(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Erlaubt, aber fragwürdig / Leitartikel von Wolfgang Mulke zur Deutschen Umwelthilfe

Geschrieben am 04-07-2019

Berlin (ots) - Kurzform: Es mag gute Gründe für die Einführung
einer Selbstkontrolle der Wettbewerber gegeben haben. Doch wo sich
der Staat zurückzieht, werden Lücken im Recht ausgenutzt. In diesem
Fall sind es einmal "die Guten" in ihrem Einsatz für Umwelt und
Verbraucher. Das ändert nichts daran, dass das genutzte Instrument
der Abmahnungen ein sehr fragwürdiges bleibt. Es wäre besser, in
diesem Zusammenhang über eine Reform des Wettbewerbsrechts zu
diskutieren statt über den Entzug der Klagebefugnis für die
Umwelthilfe.

Der vollständige Leitartikel: Wetten gegen die Deutsche
Umwelthilfe (DUH) sind bei Gerichtsverfahren des Vereins
aussichtslos. Ob im Kampf gegen die schlechte Luft in den Städten
oder wie jetzt gegen den Versuch, eine ihrer wichtigsten
Finanzierungsquellen auszutrocknen: Die Umwelthilfe geht so gut wie
immer als Sieger aus dem Gerichtssaal. Das hat vor allem zwei Gründe.
Erstens verfügt die DUH über einen ausgezeichneten Rechtsbeistand in
Person des Anwalts Remo Klinger. Zweitens, und das ist der wichtigere
Grund, handelt sie innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens. Das
hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe am Donnerstag wieder einmal
bestätigt. Hier ging es um die Abmahnungen, die der Verein bei
Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht gebührenpflichtig aussprechen
darf. Alles geht korrekt zu. Und trotzdem haftet der Abmahnpraxis der
Umwelthilfe ein fader Beigeschmack an. Es passt nicht recht in das
Rechtsverständnis eines normalen Bürgers, dass Händler für kleinere
Nachlässigkeiten kräftig zur Kasse gebeten werden. Moralisch
zweifelhaft erscheint auch das Vorgehen, mit einer Art Fahnder durch
die Autohäuser der Republik zu ziehen, um derlei Schwachstellen zu
entdecken. Rechtens ist es trotzdem. Es zeigt sich nicht zum ersten
Mal als ein Schwachpunkt des Wettbewerbsrechts. Das war zum Beispiel
auch bei der Einführung der Datenschutzgrundverordnung der Fall. Die
Angst vor windigen Anwaltskanzleien auf bundesweitem Abmahnkurs war
seinerzeit groß. Auch die weniger gut beleumdeten Makler wurden vor
Jahren schon zu Opfern von heute nicht mehr existenten
Abmahnvereinen. Über die Ursache der Auswüchse, zu denen auch die
Praxis der Deutschen Umwelthilfe gehört, wird weniger geredet. Der
Staat überlässt die Kontrolle seiner gesetzlichen Vorgaben der
Privatwirtschaft und ihren Verbänden. Sie überwachen sich sozusagen
gegenseitig hinsichtlich der Einhaltung geltender Regeln. Es mag gute
Gründe für die Einführung einer Selbstkontrolle der Wettbewerber
gegeben haben. Doch wo sich der Staat zurückzieht, werden Lücken im
Recht ausgenutzt. In diesem Fall sind es einmal "die Guten" in ihrem
Einsatz für Umwelt und Verbraucher. Das ändert nichts daran, dass das
genutzte Instrument der Abmahnungen ein sehr fragwürdiges bleibt. Es
wäre jedoch besser, in diesem Zusammenhang über eine Reform des
Wettbewerbsrechts zu diskutieren statt über den Entzug der
Klagebefugnis für die Umwelthilfe. Diesen Schluss sollten sich auch
jene merken, die dem Verein einen Feldzug gegen den wirtschaftlich so
erfolgreichen Dieselmotor unterstellen. Auch hier wurden Ursache und
Wirkung immer wieder durcheinandergebracht. Es waren Politiker, die
die Definition illegaler Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerung
bewusst so schwammig formulierten, dass die Automobilindustrie dies
als Freibrief für Mogeleien ansehen konnte. Dass die Deutsche
Umwelthilfe die Tricks aufdeckte, lässt sich ihr kaum vorwerfen. Es
sind auch Politiker, die trotz der bekannten Missstände scharfe
Kontrollen durch das zuständige Kraftfahrt-Bundesamt unterbinden und
geschädigte Verbraucher im Regen stehen lassen. Erst die Gerichte
haben die Politik auf Trab gebracht. Unter dem Strich ist das jüngste
Urteil wie auch schon vergangene Gerichtsentscheidungen vor allem ein
Beleg für einen funktionierenden Rechtsstaat. Das ist unabhängig vom
inhaltlichen Standpunkt des jeweiligen Betrachters ein Gewinn für
alle.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

693411

weitere Artikel:
  • Stuttgarter Nachrichten: zu SPD/von der Leyen Stuttgart (ots) - Sie hat sich verrannt. Wieder einmal. Ohne Not und Verstand. Wenn die SPD glaubt, jetzt in einer Art und Weise Stimmung gegen Ursula von der Leyen machen zu müssen, zeugt das in manchen Winkelzügen von einer geradezu mitleiderregenden Naivität. Schlimmer noch: von dem perfiden wie untauglichen Versuch, kritikwürdige europäische Entscheidungsabläufe einer Person anzulasten, die als Verteidigungsministerin umstritten sein mag, aber trotzdem als EU-Kommissionspräsidentin alles andere wäre als eine schlechte Besetzung. mehr...

  • BERLINER MORGENPOST: Der Himmel über Berlin / Kommentar von Jens Anker zu Hochäuser Berlin (ots) - Kurzform: Das Leitbild lässt den grundsätzlichen Gedanken erkennen, dass sich Berlin dem Hochhaustrend nicht verschließen will. Aber gleichzeitig großen Wert darauf legt, dass sich die Neubauten ins Stadtbild einfügen und zum Stadtleben beitragen. Doch es muss befürchtet werden, dass das Leitbild - wie alle Überlegungen zuvor - im politischen Streit der Hochhausbefürworter und -gegner zerredet wird. Der vollständige Kommentar: Mehr als 20 Hochhausprojekte liegen derzeit bei den Bezirken und hoffen auf ihre Genehmigung. mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Adelheid Wölfl: Die Griechen rechnen ab/Premier Tsipras droht bei der vorgezogenen Abstimmung ein Debakel. Regensburg (ots) - Die vorgezogenen Neuwahlen in Griechenland am Sonntag werden wohl zu einer Art Strafaktion gegen die regierende Syriza unter Premier Alexis Tsipras. Denn die Mittelschicht, die unter den Steuern und den hohen Sozialversicherungsabgaben leidet, ist von der Politik der Linken enttäuscht. Deshalb führt die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia mit etwa zehn Prozentpunkten in allen Umfragen. Die Frustration ist verständlich. Tsipras war 2015 damit angetreten, den großen "Schmerz" der Sparpolitik für Griechenland mehr...

  • Westfalen-Blatt: ein Kommentar zum Fall Lügde Bielefeld (ots) - Gute Arbeit! Die EK »Eichwald« hat nichts anbrennen lassen, nachdem der Verdacht gegen den Steinheimer aufkam, und noch am selben Tag bei ihm durchsucht. Dass die belastende Aussage erst jetzt, nach Monaten, zu Protokoll genommen wurde, ist nicht der Polizei anzukreiden: Sie musste warten, bis das mutmaßliche Opfer psychisch so gefestigt war, dass man es befragen konnte. Drei Verdächtige auf einem Campingplatz - das klingt schon fast nach einem Pädophilenring. Doch darf man nicht übersehen, dass zwischen den Vorwürfen mehr...

  • ARD-DeutschlandTrend: Deutliche Mehrheit steht hinter Seenotrettung Köln (ots) - Sperrfrist: 04.07.2019 22:45 Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist. +++ Achtung Sperrfrist (Print, Radio und Online): 22.45 Uhr +++ Nachrichtenagenturen: Keine Sendesperrfrist, bitte mit Sperrfristvermerk veröffentlichen Ausgewählte Zahlen werden ab 18 Uhr bei Tagesschau.de veröffentlicht und dürfen dann bereits verwendet werden. In den letzten Tagen wurde aufgrund der Ereignisse rund um die Sea Watch in Italien erneut über die Rettung mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht