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Europäisches Recht bedroht Biodiversität (FOTO)

Geschrieben am 30-07-2014

Bonn (ots) -

Ziele des Nagoya-Protokolls, die biologische und genetische
Vielfalt von Pflanzen zu nutzen und dafür einen Vorteilsausgleich zu
leisten, sind für die Gesellschaft essenziell. Pflanzenzüchter
unterstützen diese Ziele.

- Durch erneute Überregulierung gefährdet die EU den
Züchtungsfortschritt und damit langfristig stabile Ernten und
erschwingliche Lebensmittel.
- Pflanzenzüchter klagen deshalb vor dem Europäischen Gericht
gegen die EU-Verordnung zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls.

Für den Erhalt der Biodiversität streiten 17 deutsche Unternehmen
der Pflanzenzüchtung aktuell vor dem Europäischen Gericht. Sie sehen
das Ziel des sogenannten Nagoya-Protokolls, die biologische und
genetische Vielfalt in der Landwirtschaft zu steigern, durch die
beschlossene Umsetzung in europäisches Recht klar verfehlt. "Die
entsprechende EU-Verordnung ist überbürokratisch, schränkt den Zugang
zu und die Nutzung von pflanzengenetischen Ressourcen vor allem für
die Pflanzenzüchtung ein und geht weit über die im Nagoya-Protokoll
niedergelegten Grundsätze hinaus", erläutert Stephanie Franck,
Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e. V.
(BDP), für die Branche die Klage gegen den Rechtsakt.

Franck betont, dass der mit dem Nagoya-Protokoll angestrebte faire
Vorteilsausgleich zwischen Gebern und Nutzern genetischer Ressourcen
voll zu unterstützen sei. Die EU Verordnung biete hier allerdings
keine praktikablen Lösungen. Ein echter Vorteilsausgleich könne nur
stattfinden, wenn die züchterische Nutzung nicht durch überbordende
Bürokratie verhindert werde. Züchtung benötige eine Speziallösung, da
die Nutzung genetischer Ressourcen in der Züchtung nicht mit der
anderer Branchen wie der Pharmaindustrie vergleichbar sei. Der
Züchter könne den Wert der Ressource erst durch langwierige
Züchtungsarbeit sichtbar machen und auch keinen direkten Nutzen aus
ihr ziehen. "Die genaue Dokumentation über die Nutzung genetischer
Ressourcen, wie sie die EU-Verordnung verlangt, ist praktisch nicht
möglich", erklärt Franck. Beispielsweise ist eine Weizensorte wie die
CIMMYT-Sorte "Veery" ein Produkt von 3170 Kreuzungen unter
Einbeziehung von 51 Elternsorten aus 26 unterschiedlichen Ländern.
Die Entwicklung einer solchen Sorte erfolgt über viele Generationen
und in vielen Züchterhänden. "Einem Züchter oder Forscher fehlen
schlichtweg die Informationen, die hier verlangt werden", so Franck.

Vor allem aber untergräbt die umsetzende EU-Verordnung den als
Open-Source-System angelegten Sortenschutz. Die bislang nicht an
Auflagen geknüpfte Verwendung neu gezüchteter, geschützter und im
Markt befindlicher Sorten als genetische Ressourcen für die
Weiterzüchtung und Forschung wird künftig wegen umfangreicher
Nachweispflichten kaum mehr möglich sein. Dies wird letztlich zu
einer Verarmung an genetischer Diversität und damit zu weniger
Sortenvielfalt und Züchtungsfortschritt führen. Gerade heute stehen
Forschung, Pflanzenzüchtung und Landwirtschaft weltweit vor der
großen Herausforderung, unter möglichster Schonung nicht erneuerbarer
Ressourcen auf knapper werdender Fläche nachhaltig mehr zu
produzieren. "Dazu brauchen wir Sorten bester Qualität, die an
verschiedene klimatische Regionen angepasst sind. Die vielfältige
Nutzung aller genetischen Ressourcen ist dafür eine wichtige
Grundlage. Ansonsten werden wir mittelfristig mit geringeren und
unsicherer werdenden Ernten und teureren Lebensmitteln rechnen
müssen", warnt Franck.

