(Registrieren)

Abgeordnete fordern Untersuchungsausschuss: Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls droht neuer Ärger

Geschrieben am 18-09-2018

Hamburg (ots) -

Sperrfrist: 18.09.2018 18:00
Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der
Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist.

Bundestagsabgeordnete von FDP und Linkspartei fordern im Streit um
die Geldwäsche-Einheit des Zolls umfassende Aufklärung - notfalls
durch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Hintergrund ist
eine durch das Bundesfinanzministerium (BMF) angekündigte
Aufarbeitung der Arbeitsprozesse in der sogenannten Financial
Intelligence Unit (FIU).

Nachdem unter anderem durch Berichte von NDR und SZ bekannt
geworden war, dass die FIU mehrere Zehntausend
Geldwäscheverdachtsmeldungen nicht bearbeitet und auch sonst
erhebliche organisatorische Schwierigkeiten hatte, kündigte das BMF
eine Überprüfung der Behörde an.

Ausgerechnet wegen dieser Ankündigung fühlen sich
Bundestagsabgeordnete nun durch das BMF getäuscht. Das Ministerium
hatte im August auf Anfrage der FDP-Fraktion schriftlich mitgeteilt,
dass "derzeit eine Evaluierung [der FIU-] Prozesse und Abläufe sowie
eine verbesserte Einbindung der Verpflichteten und Bedarfsträger
durch eine unabhängige Stelle" durchgeführt wird. Nach Recherchen von
NDR und SZ führt die Prüfung eine Unterabteilung der
Generalzolldirektion durch. Die FIU selbst ist ebenfalls der
Generalzolldirektion unterstellt.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand nannte den Vorgang
"absurd", er fühle sich vom BMF "frech belogen." Er fordert von der
Bundesregierung eine neutrale Stelle außerhalb des Geschäftsbereichs
mit der Aufarbeitung zu beauftragen. Sollte das nicht geschehen,
müsse "der Bundestag selbst den Geldwäsche-Sumpf der FIU aufdröseln -
in Form eines Untersuchungsausschusses". Der Abgeordnete der
Linkspartei, Fabio De Masi, schloss sich der Forderung seines
FDP-Kollegen an. "Das Finanzministerium hat den Bundestag im
Zusammenhang mit der FIU mehrfach angelogen", sagte De Masi.

Zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im deutschen
Bundestag sind die Stimmen von einem Viertel der Abgeordneten
notwendig. FDP und Linkspartei kommen gemeinsam auf etwa 150 der 178
notwendigen Stimmen. Ein Sprecher des Zolls erklärte, die sogenannte
Bescheinigende Stelle, die die Prüfung durchführt, sei "fachlich
unabhängig, sodass ihr keine Weisungen hinsichtlich ihrer
Aufgabenerledigung erteilt werden können". Man habe sich gegen eine
Prüfungsgesellschaft aus der freien Wirtschaft entschieden, weil nur
so mit der Prüfung unmittelbar begonnen werden konnte. Das BMF wollte
sich auf Anfrage nicht äußern und verwies auf die Antworten des
Zolls.

Sebastian Fiedler, Sprecher des Bund der Kriminalbeamten, sagte,
die Annahme, dass eine Unterabteilung der Generalzolldirektion
unabhängig Zollangelegenheiten prüfen könne, sei "ein schlechter
Witz". Fiedler fordert nun ebenfalls eine grundlegende Aufarbeitung
im Parlament. "Es geht hier um nicht weniger als um
Terrorismusfinanzierung und die Finanzgeschäft der organisierten
Kriminalität", sagte Fiedler.

Die FIU war in der Vergangenheit immer wieder in die Kritik
geraten. Vor rund einem Jahr war die Zuständigkeit vom
Bundeskriminalamt zum Zoll verlegt worden: In Folge waren
Zehntausende Geldwäscheverdachtsmeldungen liegen geblieben und es kam
zu einem Rückstau, der bis heute offenbar nicht abgearbeitet werden
konnte. Im Juni musste der damalige FIU-Chef Andreas Bardong die
Behörde verlassen.

Einige Probleme schien die Behörde unter neuer Leitung in den
Griff bekommen zu haben. So soll die Wartung der fehleranfälligen
Software zur Verdachtsmeldung an das Informationstechnikzentrum Bund
übertragen werden. Entsprechende Überlegungen seien aber noch nicht
abgeschlossen, sagte ein Zoll-Sprecher. Auch organisatorisch hat die
FIU sich neu aufgestellt und arbeitet nicht mehr ausschließlich aus
Köln heraus: Seit etwa einem Monat gibt es mehrere über das
Bundesgebiet verteilte Teams. Ihnen gehören auch Zollfahnder mit
Expertise in der Geldwäschebekämpfung an.

Aus FIU-Kreisen war zu vernehmen, dass die Stimmung unter den
Kollegen sich mit dem Wechsel an der Spitze und den verschiedenen
Optimierungsmaßnahmen aufgehellt habe. Aus Sicherheitskreisen war
zudem zu erfahren, dass nach einer Analyse der FIU unlängst ein
Landeskriminalamt ein Großverfahren einleiten und einen Geldbetrag in
zweistelliger Millionenhöhe sichern konnte.



Pressekontakt:
Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Bettina Brinker
b.brinker@ndr.de
http://www.ndr.de
https://twitter.com/NDRpresse

Original-Content von: NDR Norddeutscher Rundfunk, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

654575

weitere Artikel:
  • Stuttgarter Zeitung: Kommentar zu Maaßen Stuttgart (ots) - Nach zu langem Bedenken hat die Koalition am Dienstag nun doch die Abberufung von Hans-Georg Maaßen als Verfassungsschutzpräsidenten beschlossen: eine Entscheidung, die angemessen und unvermeidlich gewesen ist. Zu einem Zeitpunkt, da in Chemnitz drastisch zu sehen war, wie schnell, organisiert und schlagkräftig der rechtsradikale Mob mobilisieren kann, erweckte er mit leichtfertigen Spekulationen den Eindruck, dass die eigentliche Gefahr gar nicht dort liege, sondern in einer "Instrumentalisierung" durch - ja, mehr...

  • Stuttgarter Zeitung: SPD-Innenpolitiker: Werden Maaßens Arbeit als Staatssekretär genau beobachten Stuttgart (ots) - In der SPD-Bundestagsfraktion wird die Ablösung von Hans-Georg Maaßen als Verfassungsschutzpräsident begrüßt, seine Ernennung zum Innenstaatssekretär jedoch bedauert. "Maaßen konnte nicht im Amt bleiben, weil das Vertrauen fehlte, dass er rechtsradikale Strukturen bekämpft", sagte ihr rechtspolitischer Sprecher Johannes Fechner der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". In Bezug auf Maaßens künftiges Amt verwies er auf die Koalitionszwänge: "Das war bestimmt keine SPD-Idee, ist aber Teil der Koalitionsabmachung, mehr...

  • Allg. Zeitung Mainz: Große Lösung / Frank Schmidt-Wyk zur Wohnungsnot Mainz (ots) - Die Städte explodieren, mit ihnen die Mieten, Wohnraum wird zum Luxusgut. Ein Riesenproblem, das jede Menge sozialen Sprengstoff birgt, dem die Politik dennoch über Jahre nicht die nötige Aufmerksamkeit schenken wollte. Viel zu lange wurde der Wohnungsmarkt dem freien Spiel der Kräfte überlassen. Dabei zeichnen sich die Entwicklungen, die zur Verknappung städtischen Wohnraums führen, nicht erst seit gestern ab: die Individualisierung der Gesellschaft etwa, die Zersplitterung der Familien, die zu einem höheren Flächenbedarf mehr...

  • NRZ: Ein verheerendes politisches Signal - ein Kommentar von MANFRED LACHNIET Essen (ots) - Darauf muss man erst mal kommen: Anstatt den obersten Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen nach seinen mehrfachen Verfehlungen zu entlassen, wird er befördert. So etwas wünscht sich bestimmt jeder Arbeitnehmer, wenn er durch ungebührliches Verhalten auffällig wird... Doch im Ernst: Das Wegloben von Maaßen bringt alle Beteiligten aus der Bredouille und rettet die Koalition. Seehofer muss seinen Vertrauten nicht vor die Tür setzen. Merkel entledigt sich einer unangenehmen Aufgabe. Auch die SPD hat sich irgendwie durchgesetzt, mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu entmilitarisierten Zone in Idlib Stuttgart (ots) - Das Abkommen birgt die Hoffnung, die Bombardierung von bis zu drei Millionen Menschen zu verhindern. Allerdings wurden in diesem Krieg schon viele Verabredungen gebrochen. Gegenseitiges Misstrauen ist das Einzige, was alle Beteiligten eint. Von einem Durchbruch zu reden wäre daher verfrüht. Der größte Unsicherheitsfaktor sind die geschätzt 70 000 bewaffneten Rebellen. Die Türkei zeigt sich bereit, mehr Einfluss auf die Radikalen auszuüben. Der harte terroristische Kern wird lieber im Kampf sterben mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht