(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Inhaltsleeres Spektakel Donald Trumps Theater um die Strafzölle gegen Mexiko illustriert, wie die Glaubwürdigkeit der USA auf der Strecke bleibt. Von Thomas Spang

Geschrieben am 10-06-2019

Regensburg (ots) - Neun Tage lang hielt der amerikanische
Präsident die Wirtschaftsführer auf beiden Seiten der Grenze in Atem.
Dann blies er die Strafzölle auf Waren aus dem Nachbarland genauso
plötzlich ab, wie er sie vorher angedroht hatte. Anschließend
beschwerte sich der Drama-König im Weißen Haus, er bekomme viel zu
wenig Anerkennung für seine Verhandlungskünste. Hätte Barack Obama so
etwas erreicht, wäre ein Nationalfeiertag ausgerufen worden. Das
Problem freilich besteht darin, dass Donald Trump nicht viel
vorzuweisen hat. In dem entscheidenden Punkt blieben die Mexikaner
hart, weil sie tatsächlich kein sicherer Drittstaat für die
Flüchtlinge aus Zentralamerika sind. Die meisten anderen
Zugeständnisse hatte die Regierung Andrés Manuel López Obrador
bereits vor der ersten Drohung mit Strafzöllen gemacht. Vor seinen
Anhängern kann sich Trump als Held einer Krise hochleben lassen, die
er selber erzeugt hat. Wer dem Kult des Populisten nicht angehört,
hat dessen politische Taschenspieler-Tricks längst durchschaut. Statt
Probleme zu lösen und handfeste Ergebnisse vorzuweisen, verkauft
dieser Präsident Mogelpackungen. So auch in diesem Fall. Trotz der
Zugeständnisse der mexikanischen Regierung kletterte die Zahl der
Flüchtlinge aus Guatemala, El Salvador und Honduras im vergangenen
Monat auf einen neuen Rekord. Mehr als 144 000 Menschen suchten an
der Grenze Schutz vor Gewalt und extremer Armut in ihren
Heimatländern. Die Vereinigten Staaten bewegen sich in der
Flüchtlingskrise mittlerweile mit großen Schritten der
Eine-Million-Marke bei den Neuankömmlingen zu. Ironischerweise
passiert das in die Zuständigkeit Trumps, der mit Mauer und
Mexikaner-Hetze Wahlkampf gemacht hatte. Derselbe Präsident, der sich
das Maul über das angebliche Versagen Angela Merkels in der syrischen
Flüchtlingskrise zerriss, bekommt den Zustrom ins eigene Land nicht
unter Kontrolle. Daran änderten weder die unmenschliche Schikanen
etwas, wie das Trennen von Familien an der Grenze, die Internierung
von Jugendlichen in von Stacheldraht umzäunten Wüstenlagern oder das
Einpferchen von Asylbewerbern auf nacktem Schotter unter Brücken.
Noch helfen die unsinnigen Drohungen mit der Schließung der Grenze
oder Strafzöllen gegen das Nachbarland weiter. In letzterem Fall
hätte die eigene Wirtschaft darunter mindestens ebenso gelitten wie
die Mexikos. Die Zeche bezahlt hätten die Verbraucher mit höheren
Preisen für Autos, Fernseher, Haushaltsgeräte, Gemüse und Früchte.
Umgekehrt drohten den US-Farmern massive Einbußen durch Vergeltung
der Mexikaner. Donald Trumps Hilf- und Ratlosigkeit in der
Flüchtlingskrise ist mittlerweile mehr als offenkundig. Statt die
Fluchtursachen zu bekämpfen, verschärft er sie, indem er Hilfsgelder
für nicht-staatliche Akteure in Zentralamerika streicht. Gleichzeitig
unterminiert er das Vertrauen der Unternehmen, die sich im Handel
nichts sehnlicher wünschen als Verlässlichkeit. Wenn die Zahl der
Neuankömmlinge in den Sommermonaten sinken wird, hat das mehr mit den
sengenden Temperaturen als mit dem imperialen Auftreten Trumps zu
tun. Der Narzisst im Weißen Haus blendet so sehr, wie er sich blenden
lässt. Leider werden dadurch konkrete Probleme nicht gelöst - weder
die atomare Bewaffnung Nordkoreas noch die Flüchtlingskrise in
Zentralamerika. Auf der Strecke bleibt die Glaubwürdigkeit der
Supermacht und ihres Präsidenten, der Außenpolitik wie eine
Reality-TV-Show inszeniert.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

