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Börsen-Zeitung: Übertriebene Verluste, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 18-09-2015

Frankfurt (ots) - Eigentlich hat die US-Notenbank Federal Reserve
(Fed) den Akteuren an den Finanzmärkten das gegeben, was sie wollten:
Sie nahm von der eigentlich verbal gut vorbereiteten ersten
Leitzinserhöhung im Rahmen der Zinssitzung per Donnerstag Abstand und
beließ die Zielgröße für die Fed Funds Rate vorerst bei null bis
0,25%. Während das an der Wall Street im weiteren Verlauf des
Donnerstags mit einem Achselzucken quittiert wurde, hat sich dann am
Freitag ein enormer Abwärtsdruck an den Aktienmärkten aufgebaut. Der
Dax rutschte stark ab. In der Spitze gab er um rund 300 Punkte auf
ein Tagestief von 9862 Zählern ab. Per Handelsschluss büßte er 3,1%
auf 9916 Punkte ein. Der Euro Stoxx 50 sackte um 3% auf 3157 Zähler
ab.

Die Fed wollte mit ihrem Stillhalten und dem expliziten Hinweis,
dass sie nicht nur auf die US-Volkswirtschaft, sondern auch auf die
internationalen Entwicklungen achtet, eigentlich für Ruhe sorgen.
Erreicht hat sie aber genau das Gegenteil: An den Märkten setzte sich
die Überzeugung durch, dass die US-Notenbanker die Lage in China
offenbar für ziemlich ernst halten müssen.

Damit ist für die Marktteilnehmer die Perspektive einer harten
Landung der chinesischen Volkswirtschaft wieder stark in den Fokus
gerückt - auch wenn die meisten Ökonomen dies nicht für die
wahrscheinlichste Entwicklung im Reich der Mitte halten. Allerdings
geht eine ganze Reihe von Beobachtern inzwischen davon aus, dass das
Wachstum im Reich der Mitte auf null zurückgefallen ist. Den
offiziellen Zahlen, die ein Wirtschaftswachstum von rund 7% p.a.
nennen, traut jedenfalls kaum jemand. So mancher Marktteilnehmer mag
sich daher fragen, welche Sorge die Fed-Chefin Janet Yellen
hinsichtlich China derzeit umtreibt.

Allerdings ist die Perspektive der Wachstumsabschwächung nicht
neu, sie gibt es schon seit einigen Monaten. Daher liegt der Verdacht
nahe, dass die nicht immer glückliche Kommunikation der Fed eine
Hauptrolle bei der Verunsicherung der Marktteilnehmer spielt. So gab
und gibt es erhebliche Unsicherheit darüber, wann (und ob) die Fed
denn nun den Leitzins erhöht. Unsicherheit ist für viele
Marktteilnehmer schwieriger zu bewältigen als etwa die sichere
Aussicht moderater Zinsanhebungen. Mit den aktuellen Verlusten hat
sich gezeigt, dass eine Geldpolitik der Fed, die sich zunehmend an
den Stimmungen auf den Finanzmärkten orientiert, rasch an ihre
Grenzen kommt. Möglicherweise wird es innerhalb der Fed in den
kommenden Monaten zu pointierten Diskussionen über diesen Punkt
kommen.

Mit Blick auf die Tatsache, dass nur wenige Ökonomen eine harte
Landung der chinesischen Volkswirtschaft als das wahrscheinlichste
Szenario ansehen, erscheinen die Verluste vom Freitag allerdings als
übertrieben. Der Dax ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf
Basis der Gewinnschätzungen für die kommenden zwölf Monate von 11,7
keineswegs mehr hoch bewertet. Damit befindet er sich aktuell
ungefähr in der Mitte der Bewertungsbandbreite der vergangenen fünf
Jahre. Interessanterweise waren die Verluste an der Wall Street am
Freitag geringer als beispielsweise beim Dax, obwohl die Bewertungen
mit einem KGV von 15,6 beim S&P 500 dort höher sind. Somit ist zu
erwarten, dass sich der deutsche und europäische Aktienmarkt zu
Beginn der neuen Handelswoche erholen wird. Ralf Zimmermann,
Aktienstratege beim Bankhaus Lampe, rät sogar dazu, in die Schwäche
des Dax hineinzukaufen. Die negative Marktreaktion werde sich
höchstwahrscheinlich wieder umkehren.

Dafür führt Zimmermann mehrere Gründe an. So habe die Fed
signalisiert, dass sie sich nicht auf einem klassischen Pfad der
Leitzinsanhebungen befindet, weil die Notenbank ihre Projektionen für
die Zinsentwicklung deutlich nach unten korrigiert hat. Investoren
hätten also weniger von der Fed zu befürchten als bisher erwartet.
Die Bewertungen hätten sich mit der jüngsten Korrektur deutlich
verbessert, zumal die Gewinnerwartungen für 2016 nur ganz leicht
gesunken seien. Ferner sei zu erwarten, dass die Gewinnentwicklung im
dritten Quartal robust ausfällt.

Kurzfristig gibt es allerdings noch Gefahren. Technische Analysten
weisen darauf hin, dass ein Rückschlag beim Dax bis auf 9300 Punkte
denkbar sei, sollte die Unterstützung des Dax bei 9880 Punkten nicht
halten. Aber selbst wenn es dazu kommen sollte, ist doch zu erwarten,
dass angesichts der aktuell übertriebenen Verluste eine zügige
Erholung einsetzt.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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