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DER STANDARD - Kommentar: "Die Grünen in der Gewaltfalle" von Gerald John

Geschrieben am 28-01-2014

Der Parteinachwuchs sollte Aufmüpfigkeit nicht mit Dummheit
verwechseln. (Ausgabe vom 29.1.2014)

Wien (ots) - Die Posen gleichen sich stärker, als das den Gegnern
lieb sein kann: Nach den Ausschreitungen beim Protest gegen den von
der FPÖ veranstalteten "Akademikerball" in Wien gibt es auf beiden
Seiten nur Opfer. Rechte bis rechtsextreme Protagonisten, die selbst
für aggressive Ausgrenzung stehen, stilisieren sich zu Verfolgten,
denen Tugendterroristen vom Tanzbeinschwingen bis zur
Umvolkungsdebatte alles Gesinnungstreue verbieten - und haben im
Kampf um die pathosbeladenste Märtyrerrolle harte Konkurrenz
bekommen. Der grüne Parteinachwuchs, bei den Demos dabei, klagt nach
einer Kopfwäsche durch die Parteispitze: Da ließen sich aufrechte
Antifaschisten von der Polizei hauen - und bekommen dann auch noch
eine von der Chefin auf den Deckel. Das Lamento ist nicht nur dick
aufgetragen, sondern zeugt auch von partieller Ignoranz gegenüber den
Tatsachen. Ja, es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass die Polizei
zur Eskalation beigetragen hat. Videos und Augenzeugen entlarven
Beamte, die offenbar nach gewaltfreien Provokationen losgeschlagen
haben. Grosso modo wirkten die Ordnungskräfte überfordert und
unprofessionell, vielleicht war auch nackte Lust am Prügeln dabei -
all das gehört schonungslos untersucht. Doch einem faschistoiden
Schlägertrupp standen die Demons?tranten nicht gegenüber. Was
Jungfunktionär Cengiz Kula?, der für die Parteijugend spricht, und
seine Kollegen außerdem unterbelichten: Es gab eine ziemlich
unheroische Seite der Proteste. Ein "schwarzer Block" vermummter
Gestalten hat randaliert, Schaufenster eingeschlagen, eine
Polizeistation angegriffen. Zwar haben sich die jungen Grünen von den
Übergriffen distanziert, doch die Parteispitze hat ihren Verdacht,
dass im Unterbau eine klammheimliche Sympathie für derartige
Gewaltakte schwelt, nicht aus der Luft gegriffen. Immerhin war auf
einer Webseite der Vorfeldorganisation dank freundlicher Duldung zu
den Demos die Parole "Unseren Hass, den könnt ihr haben" zu lesen.
Man kann nun lang und breit diskutieren, ob dieser Satz einen Aufruf
zur Gewalt transportiert; wer Rechtsextreme hasst, schlägt ihnen
nicht zwangsläufig gleich den Schädel ein. Faktum ist aber, dass der
schwarze Block die Parole höchst angriffslustig auslegt - und sie in
Wien per Transparent vor sich hergetragen hat. Allein das sollte
reichen, um nicht anzustreifen. Grünen-Chefin Eva Glawischnig hat
angemessen scharf reagiert - auch aus Parteiräson. Obwohl längst
domestiziert, hat die einstige Protestbewegung ewig gebraucht, um in
den Augen breiter Wählerschaften aus dem Chaoten?eck zu finden; diese
Debatte wirft sie zurück. Dabei geht es nicht um irgendwelche
Spießer, die eh nie Grün wählen: Wie Reaktionen auf Facebook und
Twitter zeigen, reicht das Unbehagen weit in die eigene Klientel
hinein. Zu Recht fordert Glawischnig eine Garantie, jeglichen
Anschein einer Liebäugelei mit Gewalt zu vermeiden - und grüne
Homepages entsprechend zu kontrollieren. Die Jungen Grünen wären gut
beraten, Aufmüpfigkeit nicht mit Dummheit zu verwechseln und den
Wunsch zu erfüllen. Alles andere schadet der Sache, die sie zu
vertreten vorgeben. Jeder Anklang an Aggression macht es FPÖ und Co
leicht, die vielen friedlichen Demonstranten zu verunglimpfen, die
für etwas Ehrenvolles eintreten: dass ein rechtsex?trem durchseuchter
Aufmarsch nichts in der Wiener Hofburg verloren hat.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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