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WN: Exklusiv-Interview mit dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), nach seiner Rückkehr aus dem Nordirak

Geschrieben am 21-08-2014

Münster (ots) - Deutlich emotional aufgewühlt zeigt sich der
Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer
(SPD) aus Münster, der direkt nach seiner Reise in den Nordirak mit
unserem Redaktionsmitglied Claudia Kramer-Santel sprach. WN: Sie
haben in der Region Dohuk einen Hilfstransport begleitet. Was waren
Ihre Eindrücke?< Strässer: So etwas Schlimmes habe ich noch nie
gesehen. Wir sind drei Stunden über Land herausgefahren in ein
Flüchtlingslager nahe der türkischen Grenze. Dort sind über
12&#8201;000 Menschen untergebracht, es ist aber nur für rund 2500
ausgerichtet. So viel Verzweiflung und Mutlosigkeit in den Augen der
Menschen. Das war überall spürbar. Kein Flüchtling ist in einer
komfortablen Situation, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Ein
Großteil der Flüchtlinge ist völlig ohne Gepäck angekommen. Die Zelte
der Menschen waren leer. Dazu kommt: Fast alle sind traumatisiert.
Ein zwölfjähriges Mädchen beispielsweise hat mitanschauen müssen, wie
ihrer Großmutter geköpft wurde. Es war - furchtbar. WN: Wer wird
dort konkret von der Terrormiliz IS verfolgt? Strässer:Es ist eine
gemischte Gruppe von Minderheiten. Überwiegend sind es Jesiden,
offenbar mehrere Hunderttausend, aber auch ganz verschiedene
christliche Minderheiten. Das Problem: Die IS-Miliz gibt diesen
Menschen vor: Entweder ihr tretet zu unserem Glauben über, oder wir
ermorden Euch. Da gibt es keinerlei Verhandlungsspielraum. Die
Menschen haben keine andere Chance, als aus den von den IS besetzten
Gebieten schnell herauszukommen. In der Region Dohuk ist die Lage
relativ stabil. Dort kämpft man mit dem Problem, dass 200 der 600
Schulen mit Flüchtlingen besetzt sind. WN: Deutschland will nun auch
Waffen in den Irak liefern. Kann man mit tot bringenden Waffen
Menschenrechte durchsetzen? Und braucht es dazu ein Bundestagsmandat?
Strässer: Im Grunde haben im Nordirak viele Menschen nur überlebt,
weil die Amerikaner eingegriffen haben und weil sie dort Korridore
geschaffen haben, die die Flucht ermöglichen. Auch wenn ich
militärische Einsätze grundsätzlich problematisch sehe: Dass man hier
mit Militär unterstützen muss, daran habe ich auch noch keine laute
Kritik gehört. Sicher: Die Verstärkung der humanitären Hilfe muss das
A und O bleiben. Aber wir können uns vor der Diskussion, den
kurdischen Armee Ausrüstung zur Verfügung zu stellen, nicht drücken.
Dabei muss allerdings auch der Bundestag miteinbezogen werden. Bei so
gravierenden Entscheidungen möchte ich einfach auch als
Parlamentarier mitwirken. WN: Wo muss die humanitäre Hilfe ausgedehnt
werden? Strässer: Wir wollten uns informieren, ob das, was wir
geliefert haben - Zelte, Decken, Kanister und Kochgelegenheiten -
auch ankommt. Wir haben einen positiven Eindruck erhalten. Die
Hilfsgüter werden auch gebraucht. Es gibt drei große Bereiche, in
denen wir nun rasch Weiteres tun wollen. Der Winter steht bevor, und
in den Zelten können die meisten Menschen nicht überleben. Deshalb
werden wir uns schnell um Wellblechhütten kümmern müssen. Diese
Container kosten pro Stück rund 5000 Euro. Die können auch vor Ort in
der Region produziert werden. Dann muss die sanitäre Ausstattung
verbessert werden. Doch daneben brauchen wir unbedingt
Trauma-Spezialisten für die völlig verunsicherten Flüchtlinge.



Pressekontakt:
Westfälische Nachrichten
Dr. Norbert Tiemann
Telefon: +49 (0251) 690-701
chefredaktion@westfaelische-nachrichten.de


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