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Köhler: Umweltpreisträger machen Mut, dass die neue industrielle Revolution in der "Einen Welt" gelingt

Geschrieben am 28-10-2007

Aachen (ots) -

Bundespräsident äußerte anlässlich Verleihung des Deutschen
Umweltpreises Sorge um Klima und Artenvielfalt

Der Deutsche Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)
ist zum 15. Male vergeben. Den mit 500.000 Euro höchst dotierten
Umweltpreis Europas teilen sich der Direktor des Potsdam-Instituts
für Klimafolgenforschung (PIK), Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber
(57), der Gründer der Schwalmstädter Firma Konvekta, Carl H. Schmitt
(76), gemeinsam mit seinem langjährigen Entwicklungsleiter und
heutigen Direktor des Instituts für Thermodynamik der Technischen
Universität (TU) Braunschweig, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Köhler (53),
sowie die langjährige Oberbürgermeisterin Heidelbergs, Beate Weber
(63). Anlässlich der Preisverleihung betonte Bundespräsident Horst
Köhler die enorme Bedeutung des Klimaschutzes für die Menschheit:
"Beim Klimawandel zeigt sich besonders deutlich, dass die Nationen
der Welt eine Schicksalsgemeinschaft sind. Jetzt sehe ich die große
Chance, dass sie endlich auch zur Verantwortungs- und zur
Lerngemeinschaft werden."

Köhler, der den Preis wie in den Vorjahren persönlich überreichen
wollte, aufgrund technischer Probleme der Flugbereitschaft aber
kurzfristig nicht nach Aachen kommen konnte, sagte in einer aus
Anlass der Preisverleihung verbreiteten Stellungnahme, es gehe darum
zu verhindern, dass der Klimawandel Millionen von Menschen
Nahrungsgrundlage und Heimat nehme, und zu sichern, dass die
natürlichen Lebensgrundlagen "unserer Einen Welt" geschützt würden.
Die gründliche wissenschaftliche Analyse des Weltklimarates habe
eindringlich vor Augen geführt, dass gehandelt werden müsse. Köhler:
"Und zwar jetzt. Denn je länger wir warten, desto enger wird unser
Handlungsspielraum und desto teurer werden uns die Folgen des
Klimawandels zu stehen kommen."

Das Staatsoberhaupt forderte in seiner Stellungnahme von der im
Dezember anstehenden Klimakonferenz auf Bali einen erfolgreichen
Abschluss eines Nachfolgeprotokolls für Kyoto. Das Kyoto-Protokoll
ist eine Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, die 1997
erstmals verbindliche Ziele für den Ausstoß von Treibhausgasen
festschrieb und 2012 ausläuft. Dabei sei klar, dass im Kampf gegen
den globalen Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) den Industriestaaten die
größte Umstellung ins Haus stehe. Denn da sie Hauptverursacher des
menschengemachten Klimawandels seien, müssten sie auch den größten
Beitrag zu seiner Bekämpfung leisten. Ebenso wichtig sei es aber,
dass es gelinge, in den aufstrebenden Schwellenländern das
Wirtschaftswachstum von den Klima- und Umweltentlastungen zu
entkoppeln. Das sei vor allem eine technologische Herausforderung.
Köhler: "Wir in den reichen Ländern stehen nicht nur in der Pflicht,
sondern haben auch ein Eigeninteresse daran, die ärmeren Länder zu
unterstützen, damit sie unsere Fehler nicht wiederholen."

Die Bedrohungen durch den Klimawandel machten wie fast kein
anderes Thema deutlich, dass es im 21. Jahrhundert "keine vernünftige
Alternative zu einer kooperativen Weltpolitik gibt." Als
"zielführend" bezeichnete Köhler den Vorschlag von Bundeskanzlerin
Angela Merkel, die Pro-Kopf-Werte der Industrie- und Schwellenländer
für den Ausstoß von Kohlendioxid langfristig anzugleichen. Köhler:
"Jeder Mensch auf dieser Erde hat grundsätzlich das Recht auf
dasselbe - begrenzte - Maß an CO2-Emissionen. Jeder Mensch muss die
Chance auf Entwicklung haben und auch die Möglichkeit, ein Leben frei
von Not und Armut zu führen." Die Klimadebatte jedenfalls habe die
Erkenntnis zum Allgemeingut gemacht, dass wir in einer Welt lebten,
dass unser tägliches Handeln Auswirkungen auf das Leben der Menschen
in ganz anderen Regionen der Welt habe und dass es Probleme gebe, die
die Weltgemeinschaft nur gemeinsam lösen könne.

Auch den "vom Menschen verursachten" Rückgang der Artenvielfalt
bezeichnete der Bundespräsident als besorgniserregend. Seit 1970 sei
die Anzahl der Arten weltweit um etwa 40 Prozent zurückgegangen,
ganze Ökosysteme seien in Gefahr. Zwei Fünftel des tropischen
Regenwalds etwa seien vernichtet. Jedes Jahr schrumpfe er um eine
Fläche von der Größe Süddeutschlands. Köhler: "Wir sägen an dem Ast,
auf dem wir sitzen." Um den Verlust der Biodiversität erheblich zu
verringern, seien deutlich mehr Anstrengungen nötig. Köhler: "Wir
müssen alle - im Norden wie im Süden, im Westen wie im Osten -
begreifen, dass die wunderbare Vielfalt der Natur ein gemeinsames
Erbe ist, das wir auch nur gemeinsam bewahren können."

Die Aufgaben zum Schutz des Klimas und der Artenvielvalt seien
riesig, aber nicht unlösbar. Köhler: "Mit modernen, kohlenstoffarmen
Technologien, mit einer nachhaltigeren Gestaltung unseres Lebensstils
im Sinne von 'gut leben' statt 'viel haben' und einem fairen
Miteinander der reichen und armen Staaten dieser Welt können wir
dafür sorgen, dass die Erde auch für unsere Kinder und Enkel wohnlich
bleibt." Die Frage sei, ob es schon ein mutiges und stimmiges Konzept
gebe, die "neue industrielle Revolution" voranzutreiben. Die Träger
des Deutschen Umweltpreises gäben mit ganz konkreten Beispielen Mut,
auf diese Frage zukunftsfähige Antworten zu finden.

Prof. Dr. Martin Faulstich, Mitglied des Sachverständigenrates für
Umweltfragen, betonte in seiner im Festakt per Film eingespielten
Laudatio auf Schellnhuber, er habe mit hoher Kompetenz und
persönlichem Engagement die internationale Klimaschutz-Diskussion
geprägt. Es bestehe kein Zweifel mehr am Treibhauseffekt und dass
dieser die Erde stärker bedrohe als bisher angenommen. Daher sei mehr
denn je entschiedenes und gemeinsames Handeln von Politik und
Wissenschaft notwendig. Einer, der diese Kooperation in
herausragender Weise verkörpere, sei der Chef des PIK. Zu den
Preisträgern Köhler/Schmitt führte Faulstich aus, ihrer Pioniertat
sei es zu verdanken, dass es heute eine umweltverträgliche
Alternative zu stärker klimaschädigenden Kältemitteln in
Fahrzeug-Klimaanlagen gebe. Sie erhielten den Deutschen Umweltpreis
für ihre langjährige beharrliche Innovationsarbeit in der Kälte- und
Klimatechnik. Sie hätten gezeigt, dass eine intensive Zusammenarbeit
zwischen Mittelstand und Forschung letztlich zum Erfolg führe.

Schellnhuber kritisierte, dass die Mahner vor den Folgen einer
Klimaveränderung bisher immer auf taube Ohren gestoßen seien, erst
das Jahr 2007 einen Wandel herbeigeführt habe. Die Situation sei
tatsächlich dramatisch und alles andere als ein Luxusproblem.
Notwendig sei es in der Zukunft angesichts endlicher Energien wir
Gas, Öl und Kohle, Energiesystem neu zu erfinden und vor allem auf
erneuerbare Energien zu setzen. Und da eine Klimaveränderung von zwei
Grad in jedem Fall kommen werde, müssten etwa Städte neu geplant,
müssten um sie herum lanschaftlich "Speckgürtel" angelegt werden, um
eine energetische Versorgung der Bewohner etwa mit Bioenergie sicher
zu stellen. Einer "Ökodiktatur" erteilte Schellnhuber eine klare
Absage. Vielmehr müssten die Zivilgesellschaften noch viel stärker
mobilisiert werden, um die Politik zur Lösung der Probleme "vor sich
her zu treiben".

Schmitt und Köhler betonten, dass der Einsatz von natürlichem CO2
als Kältemittel in Fahrzeugklimaanlagen als Ersatz für die 1.400-fach
klimaschädlicheren chemischen Mittel in der Produktion natürlich
zunächst zusätzliche Kosten produziere - doch das sei bei jeder neuen
Technologie so. Und natürlich sei es das Interesse der chemischen
Industrie gewesen, in diesem Milliarden-Markt weiter mitspielen zu
können. Umso mehr lobten sie den Mut der deutschen
Automobilindustrie, auf diese Technik umzustellen, Ob das auch für
den Markt in den USA gelinge, müsse abgewartet werden, denn in den
USA sei das Thema Klimaschutz ja überhaupt erst seit einem Jahr ein
Thema. Hier hofften sie auf die Fürsprache des
Friedensnobelpreisträgers Al Gore, der versprochen habe, sich mit der
Frage einer klimaschonenderen Fahrzeug-Klimatisierung auseinander zu
setzen.

Zur Preisträgerin Weber sagte Prof. Dr. Klaus Töpfer, ehemaliger
Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), ebenfalls
in einer Videobotschaft, nachhaltige Entwicklung der Welt könne nur
erreicht werden, wenn sie auf kommunaler Ebene umgesetzt werde. Eine
der Ersten, die das gemacht habe, sei Beate Weber in Heidelberg
gewesen. Sie erhalte den Deutschen Umweltpreis für ihre
Pioniertätigkeit im kommunalen Umweltschutz, für die Tatsache, dass
sie ihre Arbeit auf kommunaler Ebene über die Grenzen Deutschland
hinaus vertreten und glaubwürdig umgesetzt habe. Töpfer: "Sie erhält
ihn als Signal für viele in der Kommunalpolitik, vor Ort das zu tun,
was wir brauchen, um diesen Planeten auf Dauer lebensfähig zu
erhalten."

Beate Weber sagte, es habe ihr viel Freude gemacht, sich mit
diesem interessanten Thema politisch zu befassen. Mit "wunderbaren
Beschäftigten" in der Heidelberger Stadtverwaltung sei es ihr
gelungen, Strukturen aufzubrechen und vom globalen Denken zum lokalen
Handeln zu kommen. Es reiche nämlich nicht aus, auf Gesetze von oben
zu warten, sondern in der Kommune von unten auch selbst zu reagieren.
Nicht durch Verordnungen, sondern durch gemeinsames Handeln habe es
Heidelberg auch geschafft, die Unternehmen der Stadt in die Umwelt-
und Klimaschutz-Aktivitäten einzubeziehen und als verlässliche
Partner für die Zukunft zu gewinnen. Weber mit Blick auf den
Klimaschutz: "Es ist notwendig zu handeln, man kann es aber auch."

Fotos nach IPTC-Standard zur kostenfreien Veröffentlichung unter
www.dbu.de

Originaltext: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6908
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Pressekontakt:
Ansprechpartner
Franz-Georg Elpers
- Pressesprecher -
Katja Cherouny
Taalke Nieberding
Anneliese Grabara

Kontakt DBU:
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Telefon: 0541|9633521
Telefax: 0541|9633198
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