(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Islam in Deutschland: Muslime, empört Euch! von Pascal Durain

Geschrieben am 05-10-2014

Regensburg (ots) - Es ist noch nicht lange her, im November 2011,
da beschwörten die Abgeordneten in Berlin den Geist der Gemeinschaft,
das "Wir". Sie sagten, wie schon so oft zuvor, dass so etwas nie
wieder passieren dürfe, dass dafür gerade in Deutschland kein Platz
sei. Und dass man es natürlich auf Schärfste verurteile. Der
Bundestag erhob sich zu einer Schweigeminute und entschuldigte sich
bei den Angehörigen der Opfer des Terrors des
"Nationalsozialistischen Untergrunds". Es sind Sätze, die Politiker
gerne sagen, wenn sie oder ganze Behördenapparate versagt haben und
die Angst umgeht. Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Morde,
neun Opfer waren Muslime, später "eine Schande für unser Land".
Bundespräsident Joachim Gauck erneuerte das Statement seines
Amtsvorgängers zum Teil: "Die Muslime, die hier leben, gehören zu
Deutschland." Aber nun muss man sich fragen: Tun sie das wirklich?
Denn gerade jetzt, wenn in öffentlich-rechtlichen Talkshows Fragen
gestellt werden wie "Gewalt in Allahs Namen - was denken unsere
Muslime?" zeigt sich, wie wenige deutsche Muslime dazu gehören - wenn
man sie ständig unter Generalverdacht stellt, sie als etwas
Fremdartiges betrachtet, mit dem man sich immer nur dann beschäftigt,
wenn es um Gräueltaten und Terrorismus geht. Die Mörder des
"Islamischen Staats" verbreiten nicht nur in Syrien und dem Irak
Schrecken, auch fast zwei Drittel der Deutschen fühlen sich von
diesen Terroristen bedroht, ging aus jüngeren Umfragen hervor -
ebenso, dass eine Mehrheit nicht glaubt, dass der Islam zu
Deutschland gehört. Deutschlandweit werden unterdessen Moscheen
angegriffen und geschändet, in Zeitungen steht davon kaum etwas. Geht
es um Muslime in diesem Land, offenbart sich eine fatale
Gleichgültigkeit. Gar erleichternd wirkt es dann, wenn sich die
muslimischen Dachverbände immer wieder vom Terror im Namen Allahs
distanzieren. Dass es überhaupt notwendig ist, sich in Deutschland
von einer fanatischen Mördertruppe zu distanzieren, offenbart ein
Verhältnis zum Islam, dass es nicht geben dürfte, gehörte der Islam
tatsächlich zur Bundesrepublik. Dann stünde außer Frage, dass sich
Muslime von Mord und Gräueltaten im Namen Gottes abgrenzen. Aber
unsere Gesellschaft ist eben nicht so tolerant und weltoffen, wie wir
glauben oder glauben machen möchten. Es ist eine perfide Logik am
Werk, wenn Religion als Deckmantel für Hass und Gewalt benutzt wird.
Die Taten einiger weniger erzeugen Angst. Diese Angst wird auf "die
Muslime" projiziert. Angst vor den Anderen erzeugt Abgrenzung,
erzeugt Vorurteile. Und die sind gefährlich. Aber auch Muslime in
Deutschland müssen sich Fragen und Kritik gefallen lassen: Vor
einigen Wochen solidarisierten sich Muslime für Palästinenser, als
Israel seine Bodenoffensive in Gaza startete. Warum gibt es heute,
nach vielen bestialischen Morden vor laufender Kamera, im Angesicht
eines drohenden Genozids keine Proteste - gerade eben gegen
diejenigen, die Religion als Vorwand für Gewaltexzesse und Terror
benutzen? Deswegen gilt: Muslime, empört Euch! Der Islam ist wie jede
andere Religion ein Leitfaden für das Zusammenleben, für ein
erfüllteres, glücklicheres Leben. Er ist kein Vorwand für Krieg und
Gewalt - und darf es auch niemals sein. Wie Antisemitismus ist auch
Islamfeindlichkeit ein gesellschaftliches Problem, dem man engagiert
entgegentreten muss - und zwar gemeinsam. Wenn der Islam Teil von
Deutschland ist, darf er auch Teil der Lösung sein - und muss sich
nicht vorführen lassen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

550518

weitere Artikel:
  • Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Bischofssynode: Hohes Risiko von Julius Müller-Meiningen Regensburg (ots) - Die Bischofssynode zum Thema Familie, die Papst Franziskus einberufen hat, ist eine entscheidende Passage in Franziskus' Pontifikat. In den kommenden zwei Wochen diskutieren die Bischöfe und mit ihnen der Papst, wie sie die katholische Familien-Doktrin im 21. Jahrhundert auslegen.Franziskus will in erster Linie den Dialog über strittige Themen. Deshalb hat er einen Fragebogen verschicken lassen und eine außerordentliche Synode einberufen, der im Herbst 2015 eine ordentliche Synode zum selben Thema folgt.Das Ziel, mehr...

  • Stuttgarter Nachrichten: Strompreise Stuttgart (ots) - Bei der Energiewende ist noch vieles im Argen. So hat man den Eindruck, dass sich die Akteure zu sehr darauf konzentrieren, den Anteil von Strom aus regenerierbaren Quellen in die Höhe zu treiben. Vieles andere, wovon die Rede war, wird stiefmütterlich behandelt: Was ist etwa mit dem Thema Energiesparen bei Gebäuden? Wenn konsequent Häuser im Bestand gedämmt würden, wäre da ein großer Energieschatz zu heben. Doch die Sanierungsraten bleiben weit hinter den gesteckten Zielen zurück. Und die Politik kann sich nicht mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Moyland leidet = Von Matthias Grass Düsseldorf (ots) - Eigentlich ist Museum Schloss Moyland auf einem richtigen Weg. Seine Sammlung wird seit der Neuorganisation 2011 so aufgearbeitet und so präsentiert, wie man es von einem Museum erwartet, das angesichts seiner beachtlichen Zahl an Beuys-Werken aus der Sammlung van der Grinten international aufgestellt sein muss. Der Schatz Beuys mit den frühen Arbeiten ist beim Museumsteam in Moyland in guten Händen. Und doch reißen die Querelen um das Museum für moderne Kunst in dem romantischen Schlossgebäude nicht ab. Jetzt eskalierte mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Mehr Debatte, bitte! = Von Eva Quadbeck Düsseldorf (ots) - In der Außenpolitik läuft der Bedarf an öffentlicher Auseinandersetzung über die neue Rolle Deutschlands in der Welt den Realitäten hinterher. Noch ist nicht verdaut, dass die Deutschen mit dem Nordirak jetzt Waffen und Ausbilder in ein Kampfgebiet schicken, da liegen auch schon die nächsten Anfragen auf dem Tisch. Dass Deutschland in einer Krisensituation, wie es sie weltweit schon lange nicht mehr gegeben hat, mehr Einsatz zeigt, als lange denkbar war, ist nicht zu kritisieren. Im Gegenteil: Die Zeit dafür ist mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar / Druck auf Faule hilft Lehrern und Schülern = Von Antje Höning Düsseldorf (ots) - Dass das Land die Fehlzeiten der Lehrer besser kontrollieren will, wird manchen an Ex-Kanzler Schröder erinnern, der Pädagogen einst pauschal "faule Säcke" nannte. Doch hier geht es nicht um Diffamierung, sondern um eine überfällige Initiative. In der Wirtschaft ist es längst üblich, Fehlzeiten zu erfassen und auffällige Mitarbeiter zu Rückkehr-Gesprächen zu bitten. Diese helfen Mitarbeitern, die wirklich krank sind, und erzeugen zugleich Druck auf Blaumacher. Bevor die Gewerkschaften nun die Empörungs-Maschine anwerfen, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht