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Lausitzer Rundschau: Ein gewagtes Experiment Nahles bringt Mindestlohn auf den Weg

Geschrieben am 19-03-2014

Cottbus (ots) - Die SPD hat Wort gehalten. Der von ihr im
Wahlkampf vehement verfochtene Mindestlohn von 8,50 Euro ist auf dem
Weg ins Gesetzblatt. Für rund vier Millionen Arbeitnehmer verbessern
sich damit die Vergütungsbedingungen. Und das zum Teil erheblich. Im
Kern handelt es sich freilich um ein gewagtes wirtschaftliches
Experiment. Richtig ist, dass die allermeisten EU-Staaten längst
einen Mindestlohn haben. Tatsache ist aber auch, dass die
Arbeitslosigkeit in den allermeisten EU-Staaten deutlich höher liegt
als in Deutschland. Womit auch schon das Spannungsfeld dieses
Reformvorhabens skizziert wäre. Nun ist der Zeitpunkt für die
Einführung einer weitgehend flächendeckenden Lohnuntergrenze
zweifellos günstig. Die deutsche Wirtschaft ist robust, und praktisch
keine Prognose kündet von einer gegenteiligen Entwicklung. Vielerorts
werden sogar Arbeitskräfte gesucht. Vor allem Fachleute. Und die sind
bekanntlich nicht zum Nulltarif zu haben. Schon dadurch dürfte sich
das allgemeine Lohnniveau tendenziell erhöhen. Allerdings gibt es
auch die vom Arbeitsmarkt Abgehängten, also Menschen mit schlechter
oder überhaupt keiner Qualifikation. Immerhin ist jeder dritte
Arbeitslose in Deutschland seit mehr als einem Jahr ohne Job. Da
macht es durchaus Sinn, solche Personen zumindest für eine begrenzte
Zeit vom Mindestlohn auszunehmen, um zusätzliche
Einstellungshemmnisse zu vermeiden. Ansonsten hat Arbeitsministerin
Andrea Nahles die Ausnahmen ganz bewusst auf Sparflamme gehalten.
Auch das entspricht dem Wahlversprechen ihrer Partei. Trotzdem darf
am Ende nicht die Ideologie über die Vernunft triumphieren. Denn
einerseits hat Nahles sehr wohl erkannt, dass es besonders für
Jugendliche mit schlechten Schulnoten attraktiver sein könnte, einen
nach Mindestlohn bezahlten Hilfsjob anzunehmen, als sich den Mühen
einer schlechter vergüteten Ausbildung zu unterziehen. Wenn auf der
anderen Seite aber die Statistiken sagen, dass das Durchschnittsalter
bei Ausbildungsbeginn in Deutschland mittlerweile bei fast 20 Jahren
liegt, dann ist es schon einigermaßen rätselhaft, warum die
Ministerin eine Altersgrenze von nur 18 Jahren ins Gesetz schreiben
will, bis zu der kein Mindestlohn zu zahlen wäre. Denn damit handelt
Nahles letztlich gegen ihre eigene Überzeugung. Das mindeste, was in
ihrer Vorlage stehen müsste, wäre daher eine Prüfklausel. Deutschland
verfügt glücklicherweise über eine sehr geringe
Jugendarbeitslosigkeit. Falls sich dies durch den Mindestlohn zum
Schlechten wendet, muss das Gesetz korrigiert werden. Am besten wäre
es freilich, von vornherein eine höhere Altersgrenze festzulegen. In
den anstehenden parlamentarischen Beratungen bietet sich dazu noch
genügend Gelegenheit. Den politischen Erfolg der SPD würde das nicht
schmälern.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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