690011

weitere Artikel:
  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kursbestimmung der SPD Agenda 2030 gesucht Thomas Seim Bielefeld (ots) - Auch Ratschläge können Schläge sein, wie man seit einer entsprechenden Bemerkung des früheren Bundespräsidenten Johannes Rau weiß. Aber selten wirkten die Volksparteien so ratlos wie derzeit. Die SPD ist in einer neuen Umfrage auf 12 Prozent gestürzt. Die einst darüber frohlockende Union kämpft selbst damit, dass sie weit hinter die Grünen zurückgefallen ist. Die Koalitionsparteien schaffen es nicht, die Meinungshoheit zurückzugewinnen. Grund dafür sind Defizite in der Zieldefinition und eine fehlende Streitkultur. mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Versprechen / Kommentar von Christian Matz zu den Grünen Mainz (ots) - Der Vater des grünen Höhenflugs hat einen Namen: Christian Lindner. Hätte der FDP-Chef die Jamaika-Koalition nicht gestoppt, dann säßen die Grünen jetzt in der Bundesregierung. Und müssten sich herumschlagen mit, zum Beispiel: dem Ausbau der Windenergie und den dafür nötigen Stromtrassen, die sie gegen Widerstand in der Bevölkerung durchsetzen müssten; einer Kerosinsteuer gegen unnötige Flugreisen, die sie gegen Widerstände in mindestens der Rest-EU durchsetzen müsssten; dem Ausbau der E-Mobilität, für die sie erst mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur SPD Bielefeld (ots) - Bei der SPD geht es um alles, und so diskutiert die Partei auch. Anzeichen für einen respektvollen Umgang miteinander musste man schon im Fall Nahles suchen. Beim Streit über die Parteilinie ist der Ton ebenfalls rau. Da wird selbst die Benennung eines Zusammenschlusses zur Provokation. Wer seinen Zirkel »Die wahre SPD« nennt, nimmt aber auch mindestens in Kauf, dass dies als Ausgrenzung der anderen verstanden wird. Ob das so etwas wird mit dem Zurückholen der Wähler? Wenn die etwas für persönliche Zankereien mehr...

  • Rheinische Post: Kopmmentar / Boris Johnsons Erpressung = Von Jochen Wittmann Düsseldorf (ots) - Man kann nicht behaupten, dass sich Boris Johnson bisher durch Weitsicht ausgezeichnet hätte. Der Mann mit den zur Zeit besten Aussichten, der nächste Vorsitzende der britischen Konservativen und damit Nachfolger von Theresa May im Amt des Premierministers zu werden, war stets jemand, der sich selbst ein Bein stellen konnte. Sein loses Mundwerk und seine Sorglosigkeit, was den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen betrifft, haben ihn schon oft an den Rand eines Karriereendes gebracht. Jetzt hat er wieder etwas geliefert, mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Klimaschutz mit Augenmaß = Von Eva Quadbeck Düsseldorf (ots) - Die Grünen können derzeit Vorschläge machen, die sie jahrelang sich nicht trauten in dieser Deutlichkeit auszusprechen. Sie wollten das Image der Verbotspartei abstreifen, was ihnen auch gelungen ist. Inzwischen hat sich der Zeitgeist gedreht: Radikale Maßnahmen für den Umweltschutz finden in breiten Schichten der Bevölkerung Akzeptanz - theoretisch. Wie weit die Bereitschaft tatsächlich geht, den persönlichen Komfort einzuschränken, wird sich zeigen, wenn man nicht mehr mit dem Pkw in die Innenstadt kommt, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht