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"DER STANDARD-Kommentar: EU-Bashing ist populär." von Alexandra Föderl-Schmid.

Geschrieben am 24-10-2014

Die Regierung hat in Brüssel Regeln zugestimmt, die sie nun
nicht einhalten will "ET 25.10.2014"

Wien (ots) - Wien stemmt sich gegen EU-Diktat: Diesen Eindruck
wollen offenbar der Bundeskanzler und der neue Finanzminister mit
ihren ersten Reaktionen auf die EU-Rüge hinsichtlich Österreichs
Budgets vermitteln. Die beiden hatten wohl Boulevardzeitungen und das
heimische Publikum im Blick, denn EU-Bashing ist populär.
Informiertere Bürger und die EU-Kommission dürfen sich hingegen
wundern: Denn Österreich war bei den Beschlüssen dabei, auf deren
Einhaltung die EU-Kommission nun pocht. Es waren die Staats- und
Regierungschefs, die bei der Einführung des Euro den Stabilitätspakt
aus der Taufe hoben, der klare Grenzen für das Budgetdefizit und die
öffentliche Verschuldung vorsah. Eine enge Koordinierung ihrer
Wirtschaftspolitik und eine Vergemeinschaftung ihrer Budgetpolitik
lehnten die Mitgliedsstaaten jedoch ab.

Als selbst Deutschland den Stabilitätspakt brach und spätestens ab
2010 allen klar wurde, dass die Schulden in einem Land alle anderen
in der Währungsunion auch betreffen, wurde 2011 wiederum von den
Staats- und Regierungschefs der Fiskalpakt beschlossen. Diese
Vereinbarung sieht noch strengere Budgetregeln vor und vor allem
automatische Sanktionen bei Nichteinhaltung. Demnach haben sich alle
Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, das strukturelle Defizit -
einmalige Effekte wie höhere Ausgaben für Arbeitslose dürfen dort
herausgerechnet werden - von Jahr zu Jahr um 0,5 Prozentpunkte zu
reduzieren. Für dieses wie nächstes Jahr geht die Regierung aber von
einem strukturellen Defizit von einem Prozent aus.

Wird hier provoziert, oder werden Vorgaben bewusst ignoriert?
Werner Faymann war bei den Entscheidungen in Brüssel dabei, hat
zugestimmt und regt sich nun darüber auf, dass die EU-Kommission
Österreich und vier andere Mitgliedsstaaten zu Recht auf eine
Verletzung der Regeln hinweist. Verträge sind einzuhalten.

Gleiches gilt auch für die Ermittlung des Schuldenstandes. Weil
die Kosten für die Kommunalkredit bisher nicht eingerechnet und die
Hypo-Abbaubank auf die lange Bank geschoben wurde, erhöhen diese
Ausgaben die Staatsschulden erst jetzt. Wegen der Kärntner Hypo
dürfte die heimische Schuldenquote zu Jahresende sogar auf rund 87
Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) klettern, womit man vom Wert
Frankreichs nicht mehr weit entfernt wäre. Offiziell weist man solche
Vergleiche empört zurück. Österreich hat sich in den vergangenen
Jahren durchgeschwindelt, wurde dabei von Brüssel erwischt - und nun
schimpft man in Wien auf die in Brüssel.

Dabei ist Österreich beim Schuldenstand inzwischen tatsächlich im
oberen Drittel der EU-Staaten angekommen. Nur neun von 28 Mitgliedern
wiesen im Vorjahr eine höhere Schuldenlast auf. Nach dem ersten
öffentlichen Poltern stellte der Finanzminister in einem Brief an die
Kommission Nachbesserungen in Aussicht. Eigentlich müsste Hans Jörg
Schelling verkünden: Wir müssen unseren Budgetkurs ändern, also
Sparen oder die Einnahmen erhöhen, weshalb sich eine Steuerreform
nicht ausgeht.

Notwendig wären Änderungen nicht nur beim Budgetkurs: beim Umgang
mit Zahlen; indem man in Wien dazu steht, was man in Brüssel
beschließt und den Bürgern ehrlich sagt, was geht und was nicht. Das
ist aber nicht populär.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
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