(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Trumps Defizit / Der US-Präsident hat seinen Wählern den Abbau des Haushaltssaldos versprochen. Nun liefert er das größte Defizit der amerikanischen Geschichte. Von Thomas Sp

Geschrieben am 08-03-2019

Regensburg (ots) - Die Nachricht von dem Rekorddefizit konnte aus
Sicht der gerade in der amerikanischen Hauptstadt eingetroffenen
Delegation von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström kaum zu einem
ungünstigeren Zeitpunkt kommen. Mit einer Differenz von fast 900
Milliarden Dollar zwischen Importen aus dem Ausland und Exporten
stehen die Amerikaner so tief in den roten Zahlen wie seit Beginn der
statistischen Erfassung vor 243 Jahren nicht. Gemessen an seinem
eigenen Maßstab, überbringt das Handelsministerium mit diesen Zahlen
eine Hiobsbotschaft an Donald Trump. Denn nach Lesart des Präsidenten
bedeutet ein hohes Defizit den Transfer von Wohlstand aus den USA in
fremde Länder. Vor einem Jahr beschwerte er sich via Twitter noch
über ein Defizit von 800 Milliarden Dollar. Dies sei das Ergebnis
"unserer sehr dummen Handelsabkommen". Die USA verlören Jobs und
Wohlstand "an andere Länder, die uns seit Jahren ausnutzen". Dazu
gehören in Trumps Weltsicht neben China auch die EU-Staaten. In der
Logik Trumps dienen Strafzölle als Drohkeule und Instrument zum Abbau
des Defizits zugleich. Deshalb verhängte er sie auf Stahl- und
Aluminium-Produkte und drohte den NAFTA-Staaten Mexiko und Kanada
sowie China mit der vollen Bandbreite an Zöllen. Die EU versucht er,
mit Einfuhrsteuern auf Automobile auf Kurs zu bringen. Vorzuzeigen
hat der Präsident nicht viel. Das neu verhandelte
NAFTA-Nachfolgeabkommen hängt im Kongress fest und dürfte nach
Ansicht von Experten kaum eine Chance haben, ratifiziert zu werden.
Die Verhandlungen mit China gehen schleppend voran und mit der EU
haben sie nicht einmal begonnen. Trotz zwei Jahren Protektionismus
wuchs das Handelsdefizit der USA um zehn Prozent auf genau 891,3
Milliarden Dollar. Aus Sicht der allermeisten Ökonomen liegt Trump
mit seiner Analyse des Handels ziemlich weit daneben. "Die Tatsache,
dass es der US-Wirtschaft sehr gut geht, ist der Hauptgrund, warum
das Handelsdefizit gewachsen ist", meint etwa der Harvard Ökonom
Kennth Rogoff. US-Konsumenten und Unternehmen hätten dadurch mehr
Geld zur Verfügung, Güter und Produkte nachzufragen. Darüber hinaus
spielen andere Faktoren eine Rolle, wie etwa der überteuerte Dollar.
Aus Sorge vor einer Überhitzung der Wirtschaft steuerte die
US-Notenbank gegen und erhöhte 2018 vier Mal die Leitzinsen. Andere
Zentralbanken, allen voran die EZB, ließen sich mehr Zeit. Zölle
spielen angesichts dieser makroökonomischen Einflüsse aus Sicht der
meisten Volkswirte beim Defizit keine Rolle. "Genau das haben wir
vorausgesagt", meint Rogoff zu den Konsequenzen der Handelspolitik
des Präsidenten. Interessanterweise versucht auch Trumps
Wirtschaftsberater, Kevin Hassett, das Rekorddefizit so zu erklären.
Er argumentiert, der Wert der neu verhandelten Abkommen werde sich
erst auf lange Sicht zeigen. Mit einer Kursänderung Trumps rechnen
deshalb nur wenige. Bei den Gesprächen mit Malmstöm beharrt der
Handelsbeauftragte Robert Lighthizer darauf, jede Vereinbarung mit
der EU müsse den Landwirtschaftssektor mit einschließen. Die
Amerikaner sehen darin ihre beste Chance, Defizite im Handel mit
Europa abzubauen. Für Malström und ihr Team kommt das nicht in Frage.
Unter Bezug auf die von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker
erzielte Grundsatzeinigung mit Trump im vergangenen Juli beharrt sie
auf dem vereinbarten Rahmen. "Es geht um industrielle Güter - und
dabei bleibt es." Damit stehen die Aussichten für einen Durchbruch
denkbar schlecht. Bereits im Mai könnte Trump die angedrohten
Autozölle verhängen. Als Rechtfertigung benutzt er eine Studie des
Handelsministeriums, die Autos aus Europa zum "Nationalen
Sicherheitsrisiko" erklärt. "Wenn einseitige Zölle verhängt werden,"
warnte der scheidende EU-Botschafter in Washington, David O'Sullivan,
die Amerikaner, "werden die Gespräche beendet."



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

677596

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: Verhältnismäßigkeit fehlt Düsseldorf (ots) - (RP) In New York hat ein Mann 25-Cent-Münzen im Wert von 100 Dollar aus dem Gemeinschaftsraum eines Wohnhauses gestohlen, in dem Waschmaschinen stehen. Er muss mit mindestens drei Jahren Gefängnis rechnen, im schlimmsten Fall mit dem Doppelten. Paul Manafort, zuletzt Donald Trumps Wahlkampfstratege, kommt bei sechs Millionen Dollar hinterzogenen Steuern mit 47 Monaten Freiheitsentzug davon. Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit? Die Causa Manafort hat Öl ins Feuer eines Diskurses gegossen, der Amerika schon lange beschäftigt. mehr...

  • Rheinische Post: Sinnvolle Fuß-Kontrolle Düsseldorf (ots) - (RP) Es ist eine bemerkenswerte und offenbar auch beispiellose Aktion, die am Montag in den Wülrather Kitas startet. Bei 677 Kindern sollen die Füße gemessen werden, um dann zu überprüfen, ob ihre Schuhe auch passen. Es besteht der Verdacht, dass manche Kinder zu kleine Schuhe tragen - insbesondere die aus ärmeren Familien. Wie nötig eine solche Maßnahme letztendlich ist, wird erst das Ergebnis der Überprüfung zeigen. Sinnvoll ist sie allemal. Schon allein aus Gründen der Prävention. Die Aktion lenkt den Blick auf mehr...

  • Rheinische Post: Armut als Gesundheitsrisiko Düsseldorf (ots) - (RP) Es ist kein neuer Befund, dass wohlhabende Menschen länger und gesünder leben als Menschen in Armut. Dennoch müssen die Ergebnisse des AOK-Gesundheitsreports wachrütteln. Die Unterschiede beim Gesundheitszustand von Arbeitnehmern und Hartz-IV-Empfängern sind krass. Erschütternd ist, dass dieser Zustand vom Baby- bis zum Greisenalter anhält. Nun hat jeder erwachsene Mensch auch eine große Eigenverantwortung für seine Gesundheit. Wer Vorsorge nicht in Anspruch nimmt, wer sich zu wenig bewegt und sich falsch ernährt, mehr...

  • Badische Zeitung: Ehrung für Ehepaar Ladenburger: Ein Zeichen gegen den Hass / Kommentar von Thomas Fricker Freiburg (ots) - Der Bürgerpreis der deutschen Zeitungen, der den Ladenburgers nächste Woche (...) verliehen wird, kann dafür nur eine bescheidene Geste der Anerkennung sein. Aber wenn diese dazu beiträgt, das Anliegen der Eltern zu bekräftigen, in Erinnerung an Maria für Weltoffenheit und Toleranz einzutreten, gewinnt die Ehrung an Wert. Wir leben in einem Land, dessen politische Kultur teilweise systematisch vergiftet wird. Man stelle sich vor: Wirrköpfe scheuten nicht einmal vor Hetze gegen die getötete Studentin zurück, mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu möglichem Rückzug von Angela Merkel Stuttgart (ots) - In der SPD verspürt man keine Lust, im Falle eines vorzeitigen Amtsverzichts von Angela Merkel einen Wechsel zu Annegret Kramp-Karrenbauer mitzumachen. Neue Gesichter erzeugen zumindest in der Startphase neue Begeisterung. Da haben die Sozialdemokraten mehr Eigeninteresse daran, bei den Wählern das Gefühl weiterköcheln zu lassen, dass es nun doch irgendwann gut sein müsse mit Merkels Regentschaft. Es ist eine feine Ironie, dass AKKs Interessen mit denen der SPD übereinstimmen könnten. Als noch frische Kanzlerkandidatin, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht