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Frustrierte Landwirte, gestresste Natur / WWF zum Auftakt der IGW: Deutsche Agrarpolitik schafft immer mehr Verlierer unter Landwirten und in der Natur

Geschrieben am 16-01-2020

Berlin (ots) - Berlin, 16.01.2020: Angesichts des anhaltenden Höfesterbens in
Deutschland und der fortschreitenden Artenkrise auf Feld und Flur fordert der
WWF Deutschland von der Bundesregierung finanzielle Unterstützung und
Planungssicherheit für Landwirte beim Klima- und Umweltschutz auf dem Acker und
im Stall. Sonst blieben "Landwirte und Natur gleichermaßen dauerhaft auf der
Strecke", so der WWF zum Start der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin.
"Die nationale und europäische Landwirtschaftspolitik nach der Maxime Wachse
oder Weiche schafft immer mehr Verlierer unter Landwirten und in der Natur ",
urteilt Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz des WWF Deutschland. "Dass
Landwirte sich frustriert vom Staat abwenden, ist auch Folge einer
jahrzehntelangen Agrarpolitik, die kleine, oft familiengeführte Betriebe und die
Natur abgehängt hat. Hinzu kommt ein ruinöser Preisdruck durch die
Lebensmittelindustrie."

In den letzten 30 Jahren hat etwa die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe
in Deutschland aufgegeben - bei etwa 70 Prozent ist die Hofnachfolge ungeklärt.
Die bisherige deutsche und europäische Landwirtschaftspolitik hat diesen Trend
nicht gestoppt, so der WWF. Der Großteil der EU-Subventionen richtet sich nach
der Flächengröße. Je mehr Fläche ein Betrieb bewirtschaftet, desto mehr Geld aus
Brüssel - mit dem kuriosen Ergebnis, dass die 20 Prozent der größten
Landwirtschaftsbetriebe in der EU 80 Prozent der Fördermittel erhalten. Der WWF
kritisiert, dass die Bundesregierung bisher nur sechs Prozent von den
bestehenden flächengebundenen EU-Subventionen in die Förderung von Artenvielfalt
auf dem Acker umleiten will. Bis zu 15 Prozent wären möglich. "Von diesem Geld
gehört mehr in die Hände von Landwirtinnen und Landwirten, die betrieblich
nachweislich gegen die Nitrat- und Klimakrise aktiv werden und biologische
Vielfalt auf ihren Betrieben fördern", unterstreicht Heinrich vom WWF.

EU-weit ist seit 1980 jeder zweite in der Agrarlandschaft beheimatete Vogel
verschwunden, das sind 300 Millionen Tiere. In Deutschland sank die Masse von
Fluginsekten wie Hummel, Biene oder Falter in den letzten 30 Jahren um
durchschnittlich 76 Prozent. 30 Prozent aller Ackerwildkräuter stehen auf der
Roten Liste des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). "Überdüngte und
flächendeckend mit Pestiziden behandelte Anbauflächen verdrängen artenreiche
Wiesen und Weiden sowie Äcker mit vielfältigen Fruchtfolgen. Mit ihnen
verschwinden Wiesenvögel, Schmetterlinge und Ackerwildkräuter", warnt Christoph
Heinrich.

Angesichts der doppelten Krise für Landwirte und Natur erwartet der WWF von der
Bundesregierung in 2020 eine konsequente Abkehr vom "Klein-Klein des geringsten
Widerstandes" in der Agrarpolitik. Mit der Überarbeitung der Düngeverordnung
kann die Bundesregierung innenpolitisch und gegen Brüssel entsprechende Zeichen
setzen, so der WWF. Derzeit auf dem Tisch liegende Vorschläge zu Änderungen der
Umsetzung der EG-Nitratrichtlinie reichten nicht aus, um Deutschland bei
Trinkwasser- und Gewässerschutz dauerhaft aus dem roten Bereich zu holen.

Dazu benötige es ein System, das betriebliche Stoffkreisläufe ohne Schlupflöcher
geschlossen bestimmt und entsprechend nur jene finanziell belastet, die
tatsächlich Stickstoffüberschüsse produzierten. Wer die Nährstoffeinträge senkt
oder niedrig hält, kann im Gegenzug finanziell entlastet werden. Außerdem gilt
es, die Haltung von Milch- und Schlachtvieh wieder an die regional zur Verfügung
stehende Fläche zu binden. Schrumpfen müssten entsprechend vor allem die
Nutztierbestände in den viehstarken Regionen, so der WWF. Die Bundesrepublik ist
einer von acht EU-Mitgliedstaaten, bei denen die Probleme mit Nährstoff- und
Pestizideinträgen aus der Landwirtschaft in die Gewässer am größten sind.

Beim aktuellen Streit um das Aktionsprogramm Insektenschutz hofft der WWF auf
"Rückgrat der Bundesregierung" beim Verbot von Totalherbiziden in
Schutzgebieten. "Statt ökologisch dringend gebotene Regelungen wieder zu
verwässern, sollten die betroffenen Landwirte beim Einstieg in einen
umweltverträglicheren Ackerbau eingebunden sowie finanziell und fachlich
bestmöglich unterstützt werden", so Christoph Heinrich vom WWF.

Pressekontakt:

WWF World Wide Fund For Nature
Wiebke Elbe
Telefon: +49 (0)30 311 777 219
E-Mail: Wiebke.Elbe@wwf.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/6638/4493453
OTS: WWF World Wide Fund For Nature

Original-Content von: WWF World Wide Fund For Nature, übermittelt durch news aktuell


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