitnehmern durch Mindestlöhne entsteht, sondern dass in
Wirklichkeit über 50.000 Arbeitsplätze im Bereich der Brief- und
Zustelldienste sowie weitere Arbeitsplätze in den anderen Branchen
verloren gehen.

Darüber hinaus bestünden ohnehin bei Kurier- und Expressdiensten,
Speditionen sowie im Einzelhandel bereits Tarifverträge mit
Mindestlöhnen. Diese würden vom Phantomtarifvertrag durch generell
höhere Mindestlöhne verdrängt. Dies greife in die Tarifautonomie der
anderen Arbeitgeberverbände der einzelnen Branchen ein. Außerdem
bestehe aufgrund der geltenden Tarifverträge keine Rechtfertigung zur
Ausdehnung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Darüber würden auch
nicht Schlagworte wie "Lohndumping" hinweghelfen, zumal die im
Auftrag der Bundesnetzagentur durchgeführte Untersuchung (Wik-Studie
"Arbeitsbedingungen im Briefmarkt") keine Anhaltspunkte für
Lohndumping liefert.

Es fehle ohnehin an dem in den Koalitionsbeschlüssen festgelegten
Quorum von mindestens 50% der vom Geltungsbereich des Tarifvertrages
Postdienste erfassten tarifgebundenen Arbeitnehmer, die für die
Allgemeinverbindlichkeitserklärung überschritten werden müsse. Bei
der Deutschen Post AG seien ca. 119.000 Beschäftigte im Briefbereich
beschäftigt, bei den Wettbewerbern - neue Briefdienstleister
einschließlich der Zeitungszusteller und Kuriere - 270.000
Beschäftigte. Hiervon sei bereits mehr als die Hälfte tarifgebunden.

Auf Anregung des ehemaligen Präsidenten der Bundesagentur für
Arbeit und Staatsminister a.D., Florian Gerster, sowie des
Tarifexperten, Rechtsanwalt Dr. F.-W. Lehmann, haben sich am 15.
Oktober 2007 in Berlin die betroffenen Verbände zu einer
Aktionsgemeinschaft zusammengeschlossen, um die Öffentlichkeit auf
dieses Husarenstück der Post AG und den drohenden Verlust der
Arbeitsplätze aufmerksam zu machen.

Der Tarifexperte, Dr. Friedrich-Wilhelm Lehmann,
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Arbeitgeberverbandes
Dienstleistungsunternehmen ar.di empfiehlt, den Vorschlägen
hochrangiger Politiker zu folgen und eine Tarifgemeinschaft der
Verbände zu bilden. Diese Tarifgemeinschaft soll sich mit den
Gewerkschaften einschließlich der Tarifvertragsparteien der Deutschen
Post AG an einen Tisch setzen, um Lösungen für tarifliche- und nicht
gesetzliche - Mindestlöhne zu finden. Weil die Tarifparteien die
wirtschaftlichen und branchenspezifischen Gegebenheiten vor Ort genau
kennen, seien sie - so Dr. Lehmann - weit besser als der Gesetzgeber
in der Lage, bei der Festlegung der Arbeitsbedingungen flexible
Lösungen zu finden.

Der Phantomtarifvertrag müsse daher durch einen anderen
Tarifvertrag, der den Unterschieden in den Branchen und Regionen
Rechnung trägt, abgelöst werden. Das Monopol der Post dürfe nicht
durch diesen Tarifvertrag effektiv aufrecht erhalten bleiben, - so
Dr. Lehmann. Vom Wettbewerb in der Wirtschaft profitierten alle
Bürger.

Die Arbeitsgemeinschaft der Verbände, die unter der Leitung von
Gerster und in der Tarifpolitik von Lehmann beraten werden, haben die
Gewerkschaften schriftlich aufgefordert, gemeinsam an einem
Verhandlungstisch zusammenzukommen.

Originaltext: Rechtsanwälte Dr. Lehmann, Frommherz & Prof. Dr. Steckhan
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/61456
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_61456.rss2

Pressekontakt:
Arbeitgeberverband Dienstleistungsunternehmen ar.di e.V.
Uerdinger Strasse 593
47800 Krefeld
www.arbeitgeberverband.com

Helga Berrenrath
Tel.: 0172-9524573


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