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Strategy&-Studie: Unter aktuellem Diskussionsstand von "Basel IV" drohen europäischen Banken Kapitallücken von über 300 Milliarden Euro (FOTO)

Geschrieben am 24-11-2016

München (ots) -

Verschärfte Eigenkapitalvorgaben resultieren in erheblichem
Anstieg der risikogewichteten Aktiva / Banken in Deutschland droht
zusätzlicher Kapitalbedarf von bis zu 30 Milliarden Euro /
Verschärfte aufsichtsrechtliche Vorschriften können zu Kreditklemme
für Unternehmen und Risikotransfer an Schattenbanken führen /
Steigender Profitabilitätsdruck erfordert neue Geschäftsmodelle der
Banken

Die seit letztem Jahr umfassend diskutierten "Basel IV"-Reformen
in Bezug auf die Ermittlung risikogewichteter Aktiva (RWA) des
Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht gehen in die letzte Runde: Am
28. und 29. November 2016 sollen die Neuregelungen vom Ausschuss
weiterdiskutiert werden. In ihrer bisherigen Version führen die
"Basel IV"-Vorschläge zu einem erheblichen Anstieg der Risikoaktiva
für europäische Banken. Laut einer Analyse von Strategy&, der
Strategieberatung von PwC, beliefe sich der Zuwachs der RWA für 103
untersuchte europäische Banken (*) unter Anwendung der aktuellen
Reformpläne auf 40 bis 65 Prozent für die bedeutsamsten
regulatorischen Risikotypen wie Kreditrisiko, Marktrisiko,
operationelles Risiko, Kontrahenten-Kreditrisiko und
Credit-Value-Adjustment-Risiko.

Der RWA-Anstieg unter den aktuellen "Basel IV"-Vorschlägen würde
zu erheblichen Kapitallücken führen - obwohl europäische Banken
derzeit deutlich mehr Kapital vorhalten als regulatorisch gesehen
notwendig. Ihre Ertragskraft würde nach Analyse von Strategy& nicht
ausreichen, um bis zur zuletzt vorgesehenen Anwendung von "Basel IV"
ab voraussichtlich 2019 zusätzliches Kapital im erforderlichen Ausmaß
aufzubauen. Eine Abschwächung der Vorschläge zur Vermeidung
volkswirtschaftlicher Risiken gilt daher als wahrscheinlich. "Auf
Basis der anhaltenden intensiven Diskussionen zwischen wesentlichen
Stakeholdern ergäbe sich ein abgeschwächter Gesamteffekt von ca. +15
bis maximal +30 Prozent auf die unter 'Basel III' erforderliche
Kapitalbasis europäischer Banken. Vor dem Hintergrund derzeitiger
Aussagen von Politik, Notenbanken und Aufsicht erscheint es jedoch
realistisch, dass die finalen Reformen einen Gesamteffekt von ca. +10
bis maximal +20 Prozent ergeben werden", erläutert Dr. Philipp
Wackerbeck, Leiter der Financial Services Practice bei Strategy&.

Bei einer nach aktuellem Diskussionsstand abgeschwächten "Basel
IV"-Reform ist nach Analyse von Strategy& davon auszugehen, dass
europäische Banken einen zusätzlichen Kapitalbedarf von über 300
Milliarden Euro haben werden. Nach Einschätzung von Martin Neisen,
Partner und Leiter der globalen "Basel IV"-Initiative bei PwC, wären
sie im internationalen Vergleich besonders stark betroffen.
"Europäische Banken weisen unter anderem aufgrund der intensiven
Anwendung interner Risikomodelle in ihren Bilanzen bislang etwa nur
die Hälfte des durchschnittlichen Risikogewichts wie ihre
amerikanischen Wettbewerber auf. Die Konsequenzen von 'Basel IV'
werden in Europa deshalb besonders schmerzhaft sein. Zudem werden
Großbanken wegen ihrer breiten Anwendung interner Modelle stark
betroffen sein", kommentiert Neisen weiter.

Geschäftsbanken und Landesbanken in Deutschland bekommen die
Auswirkungen unter anderem aufgrund ihrer hohen Kreditvolumina an
Firmenkunden besonders zu spüren. Dasselbe gilt für die
Spezialfinanzierung einschließlich der gewerblichen
Immobilienfinanzierung. Der zusätzliche Kapitalbedarf der deutschen
Banken beläuft sich der Strategy&-Analyse des aktuellen
Diskussionsstandes einer abgeschwächten "Basel IV"-Reform zufolge auf
bis zu 30 Milliarden Euro.

