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stern: Taliban-Geisel Blechschmidt beschuldigt afghanische Behörden

Geschrieben am 30-10-2007

Hamburg (ots) - Der fast drei Monate lang als Geisel der Taliban
festgehaltene Rudolf Blechschmidt erhebt schwere Vorwürfe gegen zwei
afghanische Behörden. In einem Interview mit dem bereits am Mittwoch
erscheinenden Hamburger Magazin stern sagte er, dass die afghanische
Polizei eine schwere Mitschuld an seiner Entführung treffe. Der
afghanische Geheimdienst sei zudem Schuld an der gescheiterten ersten
Freilassung und hätte offenbar bedenkenlos seinen möglichen Tod in
Kauf genommen. Auch das Verhalten des deutschen Krisenstabes habe er
widersprüchlich erlebt.

Nach Blechschmidts Angaben im stern, habe ihn genau jene
Polizei-Eskorte an die Taliban verraten, die er zum Schutz für eine
Fahrt zu einem Staudamm angefordert hatte. Ein mit einer Schrotflinte
bewaffneter Afghane habe sie am Stausee bereits erwartet und einen
Signalschuss abgegeben, woraufhin mehrere schwer bewaffnete Taliban
von zwei Seiten auf sie zugestürmt seien. "Die Polizisten standen am
Hang und haben auf die Taliban gewartet", so Blechschmidt. "Ich hab'
im Auto noch eine Beretta-Pistole gehabt, aber mir überlegt: Wenn die
Polizisten nicht schießen, ist das zu gefährlich, wenn ich mir mit
den Taliban ein Feuergefecht liefere."

Die Hintergründe der Entführung seien kaum politisch motiviert
gewesen, da die Kidnapper nach eigenen Angaben gar nicht genau
gewusst hätten, wen sie da verschleppen: "Die wussten, dass Ausländer
kommen, die den Damm reparieren wollen - und die haben im
Zweifelsfall Geld. Das war's."

Als Blechschmidt am 27. September freigelassen werden sollte, sei
es der afghanische Geheimdienst gewesen, der dies aus Geldgier
vereitelt habe: "Die waren scharf auf das Lösegeld und hatten
gedacht, sie könnten die Taliban übers Ohr hauen", sagte Blechschmidt
dem stern. "Sie wissen, wo und wann das Geld übergeben wird und
greifen sich die Vermittler. Aber sie waren zu dilettantisch, haben
sofort zugegriffen und sind beobachtet worden. Da musste die
Botschaft erstmal tagelang zusehen, das Lösegeld zurückzubekommen."

Da der Geheimdienst die beiden Vermittler sowie zwei ihrer
Verwandten festgenommen hatte, seien die weiteren Verhandlungen
massiv erschwert worden: "Der Geheimdienst wollte sein Gesicht wahren
und hat behauptet, die seien Top-Terroristen. Die dürfte man auf
keinen Fall laufen lassen. Dabei waren das einfache Taliban."

Der afghanische Präsident Karzai sei dadurch in eine heikle Lage
geraten, denn gegen die Freilassung von Taliban-Anführern hatte es in
vorherigen Entführungsfällen massive Proteste westlicher Regierungen
gegeben. Der afghanische Geheimdienst habe sich bis zum Schluss gegen
die Freilassung der von ihm festgenommenen Unterhändler und deren
Angehörigen gesträubt. Dass er, Blechschmidt, am Ende überhaupt
freigekommen sei, habe er nur dem massiven Druck der Bundesregierung
zu verdanken.

Das Verhalten des deutschen Krisenstabes und der deutschen
Botschaft schildert Blechschmidt differenziert: Einerseits hätten die
BKA-Beamten und der deutsche Botschafter in Kabul sich vehement für
seine Freilassung eingesetzt. Doch auch das Verhalten einzelner
deutscher Diplomaten habe seine Lage erschwert: Am 15. August habe er
in einem Telefonat mit dem stellvertretenden deutschen Botschafter
die Botschaft des lokalen Taliban-Kommandanten übermittelt, der rasch
und ohne Vermittler zu einer Einigung kommen wollte. "Aber der
Diplomat sagte nur: 'Ich telefoniere nicht mit den lokalen, nur mit
den Taliban ganz oben, die treffen die Entscheidungen!' Da war nichts
zu machen", so Blechschmidt zum stern. Eben jene direkten
Verhandlungen mit den Geiselnehmern seien dann später aufgenommen
worden und hätten auch zum Erfolg geführt, "nur eben erst Wochen
später".

Originaltext: Gruner+Jahr, stern
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6329
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6329.rss2

Pressekontakt:
Diese Vorabmeldung ist mit Quellenangabe zur Veröffentlichung frei.
Für Rückfragen: stern-Nachrichtenredaktion, Tel. 040/3703 3555


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