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Badische Neueste Nachrichten: Wo Schwefelhölzer leuchten

Geschrieben am 23-12-2013

Karlsruhe (ots) - Zu den schönsten, zu den traurigsten Märchen
zählt Hans Christian Andersens Erzählung vom "Kleinen Mädchen mit den
Schwefelhölzern". Der große dänische Dichter erreicht mit seiner
Weihnachtsgeschichte aus dem Jahre 1845 noch heute ein Weltpublikum.
Denn das bettelarme Kind, das da am Silvesterabend in der Kälte
erfriert, stirbt keinen grausamen Tod. Es erlebt am Ende seines
jungen Lebens zauberhafte Momente. Es entfacht, völlig alleingelassen
von den Menschen, die ihm keine einzige Schachtel abkaufen, ein
Streichholz nach dem andern, um im Feuerschein die wunderbarsten
Dinge zu sehen - und an deren Kraft zu glauben: Ein imaginärer Ofen
wärmt es, ein stimmungsvoll geschmücktes Weihnachtszimmer entführt es
in Traumwelten, ein herrlicher Christbaum lässt es trotz
blaugefrorener Füße Weihnachten feiern. Bis es schließlich - mit der
in Liebe verbundenen Großmutter - in den Himmel einzieht. So stark
können Illusion und Irrlichter sein? Andersens Märchen beschreibt
keine Fata Morgana in der Kälte. Es führt ins große Mysterium der
Glücksfähigkeit. Denn das kleine Mädchen ist in seinem traurigsten
Augenblick reicher als die vornehmsten Bürger der Stadt, weil es aus
bescheidensten Flammen ein opulentes Gedanken-Feuerwerk und einen
Schatz an Vorstellungen zaubert. "Sie hat sich wärmen wollen, sagte
man. Niemand wusste, was sie Schönes erblickt hatte." Und somit passt
dieses Märchen zu einer Weihnacht, die trotz aller Weltkrisen und
Nöte unter guten Vorzeichen steht. Das kleine Glück zum großen
machen: Gelingt dies den Erdenbürgern, dann können sie sich friedlich
und wohlwollend begegnen. Im kleinen Prozess das Große sehen, das ist
möglicherweise auch die Losung für die Berliner Koalition, die sich
jetzt zu einer tauglichen Einheit des Widerspruchs formt. Aus
Bescheidenheit Großes erreichen, Gerechtigkeit pflegen, Wohlstand
verteilen. Das sind die zentralen Postulate des Argentiniers Jorge
Mario Bergoglio, der in diesem Jahr zu Papst Franziskus wurde und
stets den Blick auf die Armen dieser Welt richtet. Um einer
saturierten Gesellschaft zu zeigen, wie sehr sie vom Kosmos der Armut
lernen kann. Franziskus lässt die Schwefelhölzer der Dritten Welt
leuchten: Dort, wo noch Demut und tiefe Frömmigkeit unter den
Christen wohnen, hausen nicht selten die glücklichsten Menschen.
Kleine Schritte als große verstehen: Auch in der Weltpolitik sind die
Anfänge entscheidend. Die Wende, die Deutschland 1989 erlebte, ist
aus kleinen Anfängen entstanden. Anfänge - und nicht mehr - erlebt
die Welt jetzt im Reich Putins, wo der Kremlkritiker Chodorkowski und
Pussy-Riot-Mitglieder ein unerwartetes Weihnachtsgeschenk bekamen.
Sicher: Diese Streichholz-Flamme lebt von der Inszenierung und auch
vom Willen, mit einem demokratischen Zauberlicht von der Ukraine
abzulenken. Aber wäre Putin ohne die beharrliche Einmischung des
Westens überhaupt zur Amnestie bereit gewesen? Und ist nicht auch der
kleinste Fortschritt in einem stockenden Demokratisierungsprozess
schon großer Fortschritt? Politik, Machtausübung und Nächstenliebe
haben nicht viel gemein, obwohl sie in der Kreativ-Werkstatt für eine
bessere Gesellschaft und Welt zusammengehören. Das Märchen von den
Schwefelhölzern sagt es einfacher: Wo Glaube und Religion leben, die
Hoffnung auf das Bessere pulsiert, wo Visionen existieren dürfen, wo
sich Menschen wie die Großmutter und das Mädchen verbinden, treten
Nöte zurück. Am Ende sind Oma und Kind - nach Andersen - "im Glanze"
und "bei Gott". Dieses Hoffnungslicht setzt jedes Jahr - für alle -
das Fest, die im Lichte erstrahlende Heimstatt der Christenheit. Mit
seiner großen, über allem schwebenden Weihnachtsbotschaft.



Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de


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