(Registrieren)

NRZ: Das gefährliche Schweigen des Westens zu Afrin - ein Kommentar von JAN JESSEN

Geschrieben am 20-03-2018

Essen (ots) - Die türkische Armee hat die kurdische Stadt Afrin im
Nordwesten Syriens erobert. Hunderte Zivilisten sind bei den
Dauerbombardements ums Leben gekommen. Hunderttausende sind geflohen,
ausgerechnet in ein Gebiet, das vom syrischen Regime kontrolliert
wird. Die islamistischen Verbündeten Ankaras morden, foltern,
plündern und bedrohen Minderheiten. Das alles geschieht mit
stillschweigender Billigung westlicher Regierungen, auch der
deutschen.

Der Westen hat abgewägt zwischen der Loyalität zu den Kurden, die
engste Partner im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS)
waren, und der Angst, die Türkei könnte aus dem Verbund der Nato
ausscheren oder den Flüchtlingsdeal aufkündigen. Die Kurden haben bei
dieser Abwägung den Kürzeren gezogen. Sie wurden im Stich gelassen,
wie so häufig in ihrer Geschichte.

Dieser Verrat wird sich rächen. Die islamistischen Banden, die
jetzt in den ehemals säkularen Kurdengebieten ungestört ihr Unwesen
treiben, können die Keimzelle für neue Terrorgruppen sein. Im
Südosten Syriens haben die Kurden wegen des türkischen Angriffs auf
Afrin den Kampf gegen die Reste des IS eingestellt. Die Dschihadisten
haben eine Atempause bekommen, können sich neu organisieren und Pläne
gegen den Westen schmieden.

Die Türkei führt, das hat auch der Wissenschaftliche Dienst des
Bundestags kritisch angemerkt, einen Angriffskrieg, der nicht mit dem
Völkerrecht in Einklang zu bringen ist. Dabei kommen Panzer aus
deutscher Produktion zum Einsatz. In Deutschland können
Ditib-Gemeinden ungestraft Kriegspropaganda für Ankara betreiben.

Unter in Deutschland lebenden Kurden wächst deswegen ohnmächtige
Wut. Noch sind wir von Szenarien wie in den 1990er-Jahren, als sich
Menschen verbrannten und Autobahnen gesperrt wurden, weit entfernt.
Zwar gibt es Anschlagsdrohungen kurdischer Jugendorganisationen.
Kurdische Dachverbände, auch solche, die der PKK nahe stehen, rufen
aber zum gewaltfreien Protest auf.

Es ist offen, was passiert, wenn Erdogan seinen Feldzug gegen die
Kurden in Syrien wie angekündigt fortsetzt. Gewalt darf niemals ein
Mittel demokratischer Auseinandersetzungen sein. Wenn aber der
Kurdenkonflikt auf deutschen Straßen ausgetragen werden sollte, wäre
das auch dem Schweigen demokratisch gewählter Regierungen zu den
Verbrechen eines autoritären Regimes geschuldet.

Das Mindeste, was Berlin tun müsste, wäre, sämtliche
Rüstungsexporte und -genehmigungen einzustellen. Ankara müsste mit
Sanktionen belegt, die EU-Beitrittsverhandlungen beendet werden.
Nichts von alldem geschieht. Für die Glaubwürdigkeit des Westens ist
das eine Bankrotterklärung. Wenn demnächst eine westliche Regierung
das Vorgehen beispielsweise Russlands in der Ukraine oder in Syrien
kritisiert, muss sie sich nicht wundern, wenn sie nur Spott erntet.



Pressekontakt:
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042616

Original-Content von: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung, übermittelt durch news aktuell


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

630738

weitere Artikel:
  • Allg. Zeitung Mainz: Es wird geholzt / Kommentar von Reinhard Breidenbach zur Waldzerstörung Mainz (ots) - Es gab Zeiten, da war der saure Regen der größte Feind des Waldes, jedenfalls in Deutschland. Diese Gefahr scheint zumindest einigermaßen im Griff. Verantwortlich für diese positive Entwicklung ist die zunehmende Erkenntnis, dass intensive Umweltzerstörung Vernichtung von Zukunft bedeutet. Allerdings gibt es nicht wenige, die den verbesserten Zustand des deutschen Walds hämisch kommentieren, Stoßrichtung: "War doch alles nicht so schlimm, was sollte das Gerede von Umweltzerstörung?" Solche Sprüche sprechen Bände. Aktuell mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Spahn/HartzIV-Debatte Regensburg (ots) - Leistung muss sich lohnen, hieß der CDU-Kampfslogan 1982. Die meisten Deutschen stimmen dem Prinzip zu. Deshalb gibt es das Lohnabstandsgebot. Vollzeit-Arbeitnehmer sollen netto mehr haben als den Sozialhilfe-Satz. In der Realität verflacht der Abstand aber. Arbeit wird sogar bestraft. Ein Hartz IV-Bezieher, der seine Erwerbstätigkeit ausweitet, kann am Ende weniger als zuvor im Geldbeutel haben. Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de mehr...

  • Straubinger Tagblatt: Rentenplus - Den Preis zahlen die Jungen Straubing (ots) - Auch im aktuellen GroKo-Vertrag sind Rentner neben Familien die größten Profiteure. Das erhöht den Druck auf die demografieanfällige Rentenversicherung und führt zu stärker steigenden Beiträgen. Den Preis haben also die Jungen zu zahlen. Auch durch niedrigere Renten und eine Lebensarbeitszeit, die sich tendenziell weiter verlängern wird. Umso wichtiger, Geld für später auf die hohe Kante zu legen. Auch wenn das in Nullzinszeiten wenig Freude macht. Doch viele Bürger sorgen einfach zu wenig vor. Manche haben auch mehr...

  • RNZ: Kommentar: Automatisiertes Fahren Heidelberg (ots) - Nicht nur technisch fehlt bis dahin noch einiges. Es mangelt auch an Regeln. Wer haftet bei Unfällen? Wie soll ein autonomes Auto entscheiden, wenn es die Wahl zwischen zwei Übeln hat? Die Debatte fängt gerade erst an - und wird dem technischen Fortschritt immer hinterherhinken. Im Zweifel jedoch sollte die Diskussion das Tempo der Automatisierung vorgeben. Die Entscheidung, Entscheidungsgewalt aus der Hand zu geben, will sorgfältig überlegt sein. Pressekontakt: Rhein-Neckar-Zeitung Dr. Klaus Welzel Telefon: mehr...

  • Straubinger Tagblatt: Grenzkontrollen - Weiterhin nötig Straubing (ots) - Im gemeinsamen Haus Europa, so lautet die Leitidee des Schengener Abkommens, braucht es keine verschlossenen Zimmertüren, dafür passen alle zusammen auf die Eingänge auf. Ein wundervoller Gedanke. Doch in der Praxis funktioniert der Schutz der europäischen Außengrenzen eben nicht. Was vor dem Hintergrund gewaltiger, weltweiter Migrationsbewegungen überdeutlich geworden ist. Deutschland hatte deshalb als erster Schengen-Staat im Herbst 2015 wegen der hohen Flüchtlingszahlen begonnen, die Binnengrenzen wieder zu mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht