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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu einer europäischen Arbeitslosenversicherung

Geschrieben am 19-08-2014

Bielefeld (ots) - Die Vorstellung einer europäischen
Arbeitslosenversicherung hat etwas Erschreckendes. Dabei geht es gar
nicht so sehr um die Idee an sich. Aber wenn man sich ausmalt, wie
die Brüsseler EU-Gremien eine solche Institution ausbauen würden,
wird einem Angst und Bange. Denn dann steht am Ende ein nahezu
uneinnehmbarer Moloch, der mit europäischen Zwangsmitteln alle
nationalen Unterschiede begradigt, nur um einen Vorschlag umzusetzen,
der in jeder Hinsicht praxisuntauglich ist. Schon allein die Frage,
ob und wie man das fragile Gebilde der einzelnen Mitgliedstaaten aus
Arbeitslosen-Unterstützung, Weiterbildung, Kündigungsschutz,
Mindestlohn oder die Stellung der Tarifpartner harmonisieren kann,
führt schnell ans Ende der Diskussion: Das ist nämlich definitiv
nicht möglich. Viel gravierender erscheint der Vorwurf, dass eine
solche - an sich verbotene - Transferunion in der Sozialversicherung
die falschen Impulse setzen würde. Denn sie nimmt den Druck von den
Regierungen der Länder, die ihre Verwaltung, ihre Auflagen und
Sonderregelungen dringend reformieren müssten. Das kann und darf
ihnen nicht erspart bleiben. Die Grundidee mag ja plausibel sein:
Diese EU zu einem Gebilde umzubauen, welches der Gemeinschaft ein
»menschliches Gesicht verleiht«, wie es der Brüsseler Sozialkommissar
ausdrückt. Aber dann müsste zumindest sicher sein, dass die
erwünschten Effekte auch wirklich eintreten. Davon kann keine Rede
sein. Selbst wenn am Ende mit einem jährlichen Aufkommen von 96
Milliarden Euro gerechnet werden darf, blieben die Entlastungen für
die Sozialkassen der Mitgliedstaaten, die wirklich Geld bekämen, so
gering, dass es zu keinem nennenswerten konjunkturellen Effekt
reichen würde. Wobei auch der nur ein Trostpflaster wäre. Denn
staatliche Programme können ökonomische Tiefs zwar punktuell
abschwächen, aber nicht kompensieren. Das Modell aus Brüssel ist ein
klassisches Beispiel für Spiele am grünen Tisch: Da funktioniert
alles. In der Wirklichkeit nie. Die zurückliegenden Jahre waren ein
Lehrbeispiel für das, was wirkt und was nicht. Wo Staaten ihre
nationalen Arbeitsmärkte reformierten und flexibilisierten, wo sie
die Grenzen zum Binnenmarkt geöffnet und Hemmnisse beseitigt haben,
kam der Aufschwung in Gang. Und wenn Regierungen dann noch ihre
eigenen Etats sanierten und die Banken so stabilisieren könnten, dass
diese wieder Kredite für die Unternehmen bereitstellten, hatte man
alle Anreize zusammen, um Stabilität zu erreichen oder eine Talsohle
zu durchschreiten. Die europäische Arbeitslosenversicherung ist ein
unbrauchbares, weil ungelenkes Instrument. Nicht ohne Hintergedanken
haben die Autoren der europäischen Verträge die Sozialpolitik zur
Hoheit der Mitgliedstaaten erklärt. Sie wussten, dass es
Politikbereiche gibt die man durch Zentralisierung nicht besser,
sondern schlechter macht.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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