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"DER STANDARD"-Kommentar: "Schwarze Selbstzerfleischung" von Michael Völker

Geschrieben am 12-01-2014

Spindelegger muss die Vertrauensfrage stellen, die ÖVP die
Alternativen prüfen (Ausgabe ET 13.1.2014)

Wien (ots) - Michael Spindelegger muss jetzt mit seinem Rücktritt
drohen. Oder tatsächlich zurücktreten. Offenbar ist das bereits in
Diskussion: Für Sonntagabend wurde ein Treffen aller schwarzen
Landeschefs einberufen. In der ÖVP brennt das Dach, und zwar
lichterloh.

Spindelegger hat seine Partei nicht mehr unter Kontrolle. Vier
Landesorganisationen - Tirol, Vorarlberg, Salzburg und die Steiermark
- verweigern ihm die Gefolgschaft und fahren ganz offen Kampflinie
gegen die Vorgaben aus Wien. (Oder aus Niederösterreich.) Die Motive
für diesen innerparteilichen Aufstand sind durchaus unterschiedlich.
Es ist eine Gemengelage aus persönlichen Eitelkeiten und sachlichen
Argumenten - man kann in der Frage der Gesamtschule oder auch der
Vermögenssteuer tatsächlich anderer Meinung sein als Spindelegger.

Der Bundesparteiobmann hat die Oberhoheit über diese Diskussionen
längst verloren, die Einsicht zur Geschlossenheit, die vor der
Nationalratswahl noch da war, ist verflogen. Wie die EU-Wahl im Mai
ausgeht, ist den meisten Beteiligten offenbar egal, jetzt werden die
Messer gewetzt und offene Rechnungen beglichen.

Dass die wirklich starken schwarzen Länder wie Niederösterreich
und Oberösterreich hinter Spindelegger stehen und ihn stützen, ist
nur auf den ersten Blick hilfreich: Eine Auseinandersetzung zwischen
Osten und Westen würde einen tiefen Graben aufreißen und die Partei
spalten. Da geht es längst nicht mehr nur um die Person Spindelegger.
Das würde der Volkspartei insgesamt schweren Schaden zufügen und in
der Folge auch auf alle einzelnen Landesorganisationen zurückfallen.

Im Grunde genommen wäre es ja einfach: Spindelegger legt den
Parteivorsitz zurück und bleibt Finanzminister. Das ist ohnedies
Beschäftigung mehr als genug. Und die Partei sucht sich einen anderen
Vorsitzenden. Das ist auch schon das beste Argument gegen diese
Variante.

Wen bloß?

Reinhold Mitterlehner wäre das Gleiche wie Spindelegger, bloß auf
oberösterreichisch. Warum sollte sich Mitterlehner das antun, warum
sollte die Partei sich das antun. Sebastian Kurz, ja eh, der ist eine
Zukunftshoffnung, aber eben mit Betonung auf Zukunft und Hoffnung.
Dass die Partei jetzt ihre Geschicke in die Hände eines 27-Jährigen
legt, bloß weil dieser Manieren hat, ist schwer vorstellbar. Johanna
Mikl-Leitner? Gewiss, sie hat Durchsetzungsvermögen,
Managerqualitäten, ist intrigenerprobt und kennt die Partei. Gute
Voraussetzungen. Allerdings wäre da auch noch die Außenwirksamkeit,
die man bedenken könnte, und schließlich ist sie
Niederösterreicherin, was in den westlichen Bundesländern
mittlerweile zu einem hysterischen Abwehrreflex führt.

Erwin Pröll selbst? Der wird das Privileg, heimlicher
Alleinherrscher in der Partei zu sein, nicht dafür aufgeben, dass er
dann in der Praxis zeigen müsste, wie er ebenfalls ganz konkret an
Grenzen stößt.

Einer der anderen Landeschefs? Warum auch nicht? Originell wäre
es, einen Vizekanzler in Wien zu haben, und einen Parteichef in Linz.
Oder in Salzburg. Sehr wahrscheinlich ist das nicht. Es ist leichter,
gegen die in Wien zu motzen, sich abzuputzen und bei den Seinen um
Zustimmung zu heischen, als selbst die Verantwortung wahrzunehmen.
Bleibt: Michael Spindelegger. Und der Selbstzerfleischungsprozess der
ÖVP geht weiter.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
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