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Schmerzmedizin zukunftsfähig machen / Offener Brief an das Bundesgesundheitsministerium fordert Bedarfsplanung

Geschrieben am 20-03-2014

Frankfurt (ots) - Seit 30 Jahren ist die Deutsche Gesellschaft für
Schmerzmedizin e.V. (DGS) im Auftrag der Schmerzfreiheit aktiv. "Doch
diese Freiheit haben zu viele Patienten noch lange nicht erreicht",
sagte Dr. med. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Tagungspräsident und
Präsident der DGS, bei der Auftakt-Presskonferenz zum 25. Schmerz-
und Palliativkongress, der unter dem Motto "30 Jahre Deutsche
Gesellschaft für Schmerzmedizin - eine starke Gemeinschaft im Auftrag
der Schmerzfreiheit" vom 19. bis 22. März in Frankfurt am Main
stattfindet. "Wir fordern eine Bedarfsplanung, um mehr
Schmerzpatienten eine angemessene Lebensqualität zu ermöglichen," so
Müller-Schwefe weiter. Die Fachgesellschaft richtet sich mit ihren
Forderungen in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister
Hermann Gröhe. Neben gesundheitspolitischen Themen stehen beim
Kongress neue wissenschaftliche Erkenntnisse u. a. zum
bio-psycho-sozialen Schmerzmodell sowie praxisnahe Workshops und
Seminare für Ärzte, Apotheker und Physiotherapeuten auf dem Programm.

Nach wie vor beklagt die DGS die mangelnde Versorgung chronischer
Schmerzpatienten. Lange Wartezeiten und nicht ausreichende
Behandlungen seien die Hauptprobleme, so Müller-Schwefe. Die
Fachgesellschaft hat daher im Rahmen des Schmerz- und Palliativtages
einen offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe
veröffentlicht, der drei Forderungen enthält: Die Bedarfsplanung für
schmerzmedizinisch tätige Ärzte, die Umsetzung der
Medikamentenausnahmeliste zum Austausch von Opioiden und
mittelfristig die Einführung des Facharztes für Schmerzmedizin.
"Denn", so Müller-Schwefe "chronische Schmerzen müssen als
eigenständige Erkrankung diagnostiziert und therapiert werden.
Dementsprechend müssen universitäre Lehrinhalte entwickelt und in der
Weiterbildungsordnung umgesetzt werden."

Schmerzkompetenzen verankern

Das bestehende Ausbildungsdefizit versucht die DGS seit ihrer
Gründung mit einem umfangreichen Fortbildungsangebot für Ärzte zu
kompensieren. Verstärkt wird die Fachgesellschaft zusätzliche
Anstrengungen unternehmen, um junge Mediziner für die Schmerzmedizin
zu begeistern. Dazu ist beispielweise eine Fortbildungsreihe mit
Exklusiv-Workshops für junge Ärzte geplant. Darüber hinaus bietet die
Fachgesellschaft auch Fortbildungen für Apotheker und
Physiotherapeuten an, die häufig die erste Anlaufstelle für Patienten
mit chronischen Schmerzen sind. Apotheken können sich in ihrer
Beratungskompetenz rund um die Schmerztherapie mit
verschreibungsfreien und verschreibungspflichtigen Analgetika zur
"Kompetenzapotheke Schmerz" fortbilden und zertifizieren lassen. Auch
Physiotherapeuten bietet die DGS mit dem Programm "Schmerzkompetenz
Physiotherapie" eine spezialisierte Fortbildung. "Durch die starke
Vernetzung des Fachgebietes machen wir die Schmerzmedizin Schritt für
Schritt zukunftsfähig," resümiert der DGS-Präsident.

Für die Lebensqualität von Schmerzpatienten

Getreu dem Motto "Von, mit und für Schmerzpatienten" setzt sich
die Deutsche Schmerzliga e.V. (DSL) seit fast 25 Jahren für eine
bessere Versorgung von Schmerzpatienten in Deutschland ein. Künftig
will die Patientenorganisation ihre Aktivitäten ausweiten, um für
Schmerzpatienten noch mehr zu erreichen. "In den kommenden Jahren
wollen wir gezielt neue Gruppen von Menschen gewinnen, sich für das
Problem chronischer Schmerzen und die davon betroffenen Patienten zu
engagieren", erklärt PD Dr. Michael A. Überall, Präsident der
Deutschen Schmerzliga und Vizepräsident der DGS. Dazu gehören
Angehörige und Freunde, die regelhaft Anteil an den Leiden
chronischer Schmerzpatienten nehmen, jüngere Schmerzpatienten, die
sich seit einiger Zeit vermehrt an die Schmerzliga wenden sowie
Patienten mit ihren unterschiedlichen Ausgangssituationen, indem die
spezifischen Bedürfnisse von Patienten mit Rücken-, Arthrose- oder
Tumorschmerzen berücksichtigst werden.

