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"DER STANDARD-Kommentar: Die Botschaft der Bilder." von Michael Völker.

Geschrieben am 26-09-2014

Geduld ist gefragt: Die Regierung inszeniert bei ihrer Klausur
den Aufbruch "ET 27.09.2014"

Wien (ots) - Am Abend wird geschunkelt. Auf einer Hütte. In den
Bergen. Wer es nicht kapiert hat: Aufbruch. Vertrautheit. Die
Regierung inszeniert sich. Und liefert gleich die Bilder dazu. Die
Koalition zelebriert die Atmosphäre. Man kann wieder miteinander. Man
mag sich sogar. Es geht etwas weiter. Die Botschaft von der Alm in
Schladming: Der Stillstand ist überwunden.

Mangels Inhalten muss das Atmosphärische als Beleg für die
Schaffenskraft der Regierungskoalition herhalten. Denn die Bewegung
liegt hauptsächlich in der Ankündigung. Nahezu alles fehlt: Die
Steuerreform. Die Verwaltungsreform. Die Föderalismusreform. Die
Sparmaßnahmen. Die Bildungsreform. Die Schwerpunktsetzung. Und
letztlich auch das Geld.

Die Regierung vertröstet. Und sie tut das nicht ohne Erfolg: Man
ist geneigt, ihr zu glauben, dass sie doch noch etwas tun wird. Dass
sie tatsächlich eine Steuerreform zustande bringt, die zu einer
spürbaren Entlastung jener führt, die Lohnsteuer zahlen. Auch wenn
drumherum alles im Unklaren bleibt: Wer finanziert diese
Steuerreform, deren Volumen immerhin fünf bis sechs Milliarden Euro
ausmachen soll?

So viele Möglichkeiten gibt es nicht: Massive Einsparungen. Die
traut man der Regierung (und den Ländern) am wenigsten zu. Andere,
neue Steuern. Darüber wird gerade diskutiert. Die SPÖ sieht die von
ihr propagierten Vermögenssteuern nicht nur als praktische
Möglichkeit, eine Lohnsteuersenkung zu finanzieren, sondern auch als
Maßnahme zur Umverteilung, also ist die Debatte durchaus ideologisch
motiviert. Die ÖVP ist dagegen. Auch ideologisch motiviert. Ein
kurzfristiger Anstieg des Defizits. In Zeiten des allgemeinen
Sparzwangs nicht gerade eine populäre Maßnahme, nicht in Brüssel und
nicht in Wien.

Am wahrscheinlichsten ist der Kompromiss, also eine abgeschwächte
Variante aller drei Maßnahmen: Ein bisschen sparen, ein bisschen
Vermögenssteuern, ein bisschen höhere Schulden. Bei der aktuellen
Klausur der Regierung in Schladming wollte sich aber ohnedies niemand
aus dem Fenster lehnen. Bis hier ein Gleichklang gefunden wird,
dauert es wohl noch ein paar Monate.

Bis dahin wird angestrengt Dampf geplaudert und Geschäftigkeit
simuliert. Kanzler Werner Faymann profitiert davon, mit Reinhold
Mitterlehner einen neuen Vizekanzler an seiner Seite zu haben: Die
Tatkraft, die der Vize vorgibt, färbt ein wenig auch auf den Kanzler
ab. Nicht, dass diese Regierung plötzlich beliebt wäre, aber das
Urteil fällt weniger vernichtend aus als noch vor wenigen Wochen -
auf die bloße Hoffnung hin, dass irgendwer das Heft in die Hand nimmt
und eine Reform des Steuersystems jenseits kosmetischer Retuschen
umsetzt: Es lebe das Prinzip Zuversicht.

Auch von Schladming aus blickt man nach Vorarlberg, wo sich ÖVP
und Grünen zu Gesprächen über eine Koalition zusammensetzen - und
diese wohl auch umsetzen. Es wäre die sechste Regierungsbeteiligung
der Grünen auf Landesebene. Das regt Spekulationen an, ob das nicht
auch ein Modell für eine neue Bundesregierung wäre.

Diese Überlegung birgt eine gewisse Zwangsläufigkeit in sich: Dass
SPÖ und ÖVP gemeinsam noch eine Mehrheit zustande bringen, ist aus
jetziger Sicht höchst unwahrscheinlich. Die Grünen wärmen sich schon
auf.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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