Zum Hintergrund:

Das unter der Convention on Biological Diversity (CBD) verankerte
sogenannte Nagoya-Protokoll (Nagoya Protocol on Access to Genetic
Resources and the Fair and Equitable Sharing of Benefits Arising from
Their Utilization) soll völkerrechtlich den Zugang zu und die Nutzung
von genetischen Ressourcen und den gerechten Vorteilsausgleich
regeln. Damit soll sichergestellt werden, dass ressourcenreiche
Entwicklungs- und Schwellenländer Anteil an den kommerziellen
Vorteilen haben, die Unternehmen durch Verwendung genetischer
Ressourcen erzielen. Das Nagoya-Protokoll wurde im Rahmen der CBD im
Jahr 2010 beschlossen und wird am 12. Oktober 2014 in Kraft treten.
Die Voraussetzungen für die Umsetzung des Nagoya-Protokolls in der
Europäischen Union sind durch die EU-Verordnung 511/2014 geschaffen.

Diese neue EU-Verordnung zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls geht
aber mit ihren Regelungen über das hinaus, was das Nagoya Protokoll
festschreibt und erschwert den Zugang zu und die Nutzung von
genetischem Material für die Züchtung unverhältnismäßig. Nutzer
genetischer Ressourcen werden nicht nur verpflichtet, beim Zugang zu
genetischen Ressourcen das Einverständnis des Herkunftsstaates
einzuholen, sondern auch den Nachweis der Herkunft jeden genetischen
Materials zu führen. Die erforderlichen Aufzeichnungen müssen so
geführt werden, dass die Behörden der EU-Mitgliedstaaten in der Lage
sind, die Herkunft eingekreuzten Materials in jeder Sorte zu
überprüfen. Damit drohen diese Dokumentationspflichten auch für
diejenigen, die nur mit bereits auf dem Markt verfügbaren Sorten, mit
nicht auf dem Markt verfügbarem Material ihrer Partner oder eigenem
Material kreuzen. Dadurch wird der freie Zugang zu Zuchtmaterial
gefährdet und der im langjährig bewährten internationalen
UPOV-Übereinkommen normierte Züchtungsvorbehalt ausgehöhlt. Dieser
besagt, dass jeder mit einer im Handel erhältlichen geschützten Sorte
ohne Zustimmung des Sortenschutzinhabers weiterzüchten, also kreuzen,
darf. Der durch dieses Open-Source-System beförderte
Züchtungsfortschritt wird damit künftig empfindlich gestört.

Grundsätzlich bietet der Internationale Vertrag für
pflanzengenetische Ressourcen (International Treaty on Plant Genetic
Resources - ITPGRFA) der FAO eine an die Gegebenheiten der Züchtung
und Landwirtschaft optimal angepasste Alternative zu CBD/Nagoya. Er
sichert Vielfalt und Vorteilsausgleich unter Wahrung maximaler
Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Der ITPGRFA umfasst aber nicht
alle Pflanzenarten bzw. deren Verwendungsrichtungen. Um die
vorhandene genetische Vielfalt nachhaltig züchterisch nutzen und
weiter ausbauen zu können, ist die Ausweitung des Anwendungsbereiches
des ITPGRFA unerlässlich. Alle für Landwirtschaft und Gartenbau
wichtigen Arten müssen darin übertragen werden.

Beim Europäischen Gericht haben folgende Unternehmen gegen die
EU-Verordnung zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls Klage erhoben:

Ackermann Saatzucht GmbH & Co. KG
Böhm Nordkartoffel Agrarproduktion GmbH & Co. KG
Deutsche Saatveredelung AG
Ernst Benary Samenzucht GmbH
Freiherr von Moreau Saatzucht GmbH
Gartenbau J. + H. Westhoff GbR
HYBRO Saatzucht GmbH & Co. KG
Klemm + Sohn GmbH & Co. KG
KWS SAAT AG
Norddeutsche Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG
Nordsaat Saatzuchtgesellschaft mbH Saatzucht Langenstein
P. H. Petersen Saatzucht Lundsgaard GmbH
PZO - Pflanzenzucht Oberlimpurg Dr. Peter Franck
Saatzucht Streng-Engelen GmbH & Co. KG
SaKa Pflanzenzucht GmbH & Co. KG
Strube Research GmbH & Co. KG
W. von Borries-Eckendorf GmbH & Co. KG



Pressekontakt:
Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e. V.
Ulrike Amoruso-Eickhorn
Kaufmannstraße 71-73, 53115 Bonn
Tel. 02 28/9 85 81-17, Fax -19, ulrike.amoruso@bdp-online.de
www.bdp-online.de; www.diepflanzenzuechter.de
Facebook: http://www.facebook.com/diepflanzenzuechter.de
Twitter: www.twitter.com/DialogBDP


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