Die bereits vergleichsweise schwache Profitabilität der
europäischen und insbesondere der deutschen Banken würde dadurch
weiter unter Druck geraten. Die Analysen von Strategy& deuten darauf
hin, dass die vorgesehenen Reformen zu erneuten empfindlichen
Einbußen bei der Eigenkapitalrendite führen werden. Diese liegt
aktuell ohnehin bei den wenigsten Instituten oberhalb der
Eigenkapitalkosten. "Angesichts dieser Abwärtsspirale ist in der
momentanen Situation auch die Kapitalbereitstellung durch Investoren
wenig wahrscheinlich. Weitere Kostensenkungen sind notwendig, werden
aber allein nicht ausreichen. Da die Top Line aktueller
Geschäftsmodelle auch wegen des anhaltenden Niedrigzinsumfelds
bestenfalls stagniert und Kapitalanforderungen de facto anziehen,
müssen Banken eine weitere strukturelle Kostenreduktion erreichen.
Vor diesem Hintergrund ist die Erwirtschaftung des zusätzlichen
Kapitalerfordernisses aus eigener Kraft für viele Banken realistisch
gesehen nicht mehr möglich. Besonders in Deutschland wird der Druck
zu weiterer Konsolidierung steigen", so Wackerbeck. Als Reaktion
müssten europäische Geldhäuser verstärkt Risikoaktiva abbauen, was
sowohl für die Volkswirtschaft als auch für die Finanzstabilität
negative Konsequenzen nach sich ziehen könnte. "Zum einen ist zu
befürchten, dass die Kreditversorgung der Wirtschaft leidet. Vor
allem Mittelstandskredite ohne externes Rating und gewerbliche
Immobilienfinanzierungen sind derzeit besonders stark betroffen. Zum
anderen könnten die Banken Kreditrisiken direkt oder indirekt über
den Kapitalmarkt vermehrt an Versicherungen oder Pensionskassen
auslagern. Ob ein derartiger Risikotransfer analog dem amerikanischen
Modell finanzstabilitätspolitisch sinnvoll und wünschenswert ist, ist
eine Frage für sich", ergänzt Wackerbeck.

Da die "Basel IV"-Reformen voraussichtlich ab 2019 in Kraft treten
werden, besteht für die europäischen Banken großer Handlungsdruck,
die eigenen Geschäftsmodelle auf ihre wirtschaftliche Tragfähigkeit
unter den Bedingungen der Neuregulierungen und auf hinreichende
Profitabilität zu prüfen. Die Mehrheit der konventionellen Banken
wird mit ihrem bilanzintensiven Geschäft in Zukunft nicht mehr
nachhaltig wirtschaften können. "Mit Blick auf den kurzen
Umsetzungszeitraum der Reformen und die Tragweite von 'Basel IV' muss
das Thema an die Spitze der strategischen Agenda. Die Entwicklung
neuer Geschäftsmodelle und Produkte war für Banken nie drängender als
jetzt", merkt Wackerbeck weiter an. Vor allem die Entwicklung hin zu
Geschäftsmodellen, die hinsichtlich ihrer Einnahmen weniger stark von
der eigenen Bilanz abhängig sind, sollte in Erwägung gezogen werden.
In der Praxis ist dies aber mit zahlreichen Herausforderungen
verbunden.

Als Grundlage für die strategische Überprüfung des
Geschäftsmodells muss zunächst die Kapitalplanung auf die
Auswirkungen von "Basel IV" auf RWA der Bank sowie auf die
Kapitalquoten abgestimmt werden, um rechtzeitig auf entstehende
Kapitallücken reagieren zu können. Das aktive Management des
Kreditportfolios bedarf ebenfalls eines strategischen Blicks in die
Zukunft, nachdem sich die Risikobewertung einzelner Kreditarten mit
"Basel IV" ändern wird. Daneben müssen die Banken ihre Produkt- und
Preisstruktur an die neuen regulatorischen Vorgaben zur
Risikokalkulation bei RWA anpassen und betriebliche Abläufe zur
Prüfung interner Risikomodelle entsprechend adaptieren, um sich
rechtzeitig auf die Umbrüche von "Basel IV" einzustellen.

(*) Methodik

Im Rahmen der Analyse wurden die 103 Banken untersucht, die 2015
an der Transparency Exercise der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde
(EBA) teilgenommen haben. Mehr als die Hälfte des Samples besteht aus
deutschen, italienischen, spanischen und französischen Instituten.
Die Berechnungen beziehen sich auf die Daten der Banken aus der
ersten Jahreshälfte von 2015.

Über die globale "Basel IV"-Initiative von PwC

Durch das große Spektrum und die tiefgreifende Expertise innerhalb
des PwC-Netzwerks - von Strategieberatung (Strategy&),
Aufsichtsrecht, Risikomanagement bis hin zu technischen
Fragestellungen - ist das globale Team aus PwC-Experten und
Strategy&-Beratern einzigartig dafür positioniert, Klienten bei der
Analyse oder Adressierung möglicher Auswirkungen von "Basel IV" zu
unterstützen. Bereits seit 2012 gibt es eine globale "Basel
IV"-Initiative, die sich mit den im Zusammenhang mit "Basel IV"
anstehenden Regulierungsmaßnahmen des Baseler Ausschusses intensiv
beschäftigt und hilfreiche Informationen und Tools anbietet. Siehe
auch http://digital.pwc-tools.de/basel-iv.

Über Strategy&

Strategy& ist ein globales Team praxisorientierter Strategen.
Unser Ziel ist es, unseren Klienten jederzeit den entscheidenden
Vorteil zu verschaffen. Wir verfügen über 100 Jahre Erfahrung in der
Managementberatung und kombinieren diese mit der einzigartigen
Industrieerfahrung und den Ressourcen von PwC. Wir sind Teil des
weltweiten PwC-Netzwerks. PwC bietet mit mehr als 223.000
Mitarbeitern in 157 Ländern branchenspezifische Dienstleistungen in
den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung
an. Weitere Informationen unter www.strategyand.pwc.com/de.



Pressekontakt:
Daniel Oehm
Communications Expert
PwC Strategy& (Germany) GmbH
daniel.oehm@strategyand.pwc.com
T: +49(89) 545 25 573

Original-Content von: Strategy&, übermittelt durch news aktuell


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