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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu zu "Trumps Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels":

Geschrieben am 06-12-2017

Regensburg (ots) - Der US-Präsident rühmt sich, ein Meister der
Verhandlungen zu sein. Was an Trumps Positionierung bei der Lösung
des Palästinenserproblems kunstvoll sein soll, erschließt sich weder
auf den ersten noch auf den zweiten Blick. Die Erklärung für Trumps
unverantwortlichem Zündeln im Nahen Osten ist in Wahrheit sehr viel
beunruhigender. Der US-Präsident hat weder die Absicht ein ehrlicher
Makler zu sein noch scheren ihn die historischen Rechte der
Palästinenser. Außenpolitisch geht es Trump darum, den Boden für eine
Konfrontation mit Iran zu bereiten. Schwiegersohn Jared Kushner
erhielt den Auftrag, die Erzfeinde Teherans in Saudi Arabien und
Israel an Bord zu holen. Damit die gemeinsame Sache machen können,
muss eine Lösung für Palästina gefunden werden. Ein Schelm, wer Böses
dabei denkt, dass Trump ausgerechnet dem Land, aus dem 19 der 20
Terroristen vom 11. September stammen, im Frühsommer die Lieferung
von Waffen im Wert von 350 Milliarden US-Dollar zusicherte. Der
größte Waffendeal in der Geschichte der USA kommt mit der Erwartung
des Entgegenkommens der Saudis in der Palästinenserfrage. Die
halbherzige Kritik aus Riad an Trumps einseitigen Vorpreschen
reflektiert den Pragmatismus von Kronprinz Mohammed bin Salman, der
Kushner Hoffnungen gemacht und Palästinenser-Präsident Abbas alle
genommen hatte, als er diesem die Umrisse des Friedensplans
erläuterte, den Saudi Arabien mittragen könnte. Die Anerkennung
Jerusalems als Hauptstadt Israels ist nur ein Teil des
Horror-Katalogs, den Salman dem Palästinenserführer präsentierte. Die
Wahabisten in Riad werden zurzeit stärker von ihrer Rivalität zu dem
schiitischen Mullahs in Teheran angetrieben als ihrer Fürsorge für
die Palästinenser. Trump seinerseits sucht eine Koalition aus Israel
und den Saudis gegen Iran, um den Gottesstaat zu konfrontieren.
Obendrein nützt ihm eine pro-israelische Geste mit seiner Basis in
den USA. Außerhalb der Likud-Regierung wünscht sich niemand mehr eine
Anerkennung Jerusalems als die christliche Rechte, die eine der
Säulen ausmacht, auf die der US-Präsident seine Macht stützt. Das
Ergebnis dieses schäbigen Kalküls ist so oder so hochgefährlich. Denn
in allen bisherigen Verhandlungen zwischen Israel und den
Palästinensern stand die Klärung des endgültige Status des geteilten
Jerusalems am Ende des Friedensprozesses. Wobei immer klar schien,
dass nach Lösung aller anderen Fragen, irgendein Kompromiss gefunden
werden müsste. Indem Trump die Palästinenser nun vor vollendete
Tatsachen stellt, riskiert er den Ausbruch von Gewalt, vielleicht
sogar einer dritten Intifada. Genau davor haben den US-Präsidenten
die Verbündeten in Europa, aber auch einflussreiche Mächte in der
Region, wie Jordanien oder die Türkei gewarnt. Doch wie so oft schert
sich Trump nicht, was der Rest der Welt von seinen selbstherrlichen
Entscheidungen hält. Wäre er klug gewesen, hätte er wie seine
Vorgänger das Gesetz, mit dem der US-Kongress 1995 den Umzug nach
Jerusalem beschlossen hatte, per Federstrich für weitere sechs Monate
außer Kraft gesetzt und es dabei belassen. Trump unterschrieb zwar,
aber nur wegen der logistischen Herausforderungen des Umzugs. Wer
dort etwas anderes hineininterpretiert, unterliegt einmal mehr
Wunschdenken. Tatsächlich bricht der US-Präsident ein weiteres Tabu.
Der Mittlere Osten geht noch unsichereren Zeiten entgegen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original-Content von: Mittelbayerische Zeitung, übermittelt durch news aktuell


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