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FZ: Warum einfach, wenn's auch bürokratisch geht? Mittelstands-Präsident Mario Ohoven sieht in geplanter Grundsteuerreform ein neues "Bürokratiemonster"

Geschrieben am 08-02-2019

Fulda (ots) - Harsche Kritik übt Mittelstands-Präsident Mario
Ohoven an den Plänen von Bund und Ländern für die Reform der
Grundsteuer. Statt eine einfache Lösung auf den Weg zu bringen, habe
sich die Politik auf ein "Bürokratiemionster" verständigt. In einem
Gastkommentar für die "Fuldaer Zeitung" (Samstagausgabe) warnt der
Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) vor
zusätzlichen Lasten für Bürger und Betriebe. Ohovens Befürchtung:
"Wenn die Nettokaltmieten der Berechnung zugrunde liegen, führt es
dazu, dass Menschen, die schon jetzt hohe Mieten zahlen, in Zukunft
auch eine hohe Grundsteuer zahlen müssen." Ballungsgebiete würden
damit deutlich stärker belastet. Dies treffe Geringverdiener, aber
auch kleine Betriebe und Gründer, die sich kaum noch Gewerbeflächen
in beliebten Innenstädten leisten könnten. Ohoven: "Da stellt sich
die Frage, ob das gerechter ist als eine einfache, werteunabhängige
Flächensteuer."

Nachfolgend lesen Sie den Gastkommentar Mario Ohovens für die
"Fuldaer Zeitung" im Wortlaut: "Seit gut 50 Jahren hat sich in
(West)Deutschland nichts bei der Grundsteuer bewegt. In
Ostdeutschland sind seit der letzten Berechnung der Einheitswerte
sogar mehr als 80 Jahre vergangen. Jetzt tickt die Uhr: Das
Bundesverfassungsgericht legte in seinem Urteil von April 2018 einen
Zeitrahmen bis 2025 fest, in dem eine Reform der Grundsteuer
beschlossen und vor allem umgesetzt werden muss. Die Grundsteuer ist
nicht so unbedeutend, wie es die uralten Einheitswerte erscheinen
lassen. Sie machte 2017 mit rund 14 Milliarden Euro 10 bis 15 Prozent
des Haushalts der Kommunen aus und steht damit an zweiter Stelle nach
der Gewerbesteuer. Ohne Reform würden diese Einnahmen wegfallen, und
die Kommunen müssten die Daseinsvorsorge drastisch einschränken. Der
Auftrag an die Politik war klar: Unkompliziert entlasten! Nach dem
üblichen Gerangel hat sich die GroKo nun auf die Grundzüge der neuen
Grundsteuer verständigt. Sie folgt - leider - dem Motto: Kompliziert
belasten! Der Kompromiss sieht vor, dass in Zukunft das Alter des
Gebäudes, der regionale Bodenrichtwert sowie die durchschnittlichen
Nettokaltmieten zur Steuerberechnung hinzugezogen werden. Die
Nettokaltmieten sollen aus dem Mikrozensus des Statistischen
Bundesamtes abgeleitet werden. Für Mieten, die stark vom Durchschnitt
abweichen, sind Ausnahmen vorgesehen. Hier beginnen die Probleme.
Wenn die Nettokaltmieten der Berechnung zugrunde liegen, führt es
dazu, dass Menschen, die schon jetzt hohe Mieten zahlen, in Zukunft
auch eine hohe Grundsteuer zahlen müssen. Ballungsgebiete werden
damit deutlich stärker belastet. Es trifft Geringverdiener, aber auch
kleine Betriebe und Gründer, die sich kaum noch Gewerbeflächen in
beliebten Innenstädten leisten können. Die Wohnungskrise wird mit
dieser Grundsteuer sogar noch verschärft. Da stellt sich die Frage,
ob das gerechter ist als eine einfache, werteunabhängige
Flächensteuer. Für die Steuererklärung ist es weiterhin erforderlich,
die Gebäudeflächen zu ermitteln. Nach welchen Maßstäben dies erfolgen
soll, bleibt allerdings unklar. Was ist beispielsweise mit
Grundstücken, auf denen Handwerker leben und arbeiten? Sowohl hier
als auch bei reinen Geschäftsgrundstücken ohne Mieten soll ein
vereinfachtes Sachwertverfahren angewendet werden. "Vereinfacht",
weil statt über 30(!) nur noch 8 Angaben benötigt werden. Immerhin
sehen die Landesfinanzminister ein, dass eine individuelle
Bodenrichtwertermittlung zu viel Bürokratie bedeutet. Der
Bodenrichtwert drückt den Wert der Fläche je Quadratmeter aus und
orientiert sich hauptsächlich an den Preisen, die bei Verkäufen in
der Umgebung des Grundstücks erzielt werden. Bodenrichtwerte sollen
zukünftig zu regionalen Zonen zusammengefasst werden, um den
Bürokratieaufwand niedrig zu halten. Den unsinnigsten Teil der
Grundsteuerreform stellt das Baujahr dar. Dieses wird für den
Grundstückswert künftig "ein notwendiger Bewertungsparameter" sein.
Was absurd ist, denn das Alter eines Gebäudes sagt in der Regel
nichts über dessen Wert oder die Leistungen der Gemeinde aus. Zudem
dürften Neubauten durch die Neuregelung in Zukunft höher besteuert
werden. Damit bestraft die Politik nicht nur Häuslebauer, sondern
auch Investitionen von kleinen und mittleren Unternehmen. Fassen wir
zusammen: Die Politik hat sich - anders als vom Mittelstand empfohlen
- auf ein werteabhängiges Modell geeinigt und dadurch ein
Bürokratiemonster erschaffen. Dieser Kompromiss könnte uns zudem
teuer zu stehen kommen. Denn die Kommunen legen den Hebesatz fest -
und damit die tatsächliche Belastung durch die Grundsteuer. Ich habe
große Sorge, dass sie versuchen werden, Einnahmeausfälle infolge der
Grundsteuerreform durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer zu
kompensieren. Die Bundesregierung wäre gut beraten, wenn sie sich für
ein werteunabhängiges Modell entscheidet. Betrieben und Bürgern
dürfen keinesfalls zusätzliche Lasten aufgebürdet werden. Deshalb
mein dringender Appell: Unkompliziert entlasten, bitte!



Pressekontakt:
Fuldaer Zeitung
Christof Völlinger
Telefon: 0661 280-334
christof.voellinger@fuldaerzeitung.de

Original-Content von: Fuldaer Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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