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Bereits abgeschlossene Rekommunalisierungen könnten gekippt werden / Experten kritisieren mehrheitlich unzureichenden Rechtsrahmen (FOTO)

Geschrieben am 11-03-2014

Hamburg (ots) -

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die
Rekommunalisierungsinitiativen verschiedener Kommunen in
Schleswig-Holstein für unwirksam zu erklären, hat die wichtigen
Grundsatzfragen bei der Vergabe von Wegerechten für die Strom- und
Gasnetze geklärt. Welche Auswirkungen die Urteile haben, war in einer
Podiumsdiskussion mit 120 Gästen aus Politik, Wirtschaft und
Verwaltung auf Einladung des Landkreistags Schleswig-Holstein und der
BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Hamburg umstritten.

Jan-Christian Erps, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des
Schleswig-Holsteinischen Landkreistages, machte deutlich, dass die
Kommunen bei der Konzessionsvergabe keinen ausreichenden Rechtsrahmen
vorfänden. Aktuell sei es so, dass eine Kommune nicht davon ausgehen
könne, dass sie sich die Konzession schon allein durch den Erwerb des
Eigentums an einem Netz gesichert hat. Hier müsse der Gesetzgeber für
Klarheit sorgen. "Der Rechtsrahmen ist noch in der Entstehung, hier
gibt es erheblichen Handlungsbedarf." Bisher stünden den Kommunen zur
Orientierung kaum Hilfestellungen zur Verfügung, wie etwa Handbücher
zur Verfahrensgestaltung oder Musterverträge, die einer
kartellrechtlichen Prüfung standhalten würden, so Erps.

Roswitha Brackmann, Richterin und stellvertretende Vorsitzende des
Vergabesenats des OLG Düsseldorf, der zugleich 27. Zivilsenat und 2.
Kartellsenat ist, bestätigte, dass Kommunen, die den Netzbezug und
energiewirtschaftliche Ziele im Wettbewerb um Wegerechte nicht
hinreichend berücksichtigten, einem hohen Risiko ausgesetzt seien,
auch Jahre später noch mit der Unwirksamkeit geschlossener
Konzessionsverträge konfrontiert zu werden.

Dr. Matthias Heider, Mitglied des Bundestagsausschusses für
Wirtschaft und Energie, stimmte dem zu. Für eine Vielzahl von Fragen
zur Ausschreibungspraxis gebe es allerdings EuGH-Rechtsprechung. Im
Energiewirtschaftsgesetz sei dies bislang nicht hinreichend
abgebildet, was die Handhabung erschwere. Er versprach, die
Anregungen aus der Diskussion für seine Arbeit im Ausschuss mit nach
Berlin zu nehmen.

Dr. Felix Engelsing, Vorsitzender der 8. Beschlussabteilung des
Bundeskartellamts, meinte, dass die wesentlichen Fragen beim
Auswahlverfahren durch die Entscheidungen der Obergerichte und des
Bundesgerichtshofes geklärt seien und insoweit Rechtssicherheit für
alle Beteiligten bestände. Es sei erfreulich, dass alle Gerichte den
Wettbewerb um den Markt auch im Sinne des Verbraucherschutzes bejaht
hätten und eine nicht diskriminierungsfreie Inhouse-Vergabe durch die
Kommunen abgelehnt hätten.

Mit Blick auf die Kommunen sah Matthias Boxberger,
Vorstandsvorsitzender E.ON Hanse AG, die in Übereinstimmung zu
bringenden Erwartungen hinsichtlich der energiepolitischen
Zielsetzung vor Ort und den tatsächlichen Gestaltungsspielräumen als
Netzbetreiber als wichtigen Schritt an. So bietet sich eine solche
Betrachtung schon vor dem Einstieg in ein entsprechendes Verfahren an
mit der Beurteilung, ob und inwiefern sich die oft ambitionierten
energiepolitischen Zielvorstellungen überhaupt durch die Vergabe von
Wegerechten umsetzen lassen.

Dr. Arno Probst, Mitglied des Vorstands der BDO AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verwies mit Blick auf die noch
ausstehende Urteilsbegründung des BGH auf die erhebliche
Verunsicherung bei den Verfahrensbeteiligten: "Angesichts der
unsicheren Lage raten wir Altkonzessionären, potentiellen
Neukonzessionären und Kommunen, alle Handlungsoptionen in jeder Phase
eines Vergabeverfahrens und danach sehr sorgfältig auf ihre
rechtlichen und wirtschaftlichen Implikationen hin zu prüfen."

Zum Hintergrund:

Die Vergabe von Wegenutzungsrechten für kommunale Gas- und
Stromnetze stellt in der Praxis eine große Herausforderung für alle
Beteiligten (Kommunen, Aufsichtsbehörden,
Energieversorgungs-unternehmen, Berater) dar. Lange Zeit war das
vollständige Fehlen einer obergerichtlichen Rechtsprechung hierfür
die Ursache. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.12.2013
ist nun klar, dass Städte und Gemeinden die Stromnetze nach dem
Ablauf von Konzessionen für private Stromversorger nicht ohne
weiteres wieder selbst übernehmen können. Der BGH hat deutlich
gemacht, dass eine Berufung auf die vom Grundgesetz garantierte
kommunale Selbstverwaltung für die Gemeinden nicht mehr ausreicht.
Stattdessen müssen diese die Netzvergabe im Sinne des Wettbewerbs
transparent und für Mitbewerber diskriminierungsfrei ausschreiben.

Als Ansprechpartner sowie für Fragen steht Ihnen André Horn, BDO
AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft am Standort Hamburg, unter Telefon
+49 40 30293-563 oder per E-Mail: andre.horn@bdo.de gerne zur
Verfügung.



Kontakt:

Nicole Mainzer
BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Referentin Presse/Kommunikation
Tel: +49 40 - 30293-552
Fax: +49 40 - 30293-332
nicole.mainzer@bdo.de
www.bdo.de


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