Stuttgarter Zeitung: Leitartikel zu Ukraine/Deutschland/Polen
Geschrieben am 25-04-2014 |
Stuttgart (ots) - Europa ist angesichts der Eskalation der Krise
auf dem eigenen Kontinent überraschend tatenlos geblieben. Lediglich
die meisten der osteuropäischen Nachbarstaaten der Ukraine, die über
Jahrzehnte ihre leidvollen Erfahrungen mit Moskau gemacht haben,
drängen ihre Partner in der EU zum Handeln.
Vor allem Polen, das in der Region eine Führungsrolle innehat,
warnte von Anfang an vor dem Zerfall der Ukraine - ohne im Westen
Gehör zu finden. Während Warschau seine Grenztruppen verstärkt, um
sich auf einen Ansturm von Flüchtlingen aus dem Nachbarland
vorzubereiten, wird in deutschen Talkshows offen um Verständnis für
das völkerrechtswidrige Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir
Putin geworben. Das weckt in Polen böse Erinnerungen an die eigene
Teilung während des Zweiten Weltkrieges.
Deutschland muss sich zum Vorwurf machen lassen, dass man das
stark auf die Geschichte ausgerichtete Denken der Polen bis heute
nicht wirklich verstanden hat. Das traditionelle Gefälle in der
gegenseitigen Wahrnehmung beider Länder mag irgendwie erklärbar sein,
wirklich nachvollziehbar und politisch klug ist es nicht, denn das
Verhältnis zu Polen ist ebenso wichtig wie die Beziehungen zu
Frankreich. Zumal Polen und Deutsche erstmals in ihrer wechselvollen
Geschichte aus Überzeugung gemeinsam auf der gleichen Seite sitzen,
in Brüssel wie in der Nato.
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