(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Konsequenter Schritt / Hans-Peter Friedrichs Schwatzhaftigkeit kostet ihn das Amt und bringt nun die SPD in die Bredouille. Leitartikel von Reinhard Zweigler

Geschrieben am 14-02-2014

Regensburg (ots) - Dass der Jurist im Amt des Agrarministers,
Hans-Peter Friedrich, doch über ein funktionierendes
Rechtsverständnis verfügt, hat er am Freitag mit seinem Rücktritt
deutlich gemacht. Ein Kabinettsmitglied, gegen das die
Staatsanwaltschaft ermittelt, ist in einem Rechtsstaat schlicht nicht
zu halten. Insofern verdient Friedrichs rascher und konsequenter
Schritt auch Respekt. Er wollte die SPD in Sachen Edathy warnen. Und
in der Tat wäre der politische Flurschaden noch viel größer gewesen,
wenn etwa Edathy auf einen Ministerposten gehievt worden wäre. Doch
das zählt nun nicht. Seine gut gemeinte Schwatzhaftigkeit kostet
Friedrich das Amt - und bringt nun auch die SPD-Spitzen in die
Bredouille. Bei aller berechtigter Kritik an seiner
"Auskunftsfreudigkeit" klebte Friedrich jetzt nicht an seinem Amt,
wie etwa Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der
Ex-Innenminister und Ex-Landwirtschaftsminister machte ohne viel
Federlesens reinen Tisch. Er ging aufrecht und in der Überzeugung,
das Beste für die Koalition, für den Koalitionspartner gewollt zu
haben. Friedrichs Demission ist in etwa von der Art, mit der der
blasse Ex-Verteidigungsminister Franz-Josef Jung die politische
Verantwortung für den Luftangriff von Kunduz übernahm. Oder wie der
Rücktritt von Ex-Innenminister Rudolf Seiters, der die politischen
Konsequenzen für die verunglückte Aktion gegen die RAF in Bad Kleinen
vor über 20 Jahren zog. Selbst wenn staatsanwaltschaftliche
Ermittlungen keinen Geheimnisverrat, erst recht keine
Strafvereitelung im Amt durch Friedrich feststellen sollten - der
Minister musste im aktuellen Fall die Verantwortung übernehmen und
gehen. Das war ein Akt politischer, demokratischer, rechtsstaatlicher
Hygiene. Auch Regierungsmitglieder dürfen sich nicht über das Recht
erheben. Freilich geht der Fall Edathy tiefer und weiter. Er ist zur
ersten wirklichen Erschütterung der ansonsten blassen Großkoalition
geworden. Nicht genug, dass der damalige Bundesinnenminister
Friedrich, der zudem auch für Verfassungsfragen zuständig war,
internes Wissen des Bundeskriminalamtes ausgeplaudert hat. Was genau
er dem SPD-Chef am Rande der Koalitionsverhandlungen unter dem Siegel
der Verschwiegenheit sagte, wird noch zu klären sein. Zu einer
"Staatsaffäre" würde der Fall Edathy vollends, wenn der
niedersächsische SPD-Innenpolitiker aus Kreisen seiner Partei vor
drohenden Ermittlungen gewarnt worden sein sollte. Einige Indizien
deuten zumindest darauf hin. Die Ermittler fanden bei Durchsuchungen
nur einen Computer und zerstörte Festplatten vor. Ob sich der bis vor
kurzem hoch angesehene Edathy, etwa als Chef des
Untersuchungsausschusses im Fall der rechtsextremistischen NSU,
wirklich die Hände schmutzig gemacht und widerwärtige Dateien aus dem
Internet heruntergeladen hat, muss eindeutig nachgewiesen werden. Bis
dahin gilt Edathy als unschuldig. Friedrichs rascher Rücktritt hat
offenbar auch mit der mangelnden Unterstützung durch Horst Seehofer
zu tun. Der CSU-Chef wollte und konnte den Oberfranken jedoch nicht
halten, ohne dass er selbst mit in den Strudel gezogen worden wäre.
Nun muss er rasch einen neuen Minister oder eine neue Ministerin
benennen. Die Personaldecke der CSU in Berlin ist dünn und
ausgezehrt. Einen weiteren Ausfall kann sich Seehofer auf keinen Fall
leisten.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

512119

weitere Artikel:
  • Westfalenpost: Westfalenpost zum Rücktritt von Hans-Peter Friedrich Hagen (ots) - Bei Lichte betrachtet ist die Causa Edathy so undurchsichtig und so unappetitlich, dass man kaum hinsehen mag. Doch was sich rund um den in Verdacht geratenen SPD-Innenexperten gerade auftut, könnte zur handfesten Regierungskrise erwachsen. Deshalb ist Agrarminister Friedrich vielleicht nur der erste, der seinen Posten räumen muss. Sollte sich nämlich erweisen, dass Edathy tatsächlich vor anstehenden Ermittlungen gewarnt wurde und so Beweise beiseite schaffen konnte, würde das neben einem politisches Beben möglicherweise mehr...

  • Badische Neueste Nachrichten: Tabubruch Kommentar Von Anja Ingenrieth Karlsruhe (ots) - Es ist ein Tabubruch: als erstes Land weltweit erlaubt Belgien die aktive Sterbehilfe für Minderjährige - ohne Altersgrenze. Mediziner erwarten eine Handvoll Fälle pro Jahr. Voraussetzung für aktive Sterbehilfe bei Minderjährigen ist eine unheilbare Krankheit. Ein Psychologe muss bezeugen, dass der Minderjährige urteilsfähig ist. Damit sind psychisch kranke Kinder und todkranke Babys ausgenommen. Dennoch ist das Gesetz unausgegoren. Wer will schon objektiv beurteilen, ob ein Kind wirklich reif genug ist, seinen mehr...

  • Rheinische Post: Seehofer fordert Bremse für Zuwanderung in Sozialsysteme Düsseldorf (ots) - Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat eine Bremse für die Zuwanderung in Sozialsysteme gefordert. Man werde "die Zuwanderung in die Sozialsysteme bremsen müssen", sagte Seehofer der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). "Das ist kein Angriff auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU, sondern schützt und stützt sie", sagte Seehofer. Der bayerische Ministerpräsident stellte sich hinter den Volksentscheid der Schweizer zur Begrenzung der Zuwanderung. "Ich wundere mich sehr, mehr...

  • Rheinische Post: Seehofer will bei Energiewende aufs Tempo drücken Düsseldorf (ots) - Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat angekündigt, bei der Energiewende Tempo machen zu wollen. "Wir legen in der großen Koalition ein hohes Tempo vor", sagte Seehofer der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). "Bis zum Sommer steht das Konzept zur EEG-Reform, zur Versorgungssicherheit und zum Netzausbau", so Seehofer. Die Energiewende müsse für die Bürger und die Wirtschaft bezahlbar, versorgungssicher und umweltfreundlich sein. Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse mehr...

  • Weser-Kurier: Zu Steinmeiers Russland-Reise schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 15. Februar 2014: Bremen (ots) - Klartext - das war es, was viele sich von Frank-Walter Steinmeiers Reise nach Moskau erwartet hatten. Der Außenminister, der im Kreml gern gesehener Gast ist, gilt als Russland-Freund. Als einer, auf dessen Worte auch Wladimir Putin achtet. Doch in Sachen Ukraine biss Deutschlands Chefdiplomat offensichtlich auf Granit. Eine "Positiv-Agenda", so der Außenminister, soll zukünftig gemeinsame Interessen Russlands und Deutschlands bündeln. Die demokratische Entwicklung in der Ukraine gehört augenscheinlich nicht dazu. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht