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Neue Westfälische (Bielefeld): Bundeskanzlerin Merkel leitet Rückzug ein Zeitenwende Thomas Seim

Geschrieben am 29-10-2018

Bielefeld (ots) - Nun ist es also soweit, das Merkel-Zeitalter
neigt sich dem Ende zu. Was immer man wahrnimmt an sich bereits
abzeichnenden Machtkämpfen in der Union: Die Ankündigung der
Noch-CDU-Vorsitzenden und Noch-Kanzlerin hat vor allem ein Aufatmen
in der Partei ausgelöst. Das zeigt schon die geringe Beschäftigung
mit dem Rückzug, die dominiert wird von der Frage: Wer wird denn nun
Chef - und also Kanzler? Man blickt sich suchend um und bemerkt: Die
Stuhlreihe mit geeigneten Kandidaten für die Nachfolge an der
Parteispitze ist nicht so voll besetzt, wie das früher der Fall
gewesen ist. Friedrich Merz signalisiert Interesse an einem späten
Sieg über Merkel. Er wäre allerdings keine Antwort der Erneuerung für
die CDU. Ob die amtierende Generalsekretärin Annegret
Kramp-Karrenbauer dies sein kann, ist offen. Sie gilt als die
Vertraute der noch amtierenden Vorsitzenden. Insofern trägt sie auch
eine Last aus der Merkel-Verantwortung auf ihren Schultern. Mit der
Kandidatur des Gesundheitsministers Jens Spahn musste man rechnen.
Auch dessen Erfolgschancen allerdings wachsen nicht in den Himmel.
Mit gelegentlich narzisstisch wirkenden Auftritten hat er sich auch
in der Union viele zu Gegnern gemacht. NRW-Ministerpräsident Armin
Laschet dagegen, Chef des größten Landesverbandes, der ein Drittel
der Delegierten auf einem Bundesparteitag stellt, hat eine Kandidatur
weder angekündigt noch ausgeschlossen. Statt dessen mahnt er,
zunächst eine sorgfältige Debatte über Inhalte und Ziele der Union
nach Merkel zu führen. Das mag ein geschickter Versuch sein, die
Ansprüche anderer zu relativieren, um dann eigene Ansprüche auf den
Vorsitz zu erheben. Man muss wohl davon ausgehen, dass Merkel diesen
Ablauf mit einigen wenigen engsten Vertrauten geplant hat. Anders ist
ihre Zuversicht, bis zum Ende der Legislatur im Amt bleiben zu
können, kaum zu erklären. Sie hat mit ihrem gestrigen Vorgehen die
Führungs- und Richtlinienkompetenz ein letztes Mal für sich erhalten.
Aber selbst wenn Laschet mit im Boot war, wird Merkels Anspruch kein
Selbstläufer. Der neue Parteichef muss, auch wenn er Laschet hieße,
in realistischen Szenarien für die Zukunft denken. Und da verspräche
es den größten Erfolg für die Union, wenn Merkel sich Anfang 2019
auch aus dem Regierungsamt zurückzöge. Die CDU kann dann den neuen
Vorsitzenden fürs Kanzleramt vorschlagen. Die SPD dagegen stünde vor
der Alternative zweier schlechter Lösungen: Sie bleibt in der
Koalition und wählt den neuen Kanzler mit. Dann geht die CDU mit
einer runderneuerten Mannschaft und als Mehrheitspartei der Großen
Koalition in die Europawahl. Oder sie steigt aus der Koalition aus
und tritt dann in Neuwahlen, womöglich parallel zur Europawahl, gegen
die runderneuerte Union an. Für die CDU eine Win-win-Situation.
Immerhin bleibt ein Restrisiko auch für die Christdemokraten: Sollte
es der konservative Flügel an die Spitze der Partei schaffen, stellte
sich sich Frage schwarz-grüner Bündnisse neu. Anders als Merkel, die
dieses Bündnis seit Langem vorbereitet und in Robert Habeck den
Wunschpartner gefunden zu haben schien, trennen diesen Flügel und die
Grünen Welten. Es wäre die Rückkehr der Union zu einer FDP als
Mehrheitsbeschafferin für einen konservativen Regierungsauftrag. In
dieser Woche aber löst sich zunächst der Mehltau auf. Deutschland im
Herbst erlebt eine Zeitenwende.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
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Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

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