Bio-psycho-soziales Schmerzmodell erneut bestätigt

Nicht nur die Grunderkrankungen chronischer Schmerzen sind sehr
vielfältig, auch der Prozess der Chronifizierung ist deutlich
komplexer als bisher vermutet. So zeigen Forschungsergebnisse der
Arbeitsgruppe um Prof. Dr. med. Jürgen Sandkühler von der
Medizinischen Universität Wien, dass inflammatorische Prozesse im
Zentralen Nervensystem (Neuroinflammation) eine bedeutende Rolle in
der Chronifizierung von Schmerzen spielen. Dass auch soziale Faktoren
diesen Prozess beeinflussen, belegen erneut Erkenntnisse des
Neurowissenschaftlers Manfred Spitzer, der chronische Schmerzen
evolutionsbiologisch betrachtet und zu dem Schluss kommt, dass
soziale Ausgrenzung und Ablehnung die Entstehung chronischer
Schmerzen mitbestimmen. Da sowohl die körperliche Unversehrtheit als
auch das Leben in der Gruppe für den Menschen vor Jahrtausenden
überlebenswichtig war, ist es, so Spitzer, nicht verwunderlich, dass
für die Verarbeitung schmerzhafter Erlebnisse und sozialer
Ausgrenzung das gleiche Areal im Gehirn zuständig ist. Das erklärt
auch, warum das Verhältnis von Patienten zu ihren Mitmenschen
chronische Schmerzen beeinflusst. Damit wird das bio-psycho-soziale
Schmerzmodell erneut bestätigt und weiter vertieft.

Komplexität chronischer Schmerzen erfordert neue Therapieansätze

Ein so komplexes Krankheitsgeschehen erfordert eine ebenso
vielschichtige Therapie. Daher finden sich im Kongressprogramm
Vorträge und Symposien zu einer großen Bandbreite unterschiedlicher
Schmerztherapien - angefangen von der klassischen medikamentösen
Therapie über Naturheilverfahren bis hin zu psychologischen
Behandlungen. Eine der neuesten Entwicklungen, die beim diesjährigen
Schmerz- und Palliativtag vorgestellt werden, ist die Behandlung von
Rückenschmerzen mit Hilfe elastischer Rückenbänder, in welche blaues
LED-Licht integriert ist. Neben der wärmenden Wirkung rege das Licht
die Ausschüttung von Stickstoffmonoxid an, was die Durchblutung
fördere, so dass der schmerzende Muskel besser mit Sauerstoff und
Nährstoffen versorgt werde, erläuterte Dr. med. Silvia Maurer,
Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin, Bad
Bergzabern.

PraxisLeitlinien bieten Orientierung

Als Orientierung für Ärzte im Schmerzmedizin-Alltag entwickelt die
DGS PraxisLeitlinien, die auf der Grundlage wissenschaftlicher Daten
und der Erfahrungen schmerz- und palliativmedizinisch tätiger Ärzte
Empfehlungen für verschiedene Indikationen in der Schmerzmedizin
geben. Bisher konnten zwei PraxisLeitlinien ("Tumorschmerz" und
"Tumorbedingte Durchbruchschmerzen") abgeschlossen werden, die
PraxisLeitlinie "Gute Substitutionspraxis in Schmerz- und
Palliativmedizin" ist in der Konsensphase, die PraxisLeitlinien zu
"Kreuzschmerz" und "Kopfschmerz" in der Kommentierungsphase und die
PraxisLeitlinien "Fibromyalgie" und "Spastik" werden gerade erstellt.

Der Deutsche Schmerz- und Palliativtag dauert noch bis zum 22.
März. Mitveranstalter sind die Patientenorganisation Deutsche
Schmerzliga, die Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre
Palliativversorgung und das Institut für Qualitätssicherung in
Schmerztherapie und Palliativmedizin.

Weitere Informationen unter www.schmerz-und-palliativtag.de



Pressekontakt:
Geschäftsstelle
Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V.
Adenauerallee 18 · 61440 Oberursel
Tel. 06171-2860-0 · Fax 06171-2860-69
info@dgschmerztherapie.de
www.dgschmerztherapie.de

Pressekontakt
Nicole Zeuner
Selinka/Schmitz Public Relations GmbH
Weinsbergstr. 118a · 50823 Köln
Tel. 0221-94999-80 · Fax 0221-94999-79
nicole.zeuner@selinika-schmitz-pr.de


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