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Badische Zeitung: Nach dem Skiunfall: Schumacher und wir Leitartikel von Thomas steiner

Geschrieben am 03-01-2014

Freiburg (ots) - Ein ehemaliger Rennwagenfahrer liegt
lebensgefährlich verletzt im Krankenhaus - und alle bangen um ihn.
Nicht nur die Verehrer des Formel-1-Rekordweltmeisters verfolgen die
Nachrichten über seinen Zustand. Das Drama um Michael Schumacher
lässt auch Menschen nicht unberührt, die mit den im Kreis rasenden
Männern sonst nichts anfangen können. Es ist viel mehr als das Drama
eines Spitzensportlers. Seine Berühmtheit rührt natürlich daher:
Schumacher ist als Rennfahrer zur Ikone geworden. Mehr als ein
Jahrzehnt lang beherrschte er die Formel 1, von 1994 bis 2004 wurde
er sieben Mal Weltmeister. Deutschland hatte endlich - nach dem
Tennis-Doppel Boris Becker und Steffi Graf - wieder einen großen
Sporthelden. Für die Siege Schumachers interessierten sich immer mehr
Leute, die Einschaltquoten für die Formel-1-Fernsehübertragungen
gingen steil nach oben. Für die Figur Schumacher interessierten sich
noch mehr Menschen. Seine Charakterzüge wurden genauso diskutiert wie
seine Fahrweise. Das perfektionische Arbeiten an seinem Fahrzeug und
sein Gefühl für die Technik einerseits, das gerne eingegangene Risiko
und das oft rücksichtlose Verhalten auf der Strecke andererseits -
Schumacher hatte seine faszinierenden wie seine abstoßenden Seiten.
"Wir sind Schumacher" könnte man das Gefühl auf dem Höhepunkt der
Schumacher'schen Heldenzeit benennen. Deutschland als Autonation
identifizierte sich mit ihm. Und wurde mit ihm identifiziert: Als er
2010 sein Comeback mit Mercedes machte, der Automarke made in
Germany, war die Verquickung von Land und Person perfekt.
Schumachers Status war damals noch der eines Großen, das Comeback war
dicke Schlagzeilen und aufgeregte Diskussionen wert. Dass es dann
nicht ganz so erfolgreich war, dass Schumacher sich in den folgenden
Jahren mit hinteren Rängen begnügen musste und das auch ohne Hadern
tat, machte ihn menschlicher. Seit dem endgültigen Rückzug aus dem
Rennzirkus war Schumacher kaum noch Nachrichten wert. Im Gegensatz
zum immer abgehalfterter wirkenden, zum Party- und Frauenhelden
abgestiegenen Boris Becker schaffte er es, ein wohl intaktes
Familienleben weitgehend für sich zu behalten. Und so auch sein
Heldentum nicht kaputt zu machen. Doch nun ist er unfreiwillig zum
Objekt des Medienzirkusses geworden, den er gemieden hatte.
Fernsehleute, die mit Übertragungswagen die Notaufnahme des
Krankenhauses blockieren, Journalisten, die sich als Priester
verkleidet einschleichen wollen - das zeugt nicht von Respekt, auch
nicht dem gestürzten Helden gegenüber. Kurz nach dem Skiunfall hieß
es, Schumacher sei nicht nur abseits der regulären Strecke, sondern
auch zu schnell gefahren. Das negative Bild eines immer noch
Geschwindigkeitssüchtigen wurde gemalt. Dann hieß es, er habe einem
Freund, einem Kind gar geholfen und sei dabei zwischen die Felsen
gekommen. Wie auch immer, es ist ein Drama, dass Schumacher, der
seine Karriere im gefährlichen Motorsport bis auf einen Beinbruch
unbeschadet überstanden hat, nun bei einem banalen Sturz beim
Freizeitsport eine so schwere Kopfverletzung erlitten hat. Ob er
jemals wieder der alte wird, ist mehr als fraglich. Es ist auch ein
Unfall, wie er jedermann jederzeit passieren kann. Nicht nur beim
Skifahren, das wesentlich mehr Menschen betreiben als
Rennwagen-Fahren. Und so rührt das, was Michael Schumacher passiert
ist, an die Furcht, die wir alle haben, die Furcht vor einem
plötzlichen fatalen Ereignis. Daher kommt die Bestürzung, die
Anteilnahme. Das Drama, das sich da vor unseren Augen abspielt, ist
das Drama der Sterblichkeit eines jeden Menschen. Auch eines Helden.



Pressekontakt:
Badische Zeitung
Schlussredaktion Badische Zeitung
Telefon: 0761/496-0
redaktion@badische-zeitung.de


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