Rheinische Post: Türkei droht in der Nato
Außenseiter zu werden
Kommentar von Eva Quadbeck
Geschrieben am 17-07-2016 |
Düsseldorf (ots) - Demokraten aus aller Welt stellten sich in den
Stunden des Putschversuchs und danach hinter den türkischen
Machthaber Recep Tayyip Erdogan. Dieser Akt der Solidarität war
richtig und angemessen. Einen Machtwechsel kann es in Demokratien
immer nur durch Wahlen geben. Auch wenn die Türkei alles andere als
eine lupenreine Demokratie ist, wäre eine Militärdiktatur eine
denkbar schlechte Alternative. Erdogan erweist sich nun der
Solidarität der demokratischen Welt als unwürdig. Eine Überraschung
ist das nicht. Er nutzt den Putschversuch, um den Umbau der Türkei
von einer Demokratie in ein autokratisches und autoritäres
Präsidialsystem fortzusetzen. Er sieht den stümperhaft umgesetzten
Aufstand gar als "Geschenk Gottes". Denn der Angriff auf seine Macht
gibt Erdogan den Anlass, eine "Säuberung" beim Militär vorzunehmen
und auch am Putschversuch unbeteiligte Richter festnehmen zu lassen,
nur weil sie ihn kritisch sehen. Der Opposition, die auch aus
demokratischer Überzeugung den verhassten Präsidenten stützte, droht
nun erst recht die Drangsalierung. Sogar die Wiedereinführung der
Todesstrafe ist in der Türkei im Gespräch. Diese Entwicklung ist auch
für die international Verbündeten der Türkei dramatisch. Die Nato
versteht sich nicht nur als Verteidigungsbündnis. In ihrer Präambel
ist das Ziel verankert, "die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die
Zivilisation ihrer Völker, die auf den Grundsätzen der Demokratie,
der Freiheit der Person und der Herrschaft des Rechts beruhen, zu
gewährleisten". Von diesen Grundsätzen verabschiedet sich die Türkei
in rasantem Tempo. Es steht zu befürchten, dass die Türkei im
westlichen Verteidigungsbündnis zum Außenseiter wird und damit auch
der gemeinsame Kampf gegen die Terrormiliz IS ins Stocken gerät. Nach
dem Putschversuch sind in der türkischen Regierung anti-amerikanische
Töne laut geworden, während Erdogan den Schulterschluss mit Putin
sucht. Auch das ist gefährlich. Die Westbindung der Türkei droht
trotz Nato-Mitgliedschaft zu zerbröseln. Mit Deutschland - dem
wichtigsten Partner in Europa - herrscht seit der Armenien-Resolution
ohnehin Eiszeit. Das Militär ist in der Türkei traditionell ein
Garant für die säkulare Staatsform. Erdogan, der seine Macht vor
allem auf eine konservative islamische Anhängerschaft baut, wird
alles daran setzen, diese politische Funktion der Armee abzuschalten.
Für Europa und die Nato, für die gemeinsame Flüchtlings- und
Verteidigungspolitik, ist das eine schwere Hypothek.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
595163
weitere Artikel:
- Der Tagesspiegel: Generalsekretär des Europarats kritisiert Debatte über die Todesstrafe in der Türkei Berlin (ots) - Nachdem am Samstag bereits im türkischen Parlament
einige Abgeordnete die Wiedereinführung der Todesstrafe gefordert
hatten, sprach sich am Sonntag der türkische Präsident Recep Tayyip
Erdogan mehrfach dafür aus, darüber Gespräche zu führen. Der
Generalsekretär des Europarates Thorbjørn Jagland kritisiert das
scharf. Dem Tagesspiegel, Berlin (Montagsausgabe) sagte er: "Kein
Mitgliedsstaat des Europäischen Rates darf die Todesstrafe anwenden.
Das ist eine Verpflichtung unter dem Statut des Europarats. Die
Türkei hat mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Aufstand in der Türkei
Ein übler Verdacht
Carsten Heil Bielefeld (ots) - Der Aufstand von Teilen des Militärs in der
Türkei war wohl eher ein Pütschlein als ein ernstzunehmender Putsch.
Wie Amateure sind die Aufständischen vorgegangen. Sie haben sogar so
dilettantisch gehandelt, dass ein übler Verdacht aufkommt: Die
Ereignisse von Freitagnacht waren so untypisch für einen ernsten und
gut geplanten Umsturz und so voller Ungereimtheiten, dass sie auch
von der Erdogan-Regierung inszeniert sein könnten. Zumal solch ein
Versuch Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in die Hände spielt bei mehr...
- Schwäbische Zeitung: Ein Tyrann ist kein Partner - Kommentar zu den Säuberungen von Erdogan Ravensburg (ots) - Was ist von einem Staatschef zu halten, der von
einem Putsch gegen sich als einem Geschenk Gottes spricht? Der den
offensichtlich ziemlich schlecht orchestrierten Umsturzversuch dazu
nutzt, in seinem Land brutal aufzuräumen?
Nichts ist von einem Präsidenten zu halten, der die stetig
wachsende Kritik an seiner Herrschaft brüsk beiseite schiebt. Der vor
drei Jahren die Demokraten-Maske abgelegt und die Fratze der Diktatur
angelegt hat. Recep Tayyip Erdogan hat nach der blutigen Freitagnacht
Rache geschworen. Und mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zum Putschversuch in der Türkei Stuttgart (ots) - Nur höchst selten hat sich in die internationale
Erleichterung über das Scheitern eines Militärputsches so viel
misstrauisches Ermahnen an eine demokratisch legitimierte Regierung
wie die türkische gemischt, es auf ihrem legitim strafenden Weg gegen
die Drahtzieher nicht an Rechtsstaatlichkeit mangeln zu lassen und
auf einen unerbittlichen wie maßlosen Rachefeldzug zu verzichten. Das
ist für die weltweite Einordnung der Politik von Staatspräsident
Recep Tayyip Erdogan bezeichnend wie entlarvend.
Pressekontakt: mehr...
- taz-kommentar von Jürgen Gottschlich über das Ende der säkularen türkischen Republik: Der Putsch nach dem Putsch Berlin (ots) - Auf den Plätzen und Boulevards von Istanbul, Ankara
und anderen türkischen Städten wird seit Samstagmorgen der Sieg der
Demokratie gefeiert. Das heißt: Einige feiern, während andere
angsterfüllt zu Hause sitzen. Und gefeiert wird auch nicht mit einem
"Hoch auf die Demokratie", sondern mit lauten "Allahu akbar"-Rufen.
Aufgerufen zur Verteidigung der Demokratie hatten denn auch nicht die
von einem vermeintlichen Militärputsch bedrohten Parteien, sondern
die 85.000 Moscheen des Landes, die diese Aufrufe auch am
Sonntagnachmittag mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|