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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Spionageaffäre

Geschrieben am 10-07-2014

Bielefeld (ots) - Die Ausweisung des Agenten-Führers in der
US-Botschaft aus Deutschland sendet ein klares Signal über den großen
Teich. Der Inhalt muss nicht einmal von der NSA dekodiert werden.
Washington muss nur einmal hinhören, um dahinter ein lautes »Es
reicht!« zu vernehmen. Die traurige Wahrheit ist, dass die Supermacht
USA wie üblich auf Durchzug schaltet. Während der zornesrote Michel
mit der Faust auf den Tisch haut, demonstrieren die USA ihre
Überlegenheit mit Schweigen. Hinter den Kulissen versuchen
Einflüsterer aus dem Umfeld des Weißen Hauses die Empörung der
Deutschen gar als Taktik schönzureden: Die Bundeskanzlerin müsse
etwas Symbolisches tun, um ihr eigenes Gesicht zu wahren. Ein Sturm
im Wasserglas, der sich schon wieder lege. Dieselben Quellen nähren
den Verdacht, die deutsche Regierung benutze die öffentliche
Erregung, um die USA dazu zu bewegen, den BND zum Partner in der
Zusammenarbeit der Geheimdienste neben Kanada, Großbritannien,
Neuseeland und Australien zu machen. Gewiss geht es auch um
gekränkten Stolz und Selbstachtung einer Nation, die es bisher
ablehnt, sicherheitspolitisch voll erwachsen zu werden. Die
Delegation dieser Verantwortung bei jeder Gelegenheit an die USA
betrachtet der »große Bruder« als Einladung zur Einmischung. Auch da
muss sich etwas ändern. Umgekehrt drohen die Amerikaner der Arroganz
ihrer Macht zu erliegen, wenn sie nicht realisieren, wie fundamental
sich die politischen Erdplatten bewegen. George W. Bush ignorierte
diese Warnungen, als er unilateral unter Missachtung des Völkerrechts
in den Irak einmarschierte. Barack Obama scheint sie mit Blick auf
die Aktivitäten seiner Geheimdienste in den Wind zu schlagen. Eine
Supermacht braucht zur Durchsetzung ihrer Interessen militärische
Stärke, aber auch »Softpower«. Damit gemeint ist die Fähigkeit, bei
anderen den Wunsch zu erzeugen, so zu werden wie sie. Nicht weniger
als diese Anziehungskraft steht auf dem Spiel. Sie mit Spionen und
Überwachung von Freunden weiter zu riskieren, ist ein Zeichen der
Schwäche und in der Tat zum Weinen dumm. Zumal die Amerikaner
vermutlich nichts von dem, was ihre US-Spitzel beim BND oder im
Verteidigungsministerium herausfanden, nicht auch durch ganz normale
Kanäle bekommen hätten. Wem die transatlantischen Beziehungen
wirklich am Herzen liegen, sollte ein Signal senden, das von
Washington nicht überhört werden kann. Die Ausweisung des
US-Diplomaten war ein erster Versuch, der kaum ausreichen dürfte.
Bessere Aussichten hätten eine Einladung Edward Snowdens zur Aussage
vor dem deutschen NSA-Untersuchungsausschuss und die Aufkündigung des
»Safe Harbour«-Abkommens. Beides machte den Amerikanern nachhaltig
deutlich, dass sich etwas ändern muss, wenn die oft beschworene
Werte-Gemeinschaft nicht zur Floskel verkommen soll. Fragt sich, ob
Berlin den Mut dazu hat.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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