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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Greta Thunberg: Die große Greta-Show von Jana Wolf

Geschrieben am 20-05-2019

Regensburg (ots) - Greta Thunberg hat es auf den Thron geschafft,
genauer: auf das Cover des renommierten US-Magazins "Time". Wie ein
Engel sitzt sie da: angestrahlt vom Licht, eingehüllt in ein
grün-schimmerndes Kleid, mit festem Blick in Richtung des
Betrachters. "Next Generation Leaders" - "Führungspersonen der
nächsten Generation" steht dick gedruckt daneben. Und tatsächlich
zierten bereits führende Persönlichkeiten wie Merkel, Trump oder die
Nobelpreisträgerin Malala Yousafzai dieses Titelblatt. Geht es nach
der "Time", steht die 16-jährige Pionierin der weltweiten
Klimaschutz-Proteste nun in gleichem Rang. Die Inszenierung der Greta
Thunberg hat ein neues Level erreicht. Das Bild dieser majestätisch
in Szene gesetzten Figur irritiert, weil es so gar nicht zur echten
Greta Thunberg passt: Eine bis vor wenigen Monaten noch unbekannte
Jugendliche, die mit einem Pappschild mit der Aufschrift "Schulstreik
fürs Klima" zu demonstrieren anfing; die mit ihren Flechtzöpfen und
Kapuzenpullis alles andere als pompös, sondern uneitel daherkommt.
Sicher, sie hat seitdem weltweite Proteste losgetreten, vor der
UN-Klimakonferenz, beim Wirtschaftsforum in Davos und beim Papst
vorgesprochen. Dennoch wird Greta Thunberg überhöht und zur Ikone
stilisiert. "Als ich an Greta dachte, wollte ich, dass dieses Foto
anders wird, weil ihre Geschichte größer als das Leben ist", sagt
"Time"-Fotografin Hellen van Meene über ihre Aufnahme. Greta
Thunbergs Leben wird in ein gemäldeartiges Bild gegossen, obwohl die
Bewegung, die sie anstieß, alles andere ist als starr: "Fridays for
Future" ist dynamisch, kraftvoll und am wachsen. Solche Darstellungen
sind deshalb problematisch, weil sie Kritikern und
Klimawandel-Skeptikern Futter für ihre kruden Thesen bieten:
"Welt"-Chefredakteur Ulf Poschardt sprach von einer "Klimareligion",
die "FAZ" verglich die Schülerdemos mit einem "Kinderkreuzzug", laut
FDP-Chef Christian Lindner würden die Schulschwänzer
"heiliggesprochen". Und die AfD, die lieber den Diesel als das Klima
retten will, faselt etwas vom "Klimakult" der EU. Wird Greta Thunberg
nun als grüner Engel abgelichtet, sehen sie sich in ihren Äußerungen
bestätigt. Gemein haben sie alle, dass sie den Klimaschutz zur
Glaubenssache machen, die nicht belegbar sei. Das ist schlichtweg
falsch. Es ist vielfach erforscht und bewiesen, dass die Erderwärmung
ebenso wie die Emissionen von CO2 und Treibhausgasen ansteigen.
Wissenschaftler bekräftigen das Anliegen der Proteste, die auf die
Notwenigkeit zu mehr Klimaschutz pochen. Überzeichnete
Greta-Darstellungen lenken von dieser faktenbasierten Forderung nur
ab. Auch in eine andere Richtung wird die "Fridays for
Future"-Dynamik für eigene Zwecke genutzt: Nämlich von jenen, die
zwar für mehr Klimaschutz sein mögen, aber zugleich eine eigene
Agenda verfolgen. So fordert zum Beispiel Katarina Barley,
SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, angesichts der
Schüler-Proteste das Wahlrecht ab 16 Jahren, um jungen Leuten mehr
politische Teilhabe zu ermöglichen. Barley kommen die Demos gerade
recht, um ein eigenes Wahlkampfthema zu setzen. Und wenn der
Autobauer VW die 18-jährige "Fridays for Future"-Aktivistin Clara
Mayer auf seiner Hauptversammlung reden lässt, dann tut er das nicht
aus lauter Liebe zur Umwelt, sondern um das eigene Image
aufzupolieren und um zu zeigen: Öko können wir auch! Jede Bewegung
braucht ein Gesicht und viele Proteste werden erst durch mutige
Vorkämpfer groß. Das war schon vor Greta Thunberg so. Ein lokaler
Beweis sind die Oberpfälzer WAA-Proteste mit ihrem Pionier Hans
Schuierer. Trotzdem sollten diese Personen nicht zu Heilsbringern
stilisiert werden. Greta Thunberg ist eine Katalysatorin, Mutmacherin
und Inspiration. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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